Herr Straub, Sie haben in den letzten Jahren an dieser Stelle Ihr Augenmerk auf viele Themen gelegt, die Verbraucherinnen und Verbraucher täglich betreffen. Von Mängeln bei der Postbank über die Schufa bis zur Gebührenfalle beim Geldabheben im Ausland. Wie kommt die Verbraucherzentrale Bayern eigentlich an ihre Themen?
Sascha Straub: Kurz gesagt durch Beratung, Beschwerden und Hinweise. Wir richten unser Angebot an den aktuellen Bedürfnissen aus und beraten zu Themen wie Altersvorsorge, Geld, Kredit, Immobilienfinanzierung und Versicherungen. Dabei kümmern wir uns nicht nur um präventive wirtschaftliche Beratung, sondern bieten auch Rechtsberatung für geschädigte Anleger oder enttäuschte Sparer an. Wir bekommen viele Informationen über aktuelle Verbraucherprobleme durch die Gespräche, die wir hier führen. Außerdem erhalten wir viele Beschwerden über Anbieter und deren Geschäftspraktiken über unsere Homepage. Dies ist besonders wichtig, weil uns dadurch auch Menschen kontaktieren, die keine Beratung benötigen, aber uns auf Missstände aufmerksam machen möchten. Diese Möglichkeiten sind bundesweit verfügbar. Wir sammeln die Ergebnisse im Rahmen der Marktüberwachung der Verbraucherzentralen und können somit ein gutes Bild von Verbraucherbeschwerden in Deutschland erstellen.
Die Verbraucherzentrale bezieht auch häufig politisch Position und schlägt Gesetzesverbesserungen vor. Wie kommen solche Forderungen zustande?
Straub: Beschwerden prüfen wir immer unter zwei Gesichtspunkten: Liegen Rechtsverstöße vor, die geahndet werden können? Entsprechend leiten die Verbraucherzentralen dann aufsichtsrechtliche Beschwerdeverfahren, Verbraucherwarnungen oder Abmahnungen ein. Zum Zweiten stellen wir die Frage: Was muss geändert werden, damit diese Probleme künftig nicht wieder auftreten? Letzteres führt zwangsläufig zu Forderungen auch an den Gesetzgeber.
Welche Fortschritte gab es in den vergangenen Jahren im Verbraucherschutz und wo sehen Sie noch große Defizite?
Straub: Der Zweck der Verbraucherzentralen ist es, den Alltag der Verbraucher zu verbessern. Dies wird durch langfristige politische Lobbyarbeit und Klageverfahren erreicht. Heute können wir Online-Verträge mit einem Klick kündigen und Waren mit Mängeln können zwei Jahre später reklamiert werden statt wie früher nur sechs Monate nach dem Kauf. Banken wiederum dürfen zum Beispiel ihre AGBs – die Allgemeinen Geschäftsbedingungen – nicht mehr einfach ohne Zustimmung ändern und müssen bei der Kreditvergabe genau auf Überschuldungsrisiken achten. Das sind nur einige Beispiele dafür, wie die Verbraucherzentralen sich für Verbraucherschutz einsetzen. Und die Aufgaben werden nicht weniger. Allein bei der Sicherung von Rente und Pflege sowie dem Thema digitale Teilhabe gibt es künftig noch viel zu tun.
Angenommen, ich fühle mich von der Bank, einem Händler oder einer anderen Organisation ungerecht behandelt. Wie komme ich zu meinem Recht?
Straub: Recht haben ist das eine, Recht zu bekommen ist dagegen häufig leider noch immer schwierig. Bei der Verbraucherzentrale bemühen wir uns, das zu ändern. Wir bieten Informationen und Beratung, um Verbraucher über ihre Handlungsoptionen aufzuklären und ihnen rechtliche und wirtschaftliche Einschätzungen zu geben. Welche Fehler hat der Anbieter gemacht? Was kann innerhalb welcher Fristen mit welchen Erfolgsaussichten angegriffen werden?
Wer kann sich beraten lassen und was kostet es?
Straub: Unsere Beratungsangebote stehen allen bayerischen Verbraucherinnen und Verbrauchern offen. Wir bieten Vor-Ort-, Telefon oder Videoberatung an. Das Beratungsentgelt richtet sich nach dem Thema und fängt bei 25 Euro an.
Zur Person: Sascha Straub ist Fachmann für Finanzfragen und Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Bayern.