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WÜRZBURG: Arno Breker: Hitlers Michelangelo

WÜRZBURG

Arno Breker: Hitlers Michelangelo

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    Sinnbild seelenloser NS-Kunst:Der obere Teil von Arno BrekersSkulptur „Prometheus“.Fotos (3): dpa
    Sinnbild seelenloser NS-Kunst:Der obere Teil von Arno BrekersSkulptur „Prometheus“.Fotos (3): dpa

    Nach dem Krieg stellte sich der mit zahlreichen Privilegien ausgestattete Vorzeigekünstler des „Dritten Reichs“ auch wegen seiner Uneinsichtigkeit ins Abseits. Doch Arno Breker fand immer wieder auch glühende Bewunderer. Ausstellungen über sein Werk gerieten zum Skandal. Zuletzt brachte 2006 eine Breker-Schau in Schwerin die Gemüter heftig in Wallung. Auch 20 Jahre nach Brekers Tod ist die Auseinandersetzung mit ihm und seinem Werk noch keineswegs abgeschlossen. Da kommt die neue Biografie von Jürgen Trimborn („Arno Breker. Der Künstler und die Macht“) gerade recht.

    Der studierte Theaterwissenschaftler und Kunsthistoriker hat sich durch Künstlerbiografien einen Namen gemacht, darunter eine über die ebenfalls hoch umstrittene Leni Riefenstahl. Doch während ihm dafür noch die Filmemacherin für Interviews zur Verfügung stand, konnte er für sein Breker-Buch nicht einmal auf die Mitarbeit von Brekers Witwe und dessen Kindern zählen. Einblick in den Nachlass des Künstlers blieb ihm verwehrt.

    Doch abgesehen davon hat Trimborn unzählige neue Quellen angezapft und dabei ergiebiges Material zutage gefördert. Das Ergebnis ist eine gut belegte, sehr kritische Biografie, die der Autor als „Parabel über die Korrumpierbarkeit des Künstlers durch die politische Macht“ verstanden haben will. An vielen Beispielen zeigt Trimborn, dass Breker alles andere als der angeblich unpolitische Künstler war, als der er sich selbst hinstellte.

    Im Frühsommer 1933 reiste Arno Breker von Rom nach München und registrierte erstmals, wie sich die neuen Machthaber in Szene setzten. Beim Vorbeizug einer SA-Kolonne notierte er: „Eine neue Welt brach auf, deren Herkunft, Zielsetzung, Umfang mein Aufnahmevermögen übertraf.“ Schnell erkannte der ehrgeizige, aber noch nicht allzu erfolgreiche Künstler, dass diese „neue Welt“ ihm ungeahnte Möglichkeiten bot. So verlegte er seinen Wohnsitz von Paris nach Berlin.

    Dabei hatte er in Paris seine glücklichsten Jahre verlebt. Französische Bildhauer wie Auguste Rodin und Aristide Maillol waren seine Vorbilder. Der jüdische Galerist Alfred Flechtheim hatte sein Talent erkannt und angefangen, ihn zu vermarkten. Doch das alles zählte nicht mehr.

    Brekers Rechnung ging auf. 1936 beteiligte er sich am Wettbewerb für das Skulpturenprogramm für das Reichssportfeld in Berlin. Seine Plastik „Zehnkämpfer“ gewann nicht nur eine Medaille, sondern vor allem die Sympathien Hitlers, der sie ankaufte. Brekers Weg zum „Michelangelo des ,Dritten Reichs'“ war gemacht. Seine heroischen, den „arischen“ Herrenmenschen feiernden Plastiken wurden neben der gigantomanischen Architektur Albert Speers zum Sinnbild seelenloser NS-Kunst. Als der alte Freund Carl Grossberg das Ehepaar Breker wiedersah, klagte er: „Brekers haben buchstäblich den Größenwahn gekriegt. Eine vollständige Verwandlung.“

    Anhand neuer Dokumente zeigt Trimborn auf, wie sehr Breker auch materiell von seinem Aufstieg profitierte. Mehrere Häuser, die teilweise in jüdischem Besitz gewesen waren, kamen in seine Hand. So riss sich Breker unter anderem das prachtvolle Pariser Penthouse der berühmten Kosmetikunternehmerin Helena Rubinstein unter den Nagel, die Jüdin war. Obwohl sich Breker nach dem Krieg in seinem Entnazifizierungsverfahren rühmte, vielen Juden geholfen zu haben, kommt Trimborn zu anderen Ergebnissen. Für Betty Flechtheim, Witwe seines ehemaligen Galeristen, setzte er sich ebenso wenig ein wie für Martha Liebermann, Witwe seines gestorbenen Freundes Max Liebermann. Die beiden alten Damen begingen vor ihrer Deportation Suizid. Breker erklärte nach dem Krieg: „Aber ich habe nichts zu bedauern, nichts zu bereuen, nichts hinzuzufügen.“

    Wie ein Chamäleon

    Bleibt die Frage nach der künstlerischen Einschätzung seines Werks. War Breker nun ein „überragender Künstler von europäischem Format“, wie seine Anhänger auch heute noch meinen, oder nur ein „begabter Handwerker“? Trimborn tendiert zu Letzterem. Breker sei zwar ein hochbegabter Bildhauer gewesen, doch habe er wie ein Chamäleon unterschiedliche, teilweise gegensätzliche Impulse aufgegriffen. In seiner künstlerischen Entwicklung noch ein Suchender, habe er sich schließlich zum „willfährigen Produzenten brauner Gesinnungskunst“ gemacht. An dieser Stelle allerdings hätte man sich noch eine gründlichere kunsthistorische Einordnung von Brekers Werk gewünscht. Insgesamt ist Trimborn ein fundiertes Buch gelungen. Er urteilt oft harsch, aber zumindest kann er seine Ansichten gut belegen.

    Jürgen Trimborn: Arno Breker. Der Künstler und die Macht. Die Biographie (Aufbau Verlag, 712 Seiten, 29,99 Euro)

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