„Würzburg – Provinz auf Weltniveau.“ Mit diesem Slogan, den die gemeinnützige Würzburg AG, die Regionalmarketing betreibt, erfunden hat, soll Reklame gemacht werden für die Domstadt. Frank-Markus Barwasser ist gebürtiger Würzburger. Der vielfach preisgekrönte Kabarettist, der am 16. Februar 49 wird, lebt in Würzburg und in München. Im Gespräch erklärt Barwasser, warum ihm dieser Slogan „ein bisschen peinlich ist“ – und was sein Erwin Pelzig dazu sagt.
Frage: Waren Sie sich schon immer bewusst, dass Sie aus der Provinz kommen?
Frank-Markus Barwasser: Ja, aber für mich war das nie ein Problem, ich habe mir da keine großen Gedanken drüber gemacht. Kant ist, soweit ich weiß, nie aus Königsberg rausgekommen und war trotzdem nicht gerade provinziell im Denken.
„Provinz auf Weltniveau“ heißt doch genau betrachtet: Es handelt sich um eine der provinziellsten aller Provinzen.
Barwasser: Na ja, man ahnt schon, was sie meinen, dass sie es genau so eben nicht meinen. Aber ahnen reicht halt nicht. Der Begriff Provinz ist einfach nicht positiv besetzt. Insofern klingt's dämlich. Jedenfalls haben alle Menschen, denen ich davon erzählt habe, schallend gelacht. Ich habe es ja auch für einen Scherz gehalten, als ich es das erste Mal gehört habe. Haben wir es nötig, unsere Provinzialität in irgendeinerweise zu rechtfertigen? Ich glaube nicht. Ein bisschen ist mir dieser Slogan auch peinlich.
Wollte man freundlich sein, könnte man sagen: Würzburg zeigt so selbstbewusst seine Fähigkeit zur Selbstironie.
Barwasser: Die transportiert sich aber nicht. Es gibt ja diesen Baden-Württemberg-Slogan: „Wir können alles – außer Hochdeutsch.“ Dahinter steckt viel Selbstbewusstsein, und gleichzeitig ironisiert man den Dialekt sehr stark. Da ist eine gewisse Selbstironie zu erkennen. Damit erhebt sich derjenige, der das sagt, über Vorurteil und Klischee. Bei „Provinz auf Weltniveau“ finde ich nicht die geringste Selbstironie. Und wenn ich dann in dem Konzept sehe, was sie vorhaben als Merchandising-Produkte . . . gehäkelte Laptoptaschen! Da fasse ich mir an den Kopf.
Die Erfinder sagen: Würzburg ist Wissenschaft, ist Kultur, ist Gesundheit. Diese Kombination sei in kaum einer anderen Stadt der Welt auf so kleinem Raum verdichtet und mache die Stadt damit unverwechselbar.
Barwasser: Dann sollen sie das halt auch bitte zum Ausdruck bringen. Ich find's nicht provokant, ich find's nicht originell, ich find's auch nicht ironisch. Ich find's einfach nur bescheuert.
„Was soll Weltniveau überhaupt bedeuten?“
Frank-Markus Barwasser
Dem Oberbürgermeister gefällt der Slogan.
Barwasser (lacht): Ach so. Dann ist ja alles in Ordnung.
Früher wurde für Ihre Heimatstadt mit „Weinfass an der Autobahn“ geworben.
Barwasser: Ja, genau, das hätte man verbinden können. Der Hartmut würde sagen: „Provinz auf Autobahnniveau.“ Aber da käme ihm Pelzig in die Quere, der sagen würde: „Des geht net. Die Autobahn liegt höher.“ Vielleicht wäre ja auch „Provinz mit Autobahn“ gegangen.
Es wird noch überlegt, mit dem Slogan eine große Werbekampagne zu starten. Offenbar fehlt dafür momentan Geld.
Barwasser: Was bei dem Slogan garantiert der Fall sein wird: Alle werden hingucken. Nur was dann passiert, das wage ich nicht zu prophezeien (lacht).
Worin besteht denn das Weltniveau Ihrer Heimatstadt?
Barwasser: Weltniveau? Was ist das überhaupt? Es gab in Würzburg ein paar Forscher und Künstler, die in der Welt berühmt geworden sind. Okay. Und jetzt verweist man halt auf diese weltberühmten Menschen, die diese Stadt hervorgebracht hat, wie jede Stadt irgendwie irgendwann mal jemanden hervorgebracht hat. Und dann haben wir noch Dirk Nowitzki und Waltraud Meier, da kann man wirklich sagen: Weltniveau. Aber was soll Weltniveau überhaupt bedeuten? Hinter dem Spruch steckt doch nur wieder ein großer Minderwertigkeitskomplex.