Sie sind das witzigste Ermittlerduo im deutschen Fernsehen: Der maulfaule Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und der schnöselige Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) machen (fast) jeden „Tatort“ aus Münster zur hinreißenden Krimikomödie – das schräge Gespann lässt die Zuschauerzahlen regelmäßig auf Rekordhöhe klettern. Am Sonntag, 18. September, läuft der 20. Fall der beiden Ermittler, die in der Folge „Tatort: Zwischen den Ohren“ (20.15 Uhr, ARD) im Rausch sogar die gegenseitigen Animositäten vergessen – nur vorübergehend, versteht sich. Die beiden Hauptdarsteller sind privat befreundet, und nach Jan Josef Liefers geht jetzt auch Axel Prahl unter die Musiker: Im November veröffentlicht der 51-Jährige sein erstes Album mit selbst komponierten Liedern. Ein Gespräch mit Prahl über seinen Partner Liefers, Lachkrämpfe vor der Kamera und den FC St. Pauli.
Frage: Der „Tatort“ aus Münster ist Kult. 11,8 Millionen Zuschauer sahen den letzten Fall. Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Axel Prahl: Vielleicht spüren die Zuschauer ja die große Spielfreude, die alle Beteiligten haben und die unsere Filme so unterhaltsam macht. Mit unserer humoristischen Variante des „Tatorts“ haben wir sehr fruchtbaren Boden vorgefunden – dass wir das Ganze einfach nicht so bierernst nehmen. Ich fand auch schon früher immer, dass selbst ein ernsthafter Krimi mit dem realen Polizeidienst überhaupt nichts zu tun hat und dass es geradezu zynisch ist, etwas anderes zu behaupten. Daher war ich sehr glücklich, dass wir bei unserem „Tatort“ von vornherein klar gemacht haben: Das ist ein Unterhaltungsprodukt und hat mit der Realität nur am Rande zu tun.
Haben Sie keine Angst, dass das Ganze irgendwann zu albern wird? Neben den Ermittlern gibt es ja weitere komische Figuren wie Thiels kiffenden Vater oder Boernes Assistentin, genannt Alberich, die alle ständig von einer kuriosen Situation in die nächste stolpern.
Prahl: Für die Drehbuchautoren ist es dadurch natürlich schwierig, sie müssen Krücken finden, um das alles in jedem Krimi zusammenzubringen. Da hilft uns das – in Anführungszeichen – Provinzielle von Münster, da laufen sich die Leute eben öfter über den Weg. Aber ich könnte mir sogar vorstellen, dass man die Unterhaltungsschraube noch ein bisschen weiterdreht. Und ich habe von Anfang an gesagt: Wenn eine dieser Figuren aussteigt, ist das Ding für uns erledigt.
Haben Sie sich denn schon mal Gedanken darüber gemacht, wie das Ende für Kommissar Thiel und Professor Boerne aussehen soll – und wann?
Prahl: Natürlich denken wir auch über einen würdigen Abgang nach. Wann der aber sein wird, das kann ich jetzt noch nicht sagen. Für das Finale gibt es jedenfalls mannigfaltige Möglichkeiten.
Biegen Sie und Ihre Kollegen sich bei den Dreharbeiten eigentlich vor Lachen, weil die Dialoge oft so witzig sind?
Prahl: Natürlich brechen wir manchmal zusammen vor Lachen. Es gab eine Szene, in der die Uhr von Professor Boerne im Briefkasten gelandet war und wir gemeinsam versuchten, sie wieder rauszuholen – das mussten wir ein paar Mal drehen. Lustigerweise sind es aber oft die ganz ernsten Momente, die uns Schwierigkeiten machen. Eine sehr traurige Szene mit einer leicht verrückten Frau mussten wir bestimmt 13, 14 Mal drehen, weil immer einer anfing zu lachen, irgendwie kam uns die Situation komisch vor. Manche witzigen Details stehen vorher nicht im Drehbuch, sondern fallen Jan und mir ein, wenn wir abends beim Bierchen den Text für den kommenden Tag durchgehen. Das lassen wir dann miteinfließen, und normalerweise sind die Regisseure ganz dankbar dafür.
Sie und Liefers vertragen sich demzufolge besser als Thiel und Boerne?
Prahl: Wir lieben uns innig! Leider haben wir neben den „Tatorten“ wenig Zeit, uns zu treffen – er hatte mich neulich zu seinem Geburtstag eingeladen, aber da konnte ich nicht. Ich mag ihn schon sehr gerne, während sich Thiel und Boerne dagegen auf eine sehr spezielle Art lieben. Das ist ja mehr so „Das seltsame Paar“. Im 20. Fall trinken sie zwar Brüderschaft und duzen sich für einen Abend, aber nur aus einer Laune des Rausches heraus.
Am nächsten Morgen wachen die zwei verkatert auf, alles ist wie zuvor, und sie sind wieder per Sie. Werden sich die beiden denn jemals auf Dauer duzen?
Prahl: Keinesfalls!
Sind Sie auch ein derart leidenschaftlicher Fan des Hamburger Fußballclubs FC St. Pauli wie Kommissar Thiel?
Prahl: Ich denke schon. Auf jeden Fall würde ich mich als großen Sympathisanten bezeichnen. Aber Fan-Fanatismus liegt mir völlig fern. Das hat mir auch gar nicht geschmeckt, als St. Pauli in die Erste Liga aufgestiegen ist: Die Fanstruktur hat sich geändert, lang gediente Anhänger haben keine Karten mehr gekriegt, weil es so einen Run auf die Tickets gab, beim Stadtderby gegen den HSV gab es Zusammenstöße zwischen den Fans. Das ist jetzt Gott sei Dank wieder entspannter, weil sie wieder in der Zweiten Liga spielen.
Sie sind froh, dass Ihr Verein abgestiegen ist?
Prahl: Ach, es macht doch viel mehr Spaß, die Bayern sozusagen aus dem Keller heraus mit 3:0 plattzumachen. Ich selber spiele auch lieber Zweite Liga.
Es macht Ihnen also nichts aus, dass Ihr Kommissar Thiel neben dem schillernden, schrulligen Gerichtsmediziner Boerne eher die zweite Geige spielt?
Prahl: Ich mag das bei Kommissar Frank Thiel, dass seine Pointen mehr so aus der kalten Küche kommen – zack. Prinzipiell kann ich mir zwar schon vorstellen, auch mal eine schillernde Figur zu verkörpern. Aber es ist nicht so, dass ich die ganze Zeit denke: Ach, ich würde viel lieber die Rolle vom Jan spielen.
Axel Prahl
Der Schauspieler, geboren am 26. März 1960 in Eutin (seine Mutter war Verkäuferin, der Stiefvater arbeitete auf dem Arbeitsamt), brach eine Ausbildung in einem Metallberuf nach einem Jahr ab, machte sein Fachabitur nach und studierte fünf Semester Musik und Mathematik in Kiel. Von 1982 bis '85 absolvierte er ein Schauspielstudium in Kiel. Sein TV-Debüt gab Prahl 1994 in der Krimireihe „Bella Block“. Er wurde mit diversen Preisen geehrt, darunter zweimal mit dem Adolf-Grimme-Preis. Seit 2002 ermittelt er im „Tatort“ neben Jan Josef Liefers. Prahl hat drei Töchter und einen Sohn. Er lebt geschieden von seiner zweiten Ehefrau in Berlin.