In den neuen Folgen der lustigen Kultserie „Stromberg“ (ab Dienstag, 8. November, 22.10 Uhr, ProSieben) kehrt der fiese Sprücheklopfer nach seiner kurzzeitigen Verbannung in die Provinz an seine alte Wirkungsstätte in der Zentrale der fiktiven Versicherung „Capitol“ zurück. Der Büroalltag ist dem aus Wuppertal stammenden Christoph Maria Herbst nicht fremd: Bevor er Schauspieler wurde, machte er eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Für „Stromberg“ erhielt der 45-Jährige unter anderem den Grimme-Preis.
Frage: Der in der Serie geschilderte Arbeitsalltag ist zwar skurril, teilweise aber beklemmend realistisch.
Christoph Maria Herbst: Absolut, und genau deshalb gucken sich das manche Menschen auch ganz gezielt nicht an, wie ich aus Gesprächen mit Freunden und Bekannten weiß. Die sagen mir: „Oh Gott, genauso so sieht's bei mir im Büro aus, das kann ich mir abends nicht auch noch im Fernsehen reinziehen.“ Die humorige Ebene von „Stromberg“ erschließt sich denen einfach nicht. Wir haben zwar eine ganze Menge Fans, die Quoten sind okay, aber wir könnten wahrscheinlich mehr Zuschauer haben, wenn wir das im Stile einer klassischen Sitcom von der Stange drehen würden.
Aber dann wäre es ja nicht mehr „Stromberg“, sondern eine x-beliebige Sitcom, wie es viele im Fernsehen gibt.
Herbst: Stimmt, deshalb machen wir das ja auch nicht. Wir wollen unsere Fans nicht verprellen. Ich sage mal, der durchschnittliche „Stromberg“-Fan ist überdurchschnittlich intelligent und verfügt über ein großes Potenzial an Selbstironie. Wir haben schon die richtigen Zuschauer, und ProSieben ist ja auch nie abgerückt von dieser ungewöhnlichen, schrägen Serie. Dafür gebührt dem Sender ein dickes Lob, finde ich.
Als Stromberg dürfen Sie so richtig die Sau rauslassen. Das macht Spaß, oder?
Herbst: Ja, klar. Der Stromberg ist herrlich politisch unkorrekt, ein fleischgewordener Stammtisch, wenn Sie so wollen. Sprüche wie „Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich respektiere Frauen – als Idee“, um mal meinen Lieblingssatz aus der neuen Staffel zu zitieren, kämen mir als Christoph Maria Herbst allerdings nie über die Lippen. Ich habe zwar auch ein krankes Hirn, aber für solche Sätze ist es nicht krank genug (lacht).
Ertappen Sie sich manchmal nicht doch dabei, dass Sie Stromberg insgeheim recht geben?
Herbst: Nein, Gott sei Dank ist das noch nicht passiert. Manchmal entschuldige ich mich vor einer Szene bei einem Schauspielkollegen oder einer Kollegin sogar für das, was ich als Stromberg gleich tun oder sagen muss. Aber wenn es denn so im Drehbuch steht, dann muss man es halt auch so machen. Ich schlüpfe nach den Dreharbeiten aber wieder ganz schnell raus aus der Rolle.
Drehen Sie in einem richtigen Büro?
Herbst: Durchaus, wir drehen nicht in einem sterilen Studio, sondern regelrecht on location, also in einem ganz realen Gewerbegebiet in Köln. Wenn wir da aus dem Fenster gucken, sehen wir echte Menschen mit echten Schlipsen in echten Anzügen, die einer echten volkswirtschaftlichen Arbeit nachgehen. Wenn wir in die Büros im gegenüberliegenden Gebäude schauen, dann laufen da lauter kleine Strombergs rum (lacht). Man winkt sich dann so zu, die wissen ja alle, dass wir die Gaukler bei der Arbeit sind. Das ist schon sehr lustig.
Sind Sie froh, dass Sie nicht in deren Haut stecken?
Herbst: Allerdings, und umgekehrt möglicherweise ja auch, wer weiß (lacht). Ich kenne den Arbeitsalltag dieser Leute sehr gut, ich habe ja in den achtziger Jahren bei einem großen deutschen Kreditinstitut eine Banklehre gemacht, bevor ich Schauspieler geworden bin. Ich weiß sehr genau, wie die Strukturen in einem Büro sind, wie das da abläuft. Ich hatte unfassbare Charakterschweine als Vorgesetzte, bei denen sind Auszubildende weinend zusammengebrochen, das waren nahezu traumatische Erfahrungen. Einer meiner Chefs sah genau aus wie Stromberg – gerade der war aber charakterlich einwandfrei. Lustig, oder?
Gibt es etwas, das Sie an Stromberg mögen?
Herbst: Oh ja, dass er sich nicht unterkriegen lässt und immer wieder auf die Beine kommt zum Beispiel. Als Schauspieler mag ich den Facettenreichtum der Figur: Er ist nicht nur ein ausgemachtes Ekel, sondern im Grunde ein ganz armer, einsamer Knochen, ein einziger Schrei nach Liebe, wenn Sie so wollen. Eigentlich ein tragikomischer Charakter, das ist natürlich für jeden Schauspieler eine Steilvorlage. Die Figur ist eben nicht eindimensional, kein Abziehbild, nicht ausschließlich schlecht.
Würden Sie mit ihm ein Bier trinken gehen?
Herbst: Nicht zwingend, und wenn, dann nur aus dem egoistischen Grund, ihn als Studienobjekt zu missbrauchen. Als Kumpel käme er aber definitiv nicht in Frage. Ich vermute, er wäre sowieso nur im halbangetrunkenen Zustand einigermaßen erträglich. Ich glaube, dass man spontan duschen möchte, nachdem er einem die Hand gegeben hat.
In den neuen Folgen macht er einen Schritt auf der Karriereleiter nach oben. Wird er jetzt noch unerträglicher?
Herbst: Er bleibt im selben Maße unerträglich, wie er es bisher war. Und nicht zu vergessen: „Wenn die Karriere abgeht wie ne nasse Tapete, dann lockt das auch die Weiber an“, wie Bernd Stromberg in seiner unnachahmlichen Art zu sagen pflegt.
Gibt es denn Zuschauerinnen, die Stromberg attraktiv finden?
Herbst: Allerdings, ich kriege oft E-Mails von Frauen, in denen steht „Ich finde den Stromberg unheimlich sexy“. Man möchte es nicht glauben, aber es ist wirklich wahr.