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BERLIN/SCHWEINFURT: Exklusiv-Interview mit Florian Martens: Der Kommissar vom Bau

BERLIN/SCHWEINFURT

Exklusiv-Interview mit Florian Martens: Der Kommissar vom Bau

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    Florian Martens: „In meiner Branche auf dem Bau wusste man gar nichts davon, dass man Schauspiel studieren kann.“
    Florian Martens: „In meiner Branche auf dem Bau wusste man gar nichts davon, dass man Schauspiel studieren kann.“ Foto: Fotos: dpa

    Am 2. Mai gastiert Martens mit der Komödie „Das Ende vom Anfang“ im Schweinfurter Theater. Ein Gespräch mit Martens über Krimis und das Studentensein.

    Frage: Die Schauspielerei liegt bei Ihnen in der Familie. Sie haben aber erst einmal etwas völlig anderes gelernt – Baumaschinist. Wie kam das?

    Florian Martens: Ich hatte eigentlich einen ganz anderen Berufswunsch. Ich wollte Rennreiter werden, Jockey – in meiner Jugend bin ich zehn Jahre lang Rennpferde geritten. Das hatte aber keinen Sinn, weil ich zu groß und zu schwer war. Da ich außerdem kein Abitur und auch keine Lust hatte, länger als zehn Jahre zur Schule zu gehen – das hat mir schon gereicht –, bin ich Baumaschinist geworden. Ich bin auf den Bau gegangen, Planierraupe gefahren, Kran und Schwerlastzüge. Das war okay, aber irgendwann dachte ich mir: Das ist kein Job auf Dauer. Ich wollte nicht mein ganzes Leben Baggerfahrer bleiben. Ich wusste nicht, was es noch gibt, wenn man kein Abitur hat. Mir war aber klar, dass ich aus einer Schauspielerfamilie kam, und ich dachte: Wenn sich da etwas vererbt hat, kann ich es zumindest mal probieren. Dann habe ich es gleich an der renommiertesten Schauspielschule versucht, der Ernst Busch Hochschule in Berlin. Da konnte ich auch ohne Abitur anfangen, obwohl es eine Hochschule war.

    Hat es Sie überrascht, dass das damals auf Anhieb geklappt hat?

    Martens: Schwer zu sagen, das ist 30 Jahre her. Ich wollte ja nie Student werden! Schon der Status eines Studenten hat mich immer genervt – wenn ich hier Leute habe rumlaufen und rumdiskutieren sehen, denen sah man immer auf hundert Meter Entfernung an, dass sie Studenten waren. Da wollte ich eigentlich nicht dazugehören, aber das musste man als Schauspieler. In meiner Branche auf dem Bau wusste man gar nichts davon, dass man Schauspiel studieren kann. Als ich meine Aufnahmeprüfung hatte, war ich beim Tiefbau, fuhr so einen Kipper, einen 24-Tonner, und bekam nicht frei. Ich hatte Frühschicht, und vormittags um zehn war die Prüfung. Also blieb mir nichts anderes übrig, als während der Arbeitszeit hinzufahren. Mit dem schweren Kipper habe ich kaum auf den Schulhof gepasst. Ich war noch in Arbeitsklamotten, hatte eine Schiebermütze auf und Latzhose und Stiefel an. Mit meinem Bart sah ich schon aus wie 30 und habe Romeo vorgespielt, der bei Shakespeare wohlgemerkt 14 ist. Die Prüfer haben sich totgelacht, aber ich habe bestanden. So bin ich Schauspieler geworden.

    Wie war das dann – als Student?

    Martens: Ach, das hat auch Spaß gemacht. Das Studium war eine schöne Zeit, es gab viele Partys. Und ich bekam am Ende gleich ein Engagement an der Volksbühne. Das war sehr selten. Dort habe ich nach ein paar Jahren gekündigt und nur noch gedreht.

    Im Fernsehen haben Sie vor allem Krimis gedreht. Sind Krimis ein Genre, das Ihnen besonders liegt, oder ist das Zufall?

    Martens: Zufall, absoluter Zufall. Als ich 1992 an der Volksbühne kündigte, war ich Anfang 30 und schon ein bisschen bekannt in der Branche. Als ich von meiner Agentur zum Drehen freigeschaltet wurde, hörte das mit den Drehbüchern gar nicht mehr auf. Ich hatte gedacht, ich halte es vielleicht ein Jahr ohne Theater aus, und dann juckt es mich wieder. Aber die Aufgaben, die ich bei Film und Fernsehen hatte, waren gleich interessanter als die, die ich zum Schluss am Theater hatte. Ich konnte mir aussuchen, was ich mache, meine Situation wurde immer komfortabler. Bei den Angeboten war auch „Ein starkes Team“ – das sollte ein einzelner Fernsehfilm sein. Niemand ahnte, dass es mal eine Reihe werden könnte. Der Krimi kam aber gut an, dann haben wir noch einen gedreht und noch einen, und irgendwann, nach Jahren, habe ich plötzlich mitgekriegt: Aha, ich habe hier eine eigene Reihe. Die anderen Angebote blieben erst noch, deswegen habe ich mir überhaupt keinen Kopf gemacht. Erst nach langer Zeit, nach zwölf, 15 Jahren, habe ich die Quittung gekriegt: Ich war als Fernsehgesicht so bekannt geworden, dass die anderen Angebote anfingen, merklich dünner zu werden. Jetzt sind wir schon fast 20 Jahre dabei – aber na ja. Es läuft ja gut.

    Was braucht denn ein richtig guter Krimi?

    Martens: Ein gutes Buch und sehr viel Spannung. Auf jeden Fall ist es überhaupt nicht nötig, wie viele Redakteure denken, dass am Anfang unheimlich viele Leichen rumliegen müssen. Das finde ich immer Quatsch. Aber es ist das gängige Klischee, nach dem sich Redakteure richten, dass die Zuschauer sonst abschalten. Das kann man nachprüfen. In fast jedem Krimi gibt es innerhalb der ersten fünf Minuten einen Mord. Ich habe aber auch schon gute Krimis gesehen, wo überhaupt keiner ums Leben kam. Und für Krimi-Fachleute oder passionierte Krimi-Gucker – zu denen ich nicht gehöre – gehört es auf jeden Fall dazu, dass man wirklich bis zum Schluss nicht weiß, wer es ist, und wenn man es dann weiß, trotzdem noch überrascht ist.

    Gucken Sie gern Krimis?

    Martens: Ich gucke einfach gute Filme gerne, völlig egal, ob das ein Krimi, eine Komödie oder etwas Historisches ist. Da ist das Genre mir relativ egal. Science-Fiction oder Action sind nicht so mein Ding, aber ansonsten kommt es mir auf Qualität an.

    Sie waren auch schon mal der Bösewicht. Mimen Sie lieber den Bösen oder den Guten?

    Martens: Na den Bösen natürlich. Wenn man mir die Rolle eines Kuschel-Arztes in einer Vorabendserie anbietet oder die eines Serienmörders, ist die zweite in der Regel die interessantere Figur. Ich mag Figuren, die am Rand der Gesellschaft stehen – Mörder, Kranke, Gejagte. Das ist spannender als ein Schwiegermutter-Highlight – und liegt mir mehr. Meinen Otto aus „Ein starkes Team“ klammere ich da aber aus. In der Rolle ist extrem viel von mir selbst drin.

    Inwiefern?

    Martens: Es ist die einzige Rolle, in der ich berlinere – sonst mache ich das nur privat. Er sieht auch aus wie ich. Ich ziehe mich nicht um, sondern komme ans Set und kann losdrehen, in meinen Klamotten. Ich laufe privat genauso herum wie Otto, rasiere mich nicht gerne scharf und brauche auch diese Mütze, weil ich eine Glatze habe. Sonst wird mir kalt. Außerdem hat Otto auch diesen Gerechtigkeitssinn und eine gewisse Robustheit. Wir sind beide nicht so wahnsinnig geschmeidig.  

    Florian Martens in Schweinfurt

    Martens, geboren 1958 in Berlin, ist der Sohn der Schauspielerin Ingrid Rentsch und des Schauspielers Wolfgang Kieling. Auch seine Halbschwester Susanne Uhlen ist Schauspielerin. Martens lernte erst Baumaschinist, studierte später aber an der Ernst-Busch-Schauspielhochschule in Berlin. Nach einem Engagement an der Volksbühne war er in vielen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen, spielte in Krimis („Tatort“, „Polizeiruf 110“ etc.) und in Mehrteilern von Dieter Wedel wie „Der Schattenmann“, „Der König von St. Pauli“ oder „Die Affäre Semmeling“. Für seine Rolle im Krimi „Freier Fall“ bekam Martens 1998 den Adolf-Grimme-Preis. Seit zwei Jahrzehnten spielt er an der Seite seiner ehemaligen Lebensgefährtin Maja Maranow den Polizisten Otto Garber in der ZDF-Krimireihe „Ein starkes Team“. Filmangebote lehnte Martens in der Vergangenheit auch schon mal ab, weil sie in die Sommerferien fielen – die Zeit, die er mit seinen schulpflichtigen Kindern verbringen wollte. Am Donnerstag, 2. Mai (19.30 Uhr), gastiert Martens mit der Komödie „Das Ende vom Anfang“ im Theater der Stadt Schweinfurt. In dem Slapstick-Klassiker von Sean O'Casey, eine Inszenierung des Theaters am Kurfürstendamm Berlin, spielt Martens Barry, einen Hobbymusiker, der zu einem Paar kommt, das die klassischen Rollen im Haushalt getauscht hat. Karten gibt es unter Tel. (0 97 21) 51 49 55, Tel. (0 97 21) 51 - 0. Text: JW

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