Larry Coryell bleibt der Chef im Ring: Der US-amerikanische Mitbegründer des Jazzrock wippte, tanzte und rockte mit unbändiger Spielfreude über die Bühne des 8. Guitar Masters in der Reichenberger Wolfskeelhalle. Auch mit 72 Jahren fesselt sein intensives, kreatives und energiegeladenes Spiel noch immer Publikum und Mitspieler.
Was mittlerweile an Brillanz verloren ging, ersetzt der Grandseigneur des Fusion Jazz durch Erfahrung, Charisma und Umsichtigkeit. Coryell ist ein Teamplayer, der seine Kollegen herausfordert und antreibt, ihnen aber zugleich Raum zur Entfaltung lässt. Das zieht Meistergitarristen aus aller Welt ins beschauliche Reichenberg, die mit dem amerikanischen Stammgast jammen wollen.
In Kazumi Watanabe (62) hatte Coryell einen meisterhaften Gegenpol. Der Fusion-Gitarrist aus Japan ist auf der Höhe seiner Karriere. Sein Spielwitz, sein Ideenreichtum und seine Perfektion entfalteten sich in jedem Stück, nahezu in jedem Takt neu. Mehr Variabilität geht im Jazzrock wohl kaum.
Es war eine Offenbarung, die beiden Meistergitarristen als Duo zu erleben, mal beim fein ziselierten Akustikgitarre-Spiel, mal mit rockig-rotzigem, elektrisch verzerrtem Sound. Einen ebenbürtigen Kontrapunkt zu den Altmeistern setzte der 46-jährige Fingerstyle-Experte Francesco Buzzurro. Vom Beatles- und Rock-Medley über Gershwin und Opernarien präsentierte er eine ungeheure Bandbreite bei zugleich erhabener Spieltechnik auf seiner semiakustischen Klassikgitarre – ein Orchester auf einem Instrument. Der Sizilianer sucht offensichtlich nur noch die Herausforderungen, an denen andere Kollegen scheitern – und meistert sie bravourös.
Zum Durchschnaufen fürs fünf Stunden lang hochkonzentrierte Publikum spielte das Acoustic Guitars Trio aus Dänemark erstmals seit zehn Jahren wieder zusammen – speziell fürs Guitar Masters. Ihr perfekt aufeinander eingespielter, am Flamenco orientierter Wohlfühl-Sound schuf gute Laune. Die 400 Zuhörer in der ausverkauften Halle riss der Abend von den Sitzen.