Dieses Jahr soll endlich alles glattlaufen: Auf München wartet das nächste Konzertjahr der Superlative, so wie es schon in den vergangenen zwei Jahren erwartet worden war – und dann ein großes Aber blieb. Taylor Swift, Coldplay und Metallica spielen heuer im Olympiastadion, Ed Sheeran auf der Theresienwiese und für Adele entsteht an der Messe sogar eine eigene Arena für ganze zehn Konzerte. Gerade hier in Riem gab es zuletzt Probleme – die man aber inzwischen überwunden haben will. Und Skandale wie Rammstein im vergangenen Sommer dürfte Adele nicht in die Stadt bringen. Diskussionen um die Konzerte des britischen Superstars gibt es trotzdem.
Das liegt vor allem daran, dass schon die Messe als Konzertstandort in München umstritten ist. Schließlich gibt es schon das Olympiastadion, seit über 40 Jahren Konzertbühne mit Platz für rund 70.000 Zuschauerinnen und Zuschauer. "Wir machen uns Konkurrenz im eigenen Haus", sagt deshalb Tobias Ruff, der für die ÖDP im Stadtrat sitzt. "Konzerte sind sicher nicht das Kerngeschäft der Messe", findet SPD-Stadträtin Julia Schönfeld-Knor. Trotzdem treten hier nun im Sommer jährlich Superstars auf.
Konzerte an der Messe in München: Adele, Helene Fischer und Andreas Gabalier spielten hier
Wie es dazu kam, das fragten sich schon 2022 die Münchner Kulturveranstalter. In einem offenen Brief zeigten sie sich irritiert davon, dass ein bislang in der Stadt nicht in Erscheinung getretener Veranstalter, Klaus Leutgeb aus Graz, den Zuschlag für mehrere Veranstaltungen erhalten hatte. Sie seien bei Anfragen für die Messe von Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner stets ins Olympiastadion verwiesen worden, schrieben die Kulturveranstalter. Zudem wurde ein Foto publik, das CSU-Politiker Baumgärtner und Unternehmer Leutgeb gemeinsam bei einem Konzertbesuch zeigte und den Vorwurf der Spezlwirtschaft nährte. So ganz rund lief es bei den Konzerten dann auch nicht.
Robbie Williams, Andreas Gabalier und Helene Fischer brachten im August 2022 teils über 100.000 Besucherinnen und Besucher an die Messe. Nicht alle von ihnen waren danach glücklich: Man habe wenig gesehen, An- und Abreise seien schlecht organisiert und die Konzerte zu groß gewesen, war zu lesen. Dazu passt, dass bei Adele nur noch Platz für 80.000 Gäste pro Veranstaltung sein soll. Aber kommen die überhaupt alle?
Denn bisher ist keines der zehn Konzerte ausverkauft, teils sind ganze Sitzreihen frei. Das könnte an den Preisen liegen, die für einfache Karten bei bis zu rund 600 Euro liegen – manche VIP-Tickets kosten gar über 1100 Euro. Hinzu kommen Spekulationen um Adeles Gesundheit: Ende Februar verschob sie zehn Konzerte in Las Vegas, bis heute ist die Mitteilung dazu ihr letzter Beitrag auf Instagram. In den Kommentaren fragen Fans nach Informationen, dem britischen Boulevardblatt Sun sagte ein angeblicher Insider, dass auch die Sorge um Adeles Gesundheit dazu beitrage, dass einige Tickets noch nicht verkauft seien. Stadträtin Schönfeld-Knor munkelt bereits: "Ich sage, Adele kommt gar nicht."
Adele in München: Spekulationen um ihre Gesundheit nach Absagen in Las Vegas
Die Konzerte seien im Hochsommer, da habe er keine Bedenken, dass die Sängerin dann wieder gesund sei, sagt Wirtschaftsreferent Baumgärtner im Gespräch mit unserer Redaktion. Er freut sich über die Strahlkraft, die von den Konzerten ausgehe, und betont: "Es kommen Gäste aus der ganzen Welt in die Stadt, nirgendwo sonst kann man Adele außerhalb von Las Vegas aktuell sehen." Den Berechnungen seines Referats zufolge werde ein Konzertbesucher insgesamt im Schnitt etwa 1000 Euro ausgeben, Baumgärtner rechnet mit 1,5 Millionen Übernachtungen. "Das ist schon echt eine geile Nummer", sagt er.

Und die Beschwerden an den bisherigen Konzerten an der Messe will er nicht überbewerten: "Bei so vielen Menschen gibt es immer Leute, denen etwas nicht passt", sagt er. "Wenn man im VIP-Bereich darüber meckert, dass es zu wenig Schweinefilet gab, ist das verkraftbar." Dennoch: In der Außendarstellung der Münchner Großkonzerte ist der Wurm drin. Das begann 2022 schon im Vorfeld der Konzerte an der Messe, als Leutgeb einzelne Medien aussperrte. Auch beim "Rolling Loud"-Festival an der Messe im vergangenen Jahr gab es Probleme: Wütende Fans warfen Steine in Richtung der Bühne; das Festival wird nicht mehr in München stattfinden, sagt Baumgärtner. Und Vergewaltigungsvorwürfe gegen Rammstein überschatteten deren Konzerte 2023 im Olympiastadion, nachdem zu Silvester zuvor noch Pläne von Baumgärtner und Leutgeb damit gescheitert waren, die Band auf der Theresienwiese auftreten zu lassen.
Das sagen andere Politiker in München zu den Adele-Konzerten
Hoffnung setzt man bei der Organisation der Adele-Konzerte auch in das Medienunternehmen "Live Nation", das inzwischen mit Leutgeb kooperiert und unter anderem schon "Rock am Ring" und "Rock im Park" veranstaltete. "Leutgeb hat sich an der Messe einfach übernommen", vermutet ÖDP-Stadtrat Ruff mit Blick auf vergangene Konzerte. Dass der Branchenriese "Live Nation" im Boot ist, stimmt Ruff optimistischer – auch wenn er glaubt, dass der Stadt Konzerte im "innerstädtischen Setting" im Olympiastadion mehr brächten. Leutgeb attestiert auf Anfrage unserer Redaktion den bisherigen Konzerten auf der Messe München "eine überwältigende Resonanz". Und ergänzt: "Natürlich gibt es immer Learnings, die in künftige Veranstaltungen einfließen."

Der Verein der Münchner Kulturveranstalter gibt sich indes mit Blick auf die Messe-Konzerte inzwischen versöhnlicher. Der kommissarische Vereinschef Patrick Oginski sagt etwa, Baumgärtner mache auch "vieles, was gut ist". Ein paar Zweifel an Baumgärtners Beziehungen sind in Politik und Kulturbranche zwar geblieben, sagen viele im Hintergrund, etwa auch, weil ein in der Branche bis dato unbekanntes CSU-Mitglied den Auftrag für das Catering an der Messe erhalten hatte. Doch erhärtet hat sich kein Verdacht. Der Konflikt um den Standort könnte sich bald ohnehin von alleine lösen. 2025 endet der Vertrag zwischen Stadt und Leutgeb. Und man habe nicht das Ziel, langfristig Konzertstandort zu werden, teilt ein Sprecher der Betreibergesellschaft der Messe auf Anfrage mit.