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Ausstellung: Architekt Peter Zumthor: "Ich möchte Häuser bauen, die zu einem Ort passen"

Ausstellung

Architekt Peter Zumthor: "Ich möchte Häuser bauen, die zu einem Ort passen"

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    Seine Gebäude möchte er auch "emotional denken" können: Architekt Peter Zumthor.
    Seine Gebäude möchte er auch "emotional denken" können: Architekt Peter Zumthor. Foto: Ingrid Grohe

    Die Beziehung zwischen Peter Zumthor und den Handwerkern im Bregenzerwald ist eine besondere: von Wertschätzung und Neugierde geprägt, manchmal auch von gegenseitigem Herausfordern. Vor zehn Jahren erdachte der Schweizer Stararchitekt ein Gebäude für den ambitionierten Handwerkerverband Werkraum Bregenzerwald.

    Mitten in Andelsbuch steht das Werkraum-Haus: Ein ausladendes Kassettendach, das über einer riesigen Glasvitrine zu schweben scheint. Wo sonst Tischler, Polsterer, Maler und Goldschmiede ihre innovativen Ideen präsentieren, widmen die Handwerker derzeit dem Schöpfer des Gebäudes eine Ausstellung. Sie zeigt auf 700 Quadratmetern 40 Architektur-Modelle, die im Atelier Zumthors bei Chur entstanden sind. 

    Ein weltweit gefragter Meister seiner Zunft

    Der 79-jährige Pritzker-Preisträger ist ein Weltstar, viele seiner Bauten wurden zu Pilgerstätten für Architekturinteressierte: die aus einheimischem Quarzit erbaute Therme in Vals (Graubünden) ebenso wie die zugleich erdig und und mystisch anmutende Bruder-Klaus-Feldkapelle in der Eifel, das tief in vergangenen Jahrhunderten wurzelnde Diözesanmuseum Columba in Köln wie auch das bestaunenswerte Kunsthaus Bregenz. An all diesen Orten lässt sich Raum nicht nur bestaunen, sondern auch erfühlen. Das mag am Anspruch Zumthors liegen, der Gebäude „emotional denken“ möchte.

    Arbeitsstudie zum Mahnmals Seilneset Memorial in Norwegen.
    Arbeitsstudie zum Mahnmals Seilneset Memorial in Norwegen. Foto: Ingrid Grohe

    Bevor er sie baut, wolle er Räume genau kennen, sagt Peter Zumthor. Dazu helfen ihm Modelle. Zwar versteht er sie nicht als Präsentationsobjekte, sondern als Arbeitsstudien, und doch sind die großformatigen Gebilde von skulpturaler Anmutung. Nicht nur die Gebäude haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Zumthors Zeichnungen in großen Maßstäben (bis 1:10) umgesetzt, auch die umgebende Landschaft mit Gärten, Wäldern und Straßen ist ausgeführt. „Ich möchte gute Häuser bauen, die zu einem Ort passen“, sagt Zumthor. Manchmal finde er in der Umgebung so viel vor, „dass es ganz wenig braucht für den Entwurf“.

    Häuser sollen auch zur Geschichte des Orts in Beziehung treten. Die Exponate der Ausstellung spiegeln diesen Anspruch wider, etwa das Modell für das 2016 gebaute Zinkmuseum Allmananjuvet in Norwegen. Es stellt eine ganze Bergbau-Landschaft dar mit Abraumhalden, dürren Bäumchen und schwarzem Gestein.

    Das Planen neuer Projekte "ist auch viel Fühlen", verrät Zumthor

    Wenn er plane, denke er nicht nur, sagt Zumthor. „Da ist auch viel Fühlen.“ Dem Schweizer gelingt es, nüchterne Klarheit mit betörender Sinnlichkeit zu verbinden. Schon in den Modellen fängt er Stimmungen ein, etwa dem des Seilneset Memorials, das an brutale Hexenverfolgungen im 17. Jahrhundert in Norwegen erinnert. Der filigrane, fast fragile Pavillon steht umgeben von Bäumen. Geschaffen aus Wachs, Sand, Salz und Gips, verströmt das Modell eine friedvolle Melancholie. Solidität, strenge Linien und Raster-Strukturen begegnen den Ausstellungsbesuchern ebenso wie Leichtigkeit und weiche, organische Formen. Eine Baukörperstudie für ein Hotel zeigt einen geschwungenen Ring aus wabenartig angeordneten Räumen, der an ein Ufo erinnert. Zumthors nicht realisierter Vorschlag für das Dokumentationszentrum „Topographie des Schreckens“ dagegen ist eine konsequent rechtwinklige Balken-Konstruktion, die an Baracken denken lässt. Ein 18-stöckiger Wohnturm für Antwerpen wiederum fußt auf einer pfützenformigen Grundfläche.

    Was einst Modell war (Bild), ist heute Ort der Ausstellung: Das Werkraum Haus in Andelsbuch beherbergt die Zumthor-Schau.
    Was einst Modell war (Bild), ist heute Ort der Ausstellung: Das Werkraum Haus in Andelsbuch beherbergt die Zumthor-Schau. Foto: Ingrid Grohe

    Es ist nicht das einzige der Modelle, das nie zu begehbaren Räumen wurde. Nur etwa die Hälfte der Entwürfe Zumthors werden realisiert. Ein gläsernes Modell, das vor über zehn Jahren im Westallgäu für Aufsehen sorgte, findet sich nicht in der Schau: Damals entwarf er für die Stadt Isny ein neues Stadttor aus Glas. Ein Bürgerentscheid brachte das Projekt zu Fall. Zu sehen ist im Werkraum-Haus dagegen dessen eigenes Modell, im Maßstab 1:20 steht es mitten in der lichtdurchfluteten Halle. Während der Planungs- und Bauzeit hatten Bauherrschaft und Architekt viel zu verhandeln. Die Handwerker forderten Zumthor ebenso wie zu anderen Zeiten er sie. Der Architekt, der oft Aufträge an die meisterhaften Betriebe im Bregenzerwald vergibt, ist dort bekannt für seinen extrem hohen Anspruch.

    Der ideale Baumeister also für die stolzen Bregenzerwälder Handwerker. Wer sonst hätte ihnen ein Haus bauen sollen, wo sie Ideen und Werke zeigen, zeitgemäßes Denken, Gestalten und Planen präsentieren – und gemeinsam über ihre Zünfte und Zukunftsvisionen diskutieren können? 

    Die Ausstellung Werkraum Bregenzerwald in Andelsbuch (Vorarlberg). geöffnet bis 16. September dienstags bis freitags 12 bis 18 Uhr, samstags 12 bis 16 Uhr.

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