Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten

WIEN: 70. Geburtstag von Peter Turrini: Das Leben als lustige Katastrophe

WIEN

70. Geburtstag von Peter Turrini: Das Leben als lustige Katastrophe

    • |
    • |

    „Ich will Weltmeister im Skifliegen werden, lasse diesen Plan jedoch fallen, weil er meine Ernennung zum Papst unmöglich macht.“ Einer der mal skurrilen, mal traurigen, meist nachdenklichen Sätze aus dem Buch „C'est la vie“ von und über Peter Turrini. Zu seinem 70. Geburtstag am Freitag (26. September) hat der österreichische Dramatiker seinen „Lebens-Lauf“, so der Untertitel, mit Hilfe von Tagebuchstellen, Gedichten und Briefauszügen ergründet. Eine Revue als Buch und Bühnenprogramm – ein weiteres Kapitel in seinem Werk, das mehr als 30 Theaterstücke, in 30 Sprachen übersetzte Bücher, Hörspiele, Drehbücher und Opernlibretti umfasst.

    Erzürnte ChristenAm Wiener Theater in der Josefstadt feierte „C'est la vie“ vor kurzem als 70-minütige Szenenfolge Premiere – und geriet eher zu einem Wohlfühlprogramm als zu einem wilden Turrini-Abend. Auch wenn die Finanzkrise ihren Höhepunkt scheinbar überschritten hat, sind ihre Mechanismen Turrinis nächstes Thema. „Vor einigen Jahren hat es ja geheißen, dass uns die Ozonlöcher umbringen werden, aber inzwischen glaube ich, dass es eher die Arschlöcher sind, die mit den weißen Hemden und den Hosenträgern, die die Welt in den Abgrund stürzen“, sagt er in bekannter Drastik. Also schreibe er aktuell mit der Autorin Silke Hassler ein Stück über die „Spekulantenkomödie“. Das Thema sei zu ernst, um nicht eine Komödie draus zu machen.

    Ohne Umschweife

    Seine Drastik hat ihn bekannt gemacht. Ohne Umschweife machte Turrini von Beginn seiner Karriere an auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam. In „Rozznjogd“, das ihm 1971 zum Durchbruch verhalf, ließ er zwei Stadtmenschen auf eine Müllhalde fliehen. Das Paar befreit sich von gesellschaftlichen Zwängen und wird zum Opfer von Rattenjägern. Mit dem Passionsspiel „Tod und Teufel“ erzürnte Turrini das christlich-konservative Bürgertum.

    Im Laufe der Jahre habe er sehr große Neugier auf die Geschichten, auf die Selbstdarstellung der Menschen entwickelt, sagte Turrini einmal. Die heutige Selbstinszenierung mittels „Selfies“ findet er entsprechend eher schauerlich. Vorurteile, Verlogenheiten und traditionelle Moralvorstellungen sind der Stoff seiner oft dialektgefärbten Werke. Die brachten Turrini den Ruf eines zynischen Bürgerschrecks ein. Unter Burgtheater-Direktor Claus Peymann wurde er neben Thomas Bernhard und Elfriede Jelinek zur prägenden Figur der Bühne.

    Die alte SchreibmaschineTurrini hatte nicht gerade eine behütete Kindheit. Sein erstes Geld verdiente er später als Holzfäller und Stahlarbeiter, Werbetexter, Barmann und Hotelmanager. Aus den ganz frühen Jahren stammt sein Arbeitsutensil. Die Schreibmaschine, auf der er heute noch seine Texte verfasst, sei ein Geschenk zur Firmung 1958 gewesen, erzählt er. „Inzwischen ist sie schon rostig und klapprig und ich kann nur auf ihr und mit ihr dichten.“ Zu seinem Geburtstag gönnt sich der Dichter einen romantischen Abend. Er will mit seiner Geliebten in einem Weinkeller anstoßen: „Wir werden unser Glas erheben und darüber lachen, was für eine lustige Katastrophe das Leben doch ist.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden