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Würzburg: Bockshorn: Sittenstrolch begeistert todesmutige Glückspilz*innen

Würzburg

Bockshorn: Sittenstrolch begeistert todesmutige Glückspilz*innen

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    Hat da einer das mit der Maskenpflicht nicht richtig verstanden? Mathias Tretter im Bockshorn.
    Hat da einer das mit der Maskenpflicht nicht richtig verstanden? Mathias Tretter im Bockshorn. Foto: Fabian Gebert

    Ups! Hat der Mann das mit der Maskenpflicht falsch verstanden? Vom Haaransatz bis auf Höhe Nasenspitze ist sein Gesicht von einer hässlichen Larve verdeckt, der Mund bleibt frei. Gut so. Denn Mathias Tretter, der als der Mann mit der Maske sein neues Soloprogramm „Sittenstrolch“ einleitet, hat einiges zu erzählen.

    Vor lockeren Zuschauerreihen im ausverkauften Würzburger Bockshorn plaudert, spöttelt, lästert er und weiht die „todesmutigen“ – wegen der Pandemie, nicht wegen seiner Texte – Kabarett-Gänger in die relevanten Themen unserer immer undurchschaubarer werdenden Welt ein. Der Wahl-Leipziger mit Würzburger Wurzeln spannt den Bogen von der Inquisition bis zur Inkubation, von der Pest bis zum politischen Journalismus, gleitet mühelos von der Paartherapie zum – teils anstrengenden – Philosophieren mit (dem von ihm selbst gespielten) Ansgar, seinem Kumpel seit Jugendtagen.

    Unterhalten und Botschaften unters Volk bringen, er kann’s. Seine geschliffenen Pointen ziehen sich durch den ganzen (gefühlt kurzen) gut eineinhalbstündigen Auftritt. Gelächter im Saal reißt ihn zwar hin und wieder aus dem Text, doch mit Publikumshilfe („Wo war ich?“) findet der inzwischen angegraute scharfsinnige Sprachanalytiker souverän wieder zurück.

    Programmierer können zwar die Software schreiben – aber im Bett zählt Hardware

     Ansgar, der gechillte Doktor der Philosophie mit wenig imposanter Karriere als Uni-Hausmeister und -Dozent mit Sechzehntel-Stelle, hat seine neue Liebste per Internet kennengelernt und will sie nach zweimaligem Treffen heiraten. So kommt Tretter zu Dating-Portalen und Künstlicher Intelligenz. Letztere sei, was das Steuern von Geschlechtsleben betrifft, „blöd“. Behauptet er. Programmierer könnten zwar die Software schreiben – „aber im Bett zählt Hardware“.

    Was Tretter in diesem Zusammenhang wundert: Die Leute heute optimieren zwar ihren Körper, immer mehr begeben sich aber freiwillig ins Zölibat beziehungsweise gleich nach dem Kennenlernen in die Paartherapie.

    Das lässt den Germanisten rübergleiten zu den allgegenwärtigen (eingebildeten) Problemen und Verletzungen. Zur Wehleidigkeit, die anstelle früherer Würde herrscht.  Zum Versuch, eine Hochzeitsrede für Freund Ansgar in gendergerechter Sprache („liebe Glückspilz*innen“) vorzubereiten. Der „alte weiße Mann“, der sich über „Mikroaggressionen“ lustig macht, der „nichts gegen Transsexuelle hat, aber…“ Der Kindheits- und Jugenderinnerungen aufleben lässt, er scheitert an dieser „Vergewaltigung der Sprache“. Und erntet mit diesem Abschluss begeisterten Applaus.

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