„Für uns Deutsche“, schwärmt Michael Lehmann, Geschäftsführer der Studio Hamburg Produktion, „ist der skandinavische Raum und insbesondere Norwegen mit seiner Verbindung von Bergen und Meer immer schon ein Sehnsuchtsland gewesen, mit diesem Hauch Freiheitlichkeit und Abenteurertum über allem.“
Steile Felsen, blinkende Fjorde, brausendes Meer. Alles ist hier rauer, dramatischer als in den heilen Pilcher- und Lindström-Welten. Und so müssen auch die Geschichten sein. Sechs davon hat sich das Berliner Autorenpaar Maria Solrun und Jörg Tensing einfallen lassen. Zwei werden jetzt unter dem Sammeltitel „Liebe am Fjord“ verfilmt, jeweils von Regisseur Matthias Tiefenbacher.
Für 45 Drehtage ist man hierher ins Nest Kalvag nördlich von Bergen gezogen. Spiegelnd blauer Fjord, ein einsamer Angler auf sanft schwankendem Boot, Berge ringsum, verloren mähende Lämmer auf der Suche nach dem Mutterschaf. 350 Einwohner, jeder mit jedem irgendwie verwandt. „Wir haben mit unserem 40-Mann-Team die Bevölkerungsdichte ganz schön gesteigert“, scherzt Produktionsleiter Hartmut Damberg.
Er lacht nicht immer. Norwegen mit seinen langen Anfahrtswegen, den sündhaft teuren Hotels, ohne eigentliche Filmstruktur schafft Probleme. Besonders, wenn es regnet wie jetzt die ersten Tage. Die Zeiten, da noch „drei Regentage“ in jede TV-Kalkulation einbezogen waren, sind vorbei. Es wird weitergedreht, und wenn es aus Kübeln gießt. Draußen vor dem Kutter gehen die Wellen hoch. Jutta Speidel sieht besorgt zum Rest der Crew: „Hoffentlich wird keiner seekrank.“ Sie wischt sich die Nässe aus dem nicht mehr ganz so fröhlichen Gesicht. Im ersten der beiden Filme (Arbeitstitel „Der Gesang des Windes“) ist sie die Frau, deren schwer kranker Sohn dringend eine Niere braucht. Sie verlässt ihren Mann, bricht zum „richtigen“ Vater des Jungen auf, der ihm die Niere spenden könnte.
Etwas lockerer geht es im zweiten Film mit dem Titel „Sommerstürme“ zu. Dort finden wir auf einer norwegischen Pferdefarm eine junge Frau (Susanna Simon) zwischen zwei Männern wieder, und mit dem Misstrauen des Landvolks muss die Stadt-Lady auch noch kämpfen. „Nein, das wird sicher keine Pilcher auf Norwegisch“, beteuert Autor Tensing, obwohl er, auch das beteuert er, nichts gegen die große Rosamunde hat.
Aber hier, in diesem Land mit seinen wortkargen Menschen, den plötzlichen Wettereinbrüchen, taghellen Sommernächten und schier endlosen Winterabenden ist gefühlige Schmuserei nicht angebracht. Hier „muss über allem ein Hauch Archaik liegen“. Leise archaisch sind zuweilen auch die Drehbedingungen. „Es gibt beispielsweise keine Statisterie-Agentur“, erzählt Produzentin Sabine Timmermann. „Für eine größere Szene haben wir die nötigen Komparsen überall her aus der Gegend um Kalvag geholt.“
Die waren begeistert dabei und haben in Kalvag das Filmvolk mit fast schon erdrückender Herzlichkeit aufgenommen. „Man kann gar nicht so viel Kaffee trinken, wie einem angeboten wird“, freut man sich beim Stab. Und norwegische Waffeln, mit viel Zucker und Multbeerkonfitüre, gibt es noch dazu.
Vielleicht entschließt sich nach der Ausstrahlung mancher Zuschauer zum Urlaub in Norwegen: dort oben in diesem unvergleichlich klaren Licht mit seinen Gold- und Silbertönen, das abends die Felsen in pures Purpur taucht. Eine hat sich schon entschlossen: Jutta Speidel. Die will nach Schluss der Dreharbeiten zur großen Norwegen-Fahrt starten: „Ich muss dieses Land so richtig kennen lernen.“ Nicht nur einen „Gämsensprung“ lang.