Das für 8. März im Mainfranken Theater angekündigte Gastspiel des Suzanne Dellal Centre aus Tel Aviv lässt in doppelter Hinsicht aufhorchen. Zum einen, weil das Würzburger Haus in der Regel nur mit eigenem Ensemble arbeitet und zum anderen, weil aus Israel, Heimat der Nachwuchschoreografen, die den Abend konzipiert haben, derzeit ganz andere Schlagzeilen kommen.
Im Gespräch berichten Intendant Markus Trabusch und die künstlerische Leiterin des Projekts, Naomi Perlov, von Herausforderungen, Chancen und Hoffnungen rund um dieses Programm.
Frage: Herr Trabusch, im Spielplan des Mainfranken Theaters steht ein Gastspiel. Das allein ist schon ungewöhnlich. Dass dieses aus Israel, einem Land im Krieg kommt, lässt aufhorchen. Sicher kein Zufall, oder?
Markus Trabusch: Wir haben ja unsere eigene Tanzcompagnie. Wir machen also normalerweise keine Gastspiele, aber in dieser Situation, dachten wir, wir möchten gerne ein starkes Signal an die Stadt, aber auch das Land senden, um zu zeigen, dass wir die Probleme Israels teilen und mit den Künstlern in Kontakt bleiben, und das war die Idee, weshalb wir darüber nachdachten, die Performances des Suzanne Dellal Centre in Tel Aviv hier aufzuführen. Übrigens sind alle Theater, die diese Performance aufführen, keine Gastspielhäuser, sondern produzierende Häuser.
Die Choreografie "1I2I3 // Solo I Duo I Trio" ist das Ergebnis eines Wettbewerbs aufstrebender israelischer Nachwuchschoreografen am Suzanne Dellal Centre in Tel Aviv und wird nun in sechs Theatern in Süddeutschland aufgeführt. Wie lässt sich dieser besondere Termin kurzfristig in bestehende Spielpläne integrieren?
Trabusch: Es gibt Theater, die weniger finanzielle Ressourcen haben wir als wir, die aber auch teilnehmen. Die müssen wirklich eine Möglichkeit finden, wie sie das realisieren. Aber aus künstlerischer Sicht, nicht aus politischer. Denn es geht um die Kunst und nicht die Politik. Nur manchmal kann man die Themen nicht wirklich voneinander trennen.

Sie sprechen politische Hintergründe an. Kulturveranstaltungen werden gerade in Zeiten des Krieges häufig als Plattform genutzt. Die Kultur hat auch einen Bildungsauftrag und nicht zuletzt das Ziel, Menschen aus dem Alltag zu holen und ihnen schöne Stunden zu bereiten. Wie kann es gelingen, dass bei diesen unterschiedlichen Zielsetzungen die Kunst selbst nicht überschattet wird?
Trabusch: Ich denke, das genau ist das Ziel. Wir haben nur unsere Kunst und das ist das Wichtigste, was wir haben. Das ist der Kern der Idee. Wir zeigen Kunst und Tanz in diesem Fall und kommen in Kontakt miteinander, sprechen miteinander, mit israelischen Tänzern und vielleicht am Ende auch über Politik. Wir können die Kunst nutzen und verschiedene Sichtweisen einnehmen über die Kunst. Deshalb arbeite ich am Theater.
Frau Perlov, Sie sind Artistic Director am Suzanne Dellal Centre in Tel Aviv und wir sprechen Sie per Video noch zu Hause in Ihrer Heimat Israel. Wie erlebt Israel im Moment Kultur und Kunst?
Naomi Perlov: Die Theater sind voll, jeder geht überall hin und wir brauchen das, um zu existieren und dem Alltag zu entkommen. Sobald wir in diesen Zeiten die Chance haben, etwas zu sagen, tun wir das. Das ist die Aufgabe der Kultur. Uns zu artikulieren, authentisch zu sein und die Menschen auch zu erfreuen. Mein Ziel ist die Kunst und es gibt auch in Süddeutschland Theater, die Israel unterstützen möchten. Ich finde das unglaublich und bin sehr glücklich darüber.
Sie sagen, Menschen seien Individuen, die als Kollektiv eine Plattform bilden. Wie meinen Sie das?
Perlov: Wir reisen ja nicht als Kompagnie, sondern als Künstler, die Teil dieses wichtigen Theaters in Israel, zwischen Jaffa und Tel Aviv, sind. Und das, was wir jetzt tun, hat mehrere Farben und Gesichter. Wir bieten ein Forum für aufstrebende Choreografen. Das ist eine Generation, die eine neue Identität präsentiert, eine neue Sprache der Vielfalt spricht. Und es geht erst einmal auch nicht um Politik, sondern um die Unterschrift einer neuen Generation, die etwas zu sagen hat.
Mit welchem Gefühl werden Sie Ihre Tournee antreten und vorübergehend Israel verlassen?
Perlov: Wenn ich jetzt Israel verlasse und dann wieder zurückkehre, ist das Einzige, das ich haben möchte, einfach Frieden. Ich habe viele Kriege erlebt, wir gehen zu Demonstrationen, sitzen in Restaurants und diskutieren, aber im Alltag wissen wir einfach nicht, was passiert und wann der Krieg zu Ende sein wird. Jetzt werde ich auf der Tour in eine ganz andere Realität kommen.
Das Gastspiel "1I2I3 // Solo I Duo I Trio" ist zu sehen am 8. März, 19.30 Uhr, im Mainfranken Theater, Kleines Haus, Theaterstraße 21, Würzburg. Informationen zum Ticketkauf unter: www.mainfrankentheater.de