Dr. Walter Burghardt, Ernährungsexperte an der Medizinischen Klinik des Uni-Klinikums Würzburg, hat solche Volksweisheiten unter die Lupe genommen. Heute: Fettarm heisst kalorienarm Dr. Burghardt: Ja! Angesichts des in unserer Gesellschaft weit verbreiteten Übergewichts und seiner Folgeerkrankungen (zum Beispiel Diabetes mellitus) ist dieser Punkt auch von großer Bedeutung für den Einzelnen wie für das gesamte Gesundheitssystem. Tatsächlich verzehren wir mit der täglichen Nahrung eine übergroße Menge von (meist tierischem) Fett. Fett enthält, auf das Gewicht bezogen, die doppelte Kalorienmenge im Vergleich zu Kohlenhydraten oder Eiweißen, den beiden anderen großen Nährstoffgruppen.
Auf der Basis umfangreicher wissenschaftlicher Erkenntnisse und im Sinne der Krankheitsprävention wird von Fachgesellschaften empfohlen, nicht mehr als 30 Prozent der Nahrungskalorien als Fett aufzunehmen, daneben mindestens 50 Prozent als (vorwiegend komplexe) Kohlenhydrate (Brot, Nudeln, Reis, möglichst aus Vollkorn, daneben Kartoffeln, Obst und Gemüse) und 15 Prozent als Eiweiß. Den größten Teil des Fettes, zwei Drittel der Gesamtmenge, verzehren wir in Form versteckter Fette in Fleisch und Wurstwaren, Milchprodukten, Kuchen, Gebäck und Süßigkeiten.
Nach Berechnungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) isst der Bundesbürger täglich im Durchschnitt bis zu 120 Gramm Fett, angeraten wären aber nur 70 bis 80 Gramm (bezogen auf eine normale Energiezufuhr von 2200 Kilokalorien pro Tag). Will man also angesichts einer geringen körperlichen Aktivität vieler Bundesbürger aus Gründen der Vorbeugung von Übergewicht und Folgekrankheiten eine Anpassung der Ernährung vornehmen (und hat eine ausgeglichene Energiebilanz im Auge), wird man um eine fettmoderate Lebensmittelauswahl und -zubereitung nicht herumkommen. Produkten mit einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Pflanzenöle, Fischöle) ist dabei gegenüber solchen mit gesättigten Fettsäuren (tierische Fette) der Vorzug zu geben.
Fett macht fett
Dr. Burghardt: Ja! Wer zu viel wiegt (in Deutschland sind mehr als die Hälfte der Bürger übergewichtig), hat in der Regel zu viel, vor allem zu viel Fett verzehrt. Fett hat pro Gewichtseinheit mehr als die doppelte Kalorienzahl verglichen mit Kohlenhydraten, sein Stoffwechsel ist träger und stärker auf die Bildung von Energiereserven ausgelegt. Auch die Steuerung von Hunger- und Sättigungsempfinden spricht besser auf Kohlenhydrat- als auf Fettverzehr an. Nahrungsfett, über den Bedarf hinaus zugeführt, wird vom Körper gespeichert. Neben den gut sichtbaren Depots an Bauch und Hüften findet sich Speicherfett auch im Verdauungstrakt (viszerales Fett) und den übrigen inneren Organe. Diese Fettablagerungen begünstigen Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall), daneben Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und bestimmte Krebserkrankungen.
Es gibt verschiedene Fettarten, solche mit gesättigten, einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die einen unterschiedlichen Einfluss auf die Gesundheit haben. Üblicherweise werden zu viele tierische Fette mit hohem Gehalt an ungünstigen gesättigten Fettsäuren verzehrt. Die gebotene Zurückhaltung gegenüber Nahrungsfetten bedeutet keinen Freibrief für Kohlenhydrate. Werden sie in Mengen verzehrt, die den Energiebedarf übersteigen, tragen auch sie zur Bildung von Fettdepots bei. Vorsicht ist geboten bei hoch raffinierten Kohlenhydraten (Zuckern), günstiger sind komplexe (Vollkornprodukte, Kartoffeln, Hülsenfrüchte, Gemüse, Obst). Von der DGE empfohlen wird eine fettarme und ballaststoffreiche Kost.
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