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Unterfranken: 15 Buchtipps für die Sommerferien - samt Musik-Empfehlung und passendem Getränk

Unterfranken

15 Buchtipps für die Sommerferien - samt Musik-Empfehlung und passendem Getränk

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    The story in the magic book
    The story in the magic book Foto: bombermoon

    Mit Büchern kann man verreisen . . .  ans Meer oder in die Berge, nach Ibiza, New York oder Tibet. Das Schöne: lesend verreisen kann man überall. Und überall hin. Redakteurinnen und Redakteure verraten, was sie in diesen Sommerferien am Strand oder im Freibad, in der Hängematte oder auf dem Balkon daheim lesen. Dazu gibt es Tipps für die Musik, die man dabei am besten hört - und eine Empfehlung für das passende Getränk.

    1. Mit Thomas Mann nach Lübeck

    Buddenbrooks, Thomas Mann, S. Fischer Verlag, 1997, 768 Seiten, 20 Euro
    Buddenbrooks, Thomas Mann, S. Fischer Verlag, 1997, 768 Seiten, 20 Euro Foto: S. Fischer Verlag

    Thomas Mann erzählt in "Buddenbrooks" die Geschichte vom Verfall einer hanseatischen Kaufmannsfamilie im 19. Jahrhundert. Viele vermeintlich individuelle Entscheidungen der einzelnen Familienmitglieder führen dazu, dass die Buddenbrooks an unternehmerischem und gesellschaftlichem Ansehen in Lübeck einbüßen. Das Haus der Familie in der Mengstraße 4 wird zum Gradmesser des Wohlstands, wird ausgebaut oder zerbröckelt im Gleichklang mit dem Status der Familie im Großbürgertum. Die barocke Fassade des Buddenbrookhauses steht noch, ist derzeit aber mit einem Baugerüst versehen. Das Museum wird erweitert und ist daher geschlossen. Wer den rund 770 Seiten dicken Gesellschaftsroman noch nicht gelesen hat, kann sich Zeit lassen. Der Umbau dauert voraussichtlich bis 2025.

    Soundtrack: Irgendwas in c-Moll

    Getränk: Tee (aus feinem Porzellan)

    Jonas Keck ist Reporter in der Regionalredaktion. Während seines Urlaubs an der Ostsee besuchte er vor einigen Wochen auch Lübeck.

    2. Mit Karl Ove Knausgard in die Toskana

     Der Morgenstern, Karl Ove Knausgard, Luchterhand Literaturverlag, 2022, 896 Seiten, 28 Euro
     Der Morgenstern, Karl Ove Knausgard, Luchterhand Literaturverlag, 2022, 896 Seiten, 28 Euro Foto: Luchterhand

    Ein Sommer in Norwegen. Mit einer Hitze fast wie in Italien. Dort kündet die Dürre davon, dass die Welt aus dem Gleichgewicht geraten ist. In Knausgards soghaftem Roman schmelzen Grenzen zwischen Welten. Krebse spazieren an Land, Tote sind nicht wirklich tot, und ein neuer Stern geht auf: der Morgenstern. Er taucht zwei Alltagstage im Leben von neun Ich-Erzählerinnen und -Erzählern in neues Licht; sie schleifen Schatten hinter sich her. Literaturprofessor Arne etwa leidet unter der bipolaren Störung seiner Frau. Pastorin Kathrine empfindet ihre Ehe plötzlich als eng. Journalist Jostein säuft und will mit einer Recherche über mysteriöse Morde an Mitgliedern einer Death-Metal-Band groß rauskommen. Zwischen großen Lebensfragen fragen sich alle: Kündigt der Stern Heil oder Unheil an?

    Soundtrack: The National - Fake Empire (vom Album "Boxer")

    Getränk: Negroni

    Natalie Greß ist stellvertretende Leiterin der Sportredaktion. Sie ist Knausgard-Fan und froh, wenn sie im Urlaub mal keine Handballspiele lesen muss, um darüber zu schreiben.

    3. Mit Jens Brambusch auf die Weltmeere

    Tausche Büro gegen Boot, Jens Brambusch, Dumont, 2022, 287 Seiten, 16,95 Euro.
    Tausche Büro gegen Boot, Jens Brambusch, Dumont, 2022, 287 Seiten, 16,95 Euro. Foto: Dumont

    Nach einem Burnout mit Panik- und Angstattacken beschließt der erfolgreiche Wirtschaftsjournalist Jens Brambusch im Alter von 46 Jahren auszusteigen. Er lässt sein bisheriges Leben in Hamburg und Berlin hinter sich und riskiert das, wovon viele nur träumen: Er zieht in der Türkei auf ein 30 Jahre altes Segelboot, die Dilly-Dally, und wartet auf den Tag, an dem er seinen mutigen Schritt bereut. Doch der kommt einfach nicht. Brambusch, heute 50, beschreibt offen, witzig und voller Selbstironie sein altes und sein neues Leben. Er gibt Einblick in den Alltag an Bord, berichtet von Missgeschicken und herrlichen kleinen und großen Momenten. Und er inspiriert seine Leserinnen und Leser, mehr aus ihren Leben zu machen - zum Beispiel, indem man mit ganz wenig auskommt.  

    Soundtrack: Rod Stewart - I am sailing

    Getränk: Bier und Cocktails im Wechsel

    Ivo Knahn ist stellvertretender Chefredakteur. Er hat gemeinsam mit dem Autor Jens Brambusch bei der Main-Post volontiert und liest am liebsten wahre Geschichten.

    4. Mit David Nicholls nach Großbritannien

    Zwei an einem Tag, David Nicholls, 2011, 541 Seiten, 12 Euro.
    Zwei an einem Tag, David Nicholls, 2011, 541 Seiten, 12 Euro. Foto: Heyne

    Glücklich, unabhängig, erfolgreich: So stellen sich Emma Morley und Dexter Mayhew ihr zukünftiges Leben vor, als sie sich am 15. Juli 1988 bei ihrer Abschlussfeier in Edinburgh kennenlernen und die Nacht zusammen durchmachen. Emma, die belesene, und ehrgeizige Einser-Studentin, die von ihrem neuen Wohnort London aus die Welt verändern will. Dexter, der verwöhnte Sohn aus reichem Hause, der nicht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll und erstmal reist. In den folgenden 20 Jahren kreuzen sich jeweils am 15. Juli wieder ihre Wege und doch finden sie lange nicht als Paar zusammen. Lachen und Weinen liegen bei diesem Buch nah beieinander. Einerseits ist die Geschichte mit viel feinem Humor erzählt, andererseits ist es tragisch mitzuerleben, wie Emma und Dexter die Chance auf ein gemeinsames Leben immer wieder verpassen. Das überraschende Ende, der unkitschige Schreibstil und die Botschaft, seine Träume und Wünsche nicht auf irgendwann später zu verschieben, verleihen dem Buch Tiefgang.

    Soundtrack: Rise Against - Swing Life Away

    Getränk: Kühler Eistee für das perfekte Sommer-Gefühl

    Kristina Kunzmann ist Redakteurin in Rhön-Grabfeld. Sie mag Romane oder Psycho-Thriller, kann aber auch beim Lesen von Gemeindeblättern oder Urlaubskatalogen die Zeit vergessen.

    5. Mit Marc-Uwe Kling ins Quality Land

    Quality Land, Marc-Uwe Kling, Ullstein Verlag, 2017, 384 Seiten, 11f Euro
    Quality Land, Marc-Uwe Kling, Ullstein Verlag, 2017, 384 Seiten, 11f Euro Foto: Ullstein Taschenbuch

    Quality Land ist das beste aller Länder. Hier läuft in der Zukunft alles rund, denn Arbeit, Freizeit und Beziehungen sind von Algorithmen optimiert. Quality-Partner weiß, wer am besten zu einem passt. Und bei The Shop bekommt man alle Produkte, die man bewusst oder unbewusst haben will, automatisch zugeschickt. Und trotzdem beschleicht den Maschinenverschrotter Peter das Gefühl, dass mit seinem Leben etwas nicht stimmt. Wenn das System wirklich so perfekt ist, warum gibt es dann Drohnen, die an Flugangst leiden, oder Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung? Marc-Uwe Kling (Känguru-Chroniken) zeichnet in den beiden Quality-Land-Büchern eine überzeichnete Dystopie, bei der einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Bitterböse, derb und alles andere als politisch korrekt – aber saulustig.

    Soundtrack: R.E.M. – It’s the end of the world as we know it (and I feel fine)

    Getränk: Zombie oder Painkiller

    Steffi Koßner ist Redakteurin in Main-Spessart und würde sich als "Alles-Leserin" bezeichnen: Von Jugendromanen über Endzeit-Thriller bis hin zu Fantasy à la "Herr der Ringe" ist alles drin – Hauptsache nicht langweilig.

    6. Mit Leonardo Padura nach Havanna

    Ein perfektes Leben, Leonardo Padura, Unionsverlag, 2005, 272 Seiten, 11,95 Euro
    Ein perfektes Leben, Leonardo Padura, Unionsverlag, 2005, 272 Seiten, 11,95 Euro Foto: Unionsverlag

    Es ist Neujahr 1989 in Havanna, Kuba. Teniente Mario Conde wacht nach einer durchzechten Silvesternacht mit einem schrecklichen Kater auf. Eigentlich wäre es sein freies Wochenende. Doch dann klingelt das Telefon. Rafel Morin – ein hoher Regierungsbeamte und ehemaliger Schulkamerad des Teniente – ist verschwunden. Die Ermittlungen führen den Polizisten zurück in seine Vergangenheit und hin zu den Widersprüchen der kubanischen Gesellschaft, die mit dem beginnenden Zusammenbruch des Ostblocks auf stürmische Zeiten zusteuert. "Ein perfektes Leben" ist der erste Teil von Leonardo Paduras Krimi-Reihe "Das Havanna-Quartett", das diese Umbrüche in Kuba über ein Jahr begleitet und aus der Perspektive eines Insiders darstellt.

    Soundtrack: Buena Vista Social Club (auch wenn Mario Conde sich lieber zu den Beatles besäuft)

    Getränk: Mojitos

    Lukas Kutschera ist Redakteur und mit für die Mantel-Seiten der Zeitung zuständig. Er liest, schaut hin und hört zu, um etwas über Gesellschaften zu erfahren.

    7. Mit John Nichols in den Süden der USA

    Milgaro - Der Krieg im Bohnenfeld, John Nichols, Bastei Lübbe Taschenbuch, 670 Seiten (leider derzeit nur noch antiquarisch erhältlich)
    Milgaro - Der Krieg im Bohnenfeld, John Nichols, Bastei Lübbe Taschenbuch, 670 Seiten (leider derzeit nur noch antiquarisch erhältlich) Foto: Achim Muth

    Die Geschichte ist von 1974, aber das Thema aktueller denn damals: die Verteilung von Wasser. Im Miracle Valley rund um das Städtchen Milagro eskaliert ein jahrzehntelanger Streit, als der Kleinbauer Joe Mondragon sich gegen Investoren auflehnt und unerlaubterweise Wasser auf seine verdörrten Äcker leitet. In der Hitze New Mexicos entflammt ein Krieg ums Bohnenfeld mit Nichols' passend trockenem Humor. Die wunderbaren Beschreibungen machen jede Randfigur zum Hauptdarsteller. Wie Amarante Cordova, ein versoffener Ex-Sheriff, dem ein Lungenflügel fehlt und dem bis auf drei Stück die Zähne ausgefallen sind wie Eicheln. "In ganz Milgro wartete man auf Amarantes Tod wie auf jenes Niesen, das einem ständig in der Nase kitzelt, aber niemals explodiert." Ai Chihuahua!

    Soundtrack: U2 - Where the streets have no name

    Getränk: Kühle Tequila-Bowle

    Achim Muth ist Leitender Redakteur und empfiehlt nicht nur das Buch, sondern auch die gleichnamige Verfilmung von Robert Redford – am besten im Open-Air-Kino. 

    8. Mit Lily Brett nach New York

    Lola Bensky, Lily Brett, Suhrkamp, 2013, 302 Seiten, 19,95 Euro
    Lola Bensky, Lily Brett, Suhrkamp, 2013, 302 Seiten, 19,95 Euro Foto: Suhrkamp

    Mick Jagger, Jim Morrison, Jimi Hendrix, die quirlige Journalistin Lola Bensky trifft die ganz großen Stars der Musikszene zum Interview - meist schon, bevor diese richtig bekannt werden. Und Lola stellt die richtigen Fragen. Einfühlsam und tiefgründig. Sie spricht über Gott, über Rassentrennung, über die Seele des Souls oder einfach über die Position von Lockenwicklern. So macht sie sich einen Namen. Dabei hat sie es mit sich selbst nicht leicht. Lola hadert mit ihrem Gewicht und wird von Traurigkeit gebeutelt. Ihre Eltern haben das Konzentrationslager Auschwitz überlebt - und die Toten, aber vor allem das Leid der Überlebenden lassen Lola lange nicht los. Ansonsten lebt sie in vollen Zügen, in London, Melbourne und schließlich Soho, New York.

    Soundtrack: Janis Joplin, Piece of my Heart, oder Alicia Keys, Empire State of Mind

    Getränk: Ein schöner Cosmopolitan

    Karoline Keßler-Wirth ist Printchefin Überregionales und liest gerne Geschichten über starke Frauen. Ihr Tipp für New York: die Brooklyn Bridge bei Nacht.

    9. Mit Berthe Arlo in die Nacht

    "Nachts wach" von Berthe Arlo, Mikrotext-Verlag, 238 Seiten, 20 Euro
    "Nachts wach" von Berthe Arlo, Mikrotext-Verlag, 238 Seiten, 20 Euro Foto: Mikrotext-Verlag

    Berthe Arlo hat jahrzehntelang alte Menschen gepflegt, nun ist sie selbst alt – und erinnert sich. An ganz besondere Begegnungen mit Menschen, die – jeder für sich – etwas ganz besonderes sind. Ihr Buch "Nachts wach" enthält fast 30 Miniaturen, die vom nächtlichen Leben im Altenheim erzählen. Es ist kein Plädoyer für die Pflege - auch keinen Brandbrief, um auf die unhaltbare Situation aufmerksam zu machen. Berthe Arlo sieht die großen Zusammenhänge in kleinen Begebenheiten, die Menschen im Heim passieren: die Tragik unerklärlicher, vielleicht körperlicher, vielleicht auch seelischer Schmerzen. Vom Glück der späten Liebe ist die Rede, der Freude, die Freundlichkeit mit sich bringt und dem Schmunzeln, das der Betrachter nicht unterdrücken kann, wenn Menschen liebgewonnene Gewohnheiten zelebrieren oder völlig hinter sich lassen. Das alles erzählt sie kurz und direkt, in einer Tonart, die fast schon schnoddrig wirken kann - aber präzise wiedergibt, wie Pflegende über die ihnen anvertrauten Menschen sprechen.

    Soundtrack: Jan Garbarek "In Praise of Dreams" oder Konstantin Wecker "Genug ist nicht genug"

    Getränk: Würzburger Riesling - Vom Stein muss er sein

    Manfred Schweidler berichtet seit 23 Jahren als Reporter mit Schwerpunkt Polizei und Gericht über schräge Vögel, schwere Jungs und leichte Mädchen. Jetzt, wo er selbst bald 60 Jahre wird, will er wissen, was auf ihn zukommt.

    10. Mit Christian Berkel unter den Apfelbaum

    Christian Berkel, "Der Apfelbaum", Ullstein Taschenbuch Broschur, 416 Seiten, 11 Euro.
    Christian Berkel, "Der Apfelbaum", Ullstein Taschenbuch Broschur, 416 Seiten, 11 Euro. Foto: Ullstein Verlag

    Christian Berkel? Genau, das ist doch dieser Schauspieler. Und er ist der Mann von Andrea Sawatzki. Nun ist er auch Buchautor. Ohne seine Qualitäten als Schauspieler und Ehemann schmälern zu wollen - aber als Schriftsteller gefällt der Mann am besten! Was für ein starkes Buch! Berkel arbeitet darin in Roman-Form seine eigene Familiengeschichte auf, sucht die eigenen Wurzeln. Eine wunderbar gelungene Suche, die 1932 in Berlin mit Sala und Otto beginnt. Eine junge Liebe, die durch eine dramatische Zeit bis in die 50er Jahre geht. Wunderbar erzählt, wie es vielleicht nur möglich ist, wenn es persönlich wird. "Jahrelang", so Berkel, "bin ich vor meiner Geschichte davongelaufen. Dann erfand ich sie neu." Beides zusammen ließ einen klasse Roman entstehen. Wo man das Buch lesen sollte, liegt auf der Hand: unter einem Apfelbaum. Zur Erntezeit wäre es gut, ein wenig aufzupassen, dass man nicht einen Apfel auf die Birne bekommt. Ansonsten kann man bei diesem Buch nichts falsch machen.

    Soundtrack: "I heard it through the Grapevine“ von Marvin Gaye

    Getränk: Ein Gläschen Wein. Dann unter einem Apfelbaum durch die Weinreben hören - mehr geht nun wirklich nicht.

    Frank Weichhan ist seit über zwei Jahrzehnten Lokalredakteur in Kitzingen und sitzt gerne unter Apfelbäumen - an besonders guten Tagen auch unter Birnbäumen. Er findet, dass Schauspieler nicht unbedingt immer auch singen oder schreiben sollten, in diesem Fall aber lohnt sich eine Ausnahme. 

    11. Mit Rafik Shami nach Damaskus

    Rafik Shami, Das Geheimnis des Kaligraphen, dtv, 560 Seiten, 10,90 Euro
    Rafik Shami, Das Geheimnis des Kaligraphen, dtv, 560 Seiten, 10,90 Euro Foto: dtv

    Rafik Shami schafft es den Leser in diesem Buch an einen Ort zu bringen, den es so leider nicht mehr gibt. Das alte Damaskus wird durch seine blumige Art zu erzählen hörbar, fühlbar, schmeckbar und riechbar. Eine zauberhafte Atmosphäre, in der die Geschichte um Liebe, Stolz und Verrat ihren Lauf nimmt. Der stolze, hochmütige und berühmte Kaligraph Hamid feilt an den Unzulänglichkeiten der arabischen Schrift. Die Gerüchte über seine wunderschöne Frau Nura ziehen wie der Duft von gutem Essen durch die Gassen vor bei an seinem Atelier. Nur er selbst bemerkt nicht, was bei ihm zu Hause geschieht. Eine Zeitreise in die 40er und 50er Jahre, die auch ein Licht auf viele kulturelle Facetten und Schwierigkeiten der damaligen (und heutigen) Zeit wirft. Einblicke in das Zusammenleben von Christen und Moslems in den verschiedenen Vierteln der Stadt inklusive. Und in die Schwierigkeiten, die ein freier moslemischer Geist mit der "Moslembruderschaft" erlebt, wenn er auf Veränderung pocht. 

    Soundtrack: "Kifak Inta" (Wie geht's?) von Fairuz, am besten gleich das ganze Album.

    Getränk: Ein Gläschen arabischen Tee, Minze oder schwarz. Ausschlaggebend: ein kleiner Löffel und eine Menge Zucker.

    Daniel Biscan ist für optische Belange zuständig, seit 8 Jahren Art Director und reist immer wieder gerne in die arabische Welt. Schuld daran ist der Film „Der Dieb von Bagdad" von Alexander Korda, den er als kleiner Junge gesehen hat.

    12. Mit Wolf Haas nach Wien

    Wolf Haas, "Komm, süßer Tod", Rowohlt Taschenbuch, 224 Seiten, 12 Euro
    Wolf Haas, "Komm, süßer Tod", Rowohlt Taschenbuch, 224 Seiten, 12 Euro Foto: rororo

    Wenn der Fahrer des Rettungswagens mit Blaulicht und Vollgas durch die Wiener Innenstadt rast, dann geht es ihm oft um die Spenderleber. Schließlich macht die Imbiß-Rosi um fünf Uhr den Laden zu, und danach gibt es weder Spenderleber (ein Viertel-Kilo Leberkäse) noch Spenderherz (ein halbes Kilo Leberkäse). Wer Spaß an solch leicht abseitigen Pointen hat, den nimmt Wolf Haas in "Komm, süßer Tod" mit auf eine überaus witzige und spannende Geschichte im Rettungsfahrer-Milieu der österreichischen Hauptstadt. Ex-Polizist Brenner hat nämlich umgesattelt und fährt nun für die Kreuzretter. Zudem ermittelt er in einem kniffligen Mordfall. Haas trifft, wie in all seinen neun Brenner-Werken, punktgenau den Austria-Charme und spielt mit eigenwilliger Sprache und absurden Wendungen.

    Soundtrack: Wolfgang Ambros - Es lebe der Zentralfriedhof

    Getränk: Wiener Melange

    Peter Krones ist Ex-Redakteur  und genießt es, vor Ort Krimis zu lesen, die genau dort spielen. Der neue Wolf Haas heißt "Müll" und spielt an einem Lieblingsplatz von Krones: dem Wertstoffhof.

    13. Mit Benedict Wells nach Missouri

    Hard Land, Benedict Wells, Diogenes, 2021, 352 Seiten, 24 Euro
    Hard Land, Benedict Wells, Diogenes, 2021, 352 Seiten, 24 Euro Foto: Diogenes

    Sam ist ein schmächtiger 15-Jähriger, ohne Freunde und ohne Selbstbewusstsein. Er wächst in der konservativen, verlassenen Kleinstadt Grady im Missouri der 80er Jahre auf. Um seinen Problemen zu Hause zu entkommen, nimmt er einen Ferienjob in einem Kino an. "Hard Land" erzählt in klassischer Coming-Of-Age-Manier vom zugleich schönsten und schlimmsten Sommer in Sams Leben. Er findet Freunde, verliebt sich, stürzt sich in irre Mutproben und versucht die 49 Geheimnisse seines Heimatorts zu ergründen. Bis ihn ein Schicksalsschlag ereilt. Der Autor erzählt leichtfüßig und niemals kitschig vom Erwachsenwerden unter schwierigen Bedingungen. Und auch wenn das Buch tief eintauchen lässt in ein nostalgisches Setting, die Themen – Mut, Vertrauen, Tod und Trauer – sind zeitlos.

    Soundtrack: "Dancing with Myself" von Billy Idol. Allerdings steckt die Geschichte so voller Anspielungen und Verweise auf Songs und Filme – selbstverständlich alle aus den 80ern -, dass es schwerfällt, sich zu entscheiden.

    Getränk: Whiskey

    Anna-Lena Behnke ist Editorin am Print-Desk Mantel und mag Geschichten, die vergangene Zeiten lebendig machen – egal ob Mittelalter oder 80er Jahre.

    14. Mit Heinz Strunk an die Ostsee

    Heinz Strunk, Ein Sommer in Niendorf, Rowohlt, 240 Seiten, 22 Euro
    Heinz Strunk, Ein Sommer in Niendorf, Rowohlt, 240 Seiten, 22 Euro Foto: Rowohlt

    Im feinen Zwirn mit hochtrabenden Ambitionen reist der erfolgreiche Anwalt Georg Roth für drei Monate in das kleinbürgerliche Ostsee-Strandbad Niendorf. Dort tagten in den 50er Jahren die Literaten der Gruppe 47. Deren Geist will er heraufbeschwören, während seiner Auszeit ein Buch über die eigene Familie schreiben. Wie schwer kann das sein, für einen wie ihn? Er sieht sich schon ganz oben auf den Bestseller-Listen. Roth ist arrogant, ein Misanthrop, der derb und scharfzüngig über alles und jeden urteilt, herabsieht auf Rentner, Frauen, seine eigene Tochter. Und auf Strandkorbumdreher Breda, den Alkoholiker – der ihn anwidert, anekelt, mit dem er trotzdem trinkt und dabei zunehmend die Kontrolle verliert. Ein Roman, der wie die „Titanic“ irgendwann nur noch auf eins zusteuert: den Untergang.

    Soundtrack: "Alkohol" von Herbert Grönemeyer

    Getränk: Bier, Wein, Hugo, Aperol Spritz, Rum und Aquavit, Georg Roth ist da ja auch nicht wählerisch   - also vielleicht doch besser ein Gläschen Wasser.

    Nadine Klikar ist stellvertretende Print-Chefin Überregionales und liest eigentlich am liebsten Krimis, aber für Heinz Strunk macht sie eine Ausnahme.

    15. Mit Beat Sterchi in die Schweiz

    Beat Sterchi, Blösch, Diogenes, 448 Seiten, 14 Euro
    Beat Sterchi, Blösch, Diogenes, 448 Seiten, 14 Euro Foto: Diogenes

    "Blösch" ist die Geschichte des spanischen Melkers Ambrosio, der auf einen Schweizer Bauernhof zum Bauern Knuchel kommt und dort Freundschaft schließt mit den Tieren. Es ist die Geschichte der stolzen Leitkuh Blösch. Und es ist die Geschichte, wie der friedliche Knecht und die freundliche Simmentaler Kuh im Bauerndorf zugrunde gerichtet werden von den nicht so friedlichen Bewohnern. Denn der Widerstand des Bauern gegen Massentierhaltung, Melkmaschine, Preiskampf: vergeblich. 1983, im Erscheinungsjahr, war dieses Debüt von Beat Sterchi eine Sensation. Noch nie hatte jemand so drastisch, eigenwillig, ausdrucksstark über moderne Landwirtschaft und Seelenlosigkeit von Schlachthöfen geschrieben. Ein kraftvoller und störrischer, ein langsamer und poetischer Roman! Über existentielle Dinge, Helvetismen inklusive.

    Soundtrack: Kuhglocken, "Hemmige" von Stephan Eicher (Clip auf Youtube gucken!), Rererevolution von Sophie Hunger

    Getränk: Buttermilch oder Bäzi-Wasser (Schnaps) 

    Alice Natter ist Themenchefin,  mag Wörter wie Znüni, Pflanzblätz und rumpelsurrig. Und hat noch die zerbeulte Blechkanne ihrer Kindheit, mit der die kuhwarme Milch vom Bauernhof  geholt wurde.

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