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ENTENHAUSEN: Daniel Düsentrieb: Der gescheiterte Gutmensch

ENTENHAUSEN

Daniel Düsentrieb: Der gescheiterte Gutmensch

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    65 Jahre Weltverbesserung: Daniel Düsentrieb samt Helferlein in der Werkstatt (Szene im Erika-Fuchs-Museum Schwarzenbach an der Saale).
    65 Jahre Weltverbesserung: Daniel Düsentrieb samt Helferlein in der Werkstatt (Szene im Erika-Fuchs-Museum Schwarzenbach an der Saale). Foto: Foto: Ralph Heringlehner

    Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“, sei er, behauptet Mephisto. Bei Daniel Düsentrieb ist es umgekehrt. Er will stets das Gute und schafft doch – zwar nicht das Böse, aber das gut Gemeinte. Denn das ist, laut Tucholsky (oder Kästner oder Brecht), das eigentliche Gegenteil des Guten. Der geniale Erfinder aus Entenhausen tauchte erstmals vor 65 Jahren in einem Comic auf. Carl Barks, Großmeister des Duck-Universums, hat im Mai 1952 in nur fünf Bildern der Geschichte „Gladstone's terrible Secret“ die Grundzüge von Düsentriebs Gutmenschen-Charakter festgelegt: Er will die Welt verbessern – in diesem Fall durch die Erfindung des butterlosen Butterbrotes.

    1971 treibt Barks-Kollege Tony Strobl Düsentriebs Gutmenschentum in „Der Friedensstrahl“ auf die Spitze. Düsentrieb grübelt: Die Nutzung einer Maschine, die Menschen zwingt, die Wahrheit zu sagen, „haben mir die Politiker gesetzlich verboten. Ich frag' mich, warum“.

    Also baut er den Apparat um. Zu einem Gerät, dessen Strahlen „den Standpunkt des Gegenübers verstehen lassen. Und damit entfällt der Grund für jeden Streit“, träumt der Ingenieur. Ein bisserl weltfremd, an Profit nicht interessiert, Hauptsache Weltverbesserung – typisch Gutmensch.

    Der „Friedensstrahl“ im Einsatz

    Düsentrieb probiert den famosen Apparat an den Konkurrenten Dagobert Duck und Klaas Klever aus. Die zoffen sich, wie üblich: Duck beschimpft Klever als „Verschwender“, Klever beschimpft Duck als „Geizkragen“. Düsentrieb richtet – „Bzzzz!“ – den „Friedensstrahl“ auf die Streithähne. Nun schimpft Duck „Geizkragen“ und Klever brüllt „Verschwender“. Jeder versetzt sich in die Lage des anderen. Gestritten wird trotzdem.

    Der Ingeniör, dem bekanntlich „nichts zu schwör“ ist, geht noch einmal mit dem Schraubendreher an seine Erfindung. Nach erneuter Bestrahlung streiten Duck und Klever zwar nicht mehr. Doch nun verbünden sich die beiden Großkapitalisten. Die Folgen von derart geballter finanzieller Macht sind auch nicht im Sinne des Erfinders . . .

    Letztlich zerstört Düsentrieb seine Erfindung mit dem Holzhammer und sprechblast zu seinem Mini-Roboter: „Helferlein, wenn ich jemals wieder die Welt verbessern will, erinnere mich bitte daran, dass es sinnlos ist.“

    Der Gutmensch ist gescheitert. Und er weiß, dass er zum Scheitern verurteilt ist. Dennoch wird er – wie aus einem inneren Zwang heraus – immer wieder versuchen, die Welt zu verbessern. Daniel Düsentrieb hat beim Versuch, einen Toaster zu verbessern, ein Weißbrot auf den Mond geschossen, hat das Problem gelöst, wie sich Bockwurst mit Brötchen essen lässt, ohne dass Senf kleckert, hat in bester Absicht eine Glühbirne erfunden, die helle Räume dunkel macht. Und und und . . .

    Wer andauernd scheitert und doch nicht aufgibt, hat in unserer Gesellschaft, die auf Sieger fixiert ist, schnell den Ruf weg, eine Nervensäge zu sein. Deshalb wird das Wort „Gutmensch“ heute meist in negativem Sinn gebraucht, ist beinahe zum Schimpfwort verkommen. Dabei liegt es nicht am Gutmenschen, dass er scheitert. Es liegt an der Unvernunft der Menschheit. Nicht der Gutmensch ist das Problem, sondern die Welt, in der er sich bewegt. Womöglich gilt das nicht nur für Entenhausen.

    Zum 65. Düsentrieb-Geburtstag hat Egmont Ehapa einen Sonderband in der Reihe „Enten-Edition“ herausgebracht mit elf jüngeren Geschichten, leider aber keinem einzigen Klassiker.

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