Avatar der beste Film? Beyoncé das beste Album? Blutbuch das beste Buch? So naheliegend ist es längst nicht. Hier sind die persönlichen Lieblinge von zehn Redaktionsmitgliedern:
Stefanie Wirsching
Zwei Favoriten: Der kluge Robert Menasse mit seinem sechshundert Seiten langen, irrwitzigen, Grenzen sprengenden Europaroman Die Erweiterung. Und Dörte Hansen mit ihrem hochpoetischen Werk Zur See über den Zerfall einer Inselgemeinschaft – Passagen, die einen wie Wellen umhauen.
Richard Mayr
Nach den zwei Pandemie-Jahren kamen die Momente der Überwältigung von Liveerlebnissen: den Rolling Stones in München auf ihrer Europa-Tournee; Asmik Griogrian in Il Trittico bei den Salzburger Festspielen und Sebastian Müller-Stahl im Staatstheater Augsburg in Jerusalem.

Birgit Müller-Bardorff
„Du darfst es nicht vermasseln“ schreibt Kim auf ihren Unterarm, denn sie weiß, das ist ihre letzte Chance, wenn sie nicht endgültig auf der Verliererspur des Lebens fahren will. Sarah Jägers Schnabeltier de Luxe ist berührend, lakonisch, witzig, überraschend, divers – großartig (ab 14)
Stefan Dosch
Sie standen in Flammen füreinander und waren dennoch nicht geschaffen für ein Leben miteinander. Wie sehr Ingeborg Bachmann und Max Frisch damit zu kämpfen hatten, ist in ihrem jetzt erst veröffentlichten, literarisch glänzenden, schonungslosen Briefwechsel nachzuverfolgen.
Veronika Lintner
Da werden sogar Herzen aus Holz weich: In einem Puppenfilm mit Stop-Motion-Technik erzählt Guillermo del Torro das alte Märchen von Pinocchio. Ein Schreiner, sein geschnitzter Sohn, Liebe und Trauer. Und ein cleveres politisches Werk ist der Film obendrein.
Doris Wegner
Es sind nur schwebende Wassertröpfchen, oder? Wenn die japanische Künstlerin Fujiko Nakaya Nebel macht, wird es poetisch, leicht und faszinierend. Nebel Leben im Haus der Kunst war ein bezauberndes Spiel mit Sicht- und Unsichtbarkeit.

Klaus-Peter Mayr
In ihrem Debütroman Dschinns erzählt Fatma Aydemir präzise, mit unglaublicher Sprachmacht, Klarheit und Einfühlungsvermögen vom Leben, Lieben und Leiden einer türkischstämmigen Familie in Deutschland. Lesegenuss und Lehrbuch zugleich.
Felicitas Lachmayr
Das Überwältigendste nach zwei Jahren Corona: In der Menge stehen und Live-Konzerte erleben! Von kleineren Gruppen (Parcels, Cari Cari) über Kultbands (Ärzte, Bikini Kill) bis zu Superstars (Billie Eilish) – alle waren auf Tour. Was da noch kommen soll? Das Line-Up für 2023 verspricht einiges.

Christian Imminger
Überwältigend kann in diesem Jahr, als der Krieg über die Ukraine kam, nichts Schönes sein. Vielleicht: Wenn man bei jedem Sonnenblumenfeld unter blauem Himmel daran denken muss, dass hier noch unwirklich wirkender Frieden ist, während etwas östlich die Bomben fallen. Wirklich schauen tut auch weh.
Lea Thies
Wir erleben in diesem Winter die erste endemische Welle mit Sars-CoV-2, nach meiner Einschätzung ist damit die Pandemie vorbei – der Satz des Virologen Christian Drosten im Tagesspiegel war irgendwie schon überwältigend. Haben wir Corona wirklich geschafft? Hoffentlich.

Wolfgang Schütz
Sensationsalbum: Die Nerven haben mit ihrem selbstbetitelten Werk ihr Meisterstück abgelegt – und beim Konzert auch bestätigt. Sensationsfilm: Der immer starke Alejandro Iñárritu zeigt mit Bardo, dass die Wahrheit auch im Kino eine Frage der Kunst ist.