Rolf Sachs ist ganz fasziniert. Die Fotowand im Eingangsbereich der Kunsthalle mit über 100 Fotografien in schwarz-weiß und Farbe mit Bildern, auf denen sein Vater, seine Familie, und natürlich jede Menge Promis aus Politik, Kunst und Gesellschaft zu sehen sind, lässt ihn nicht los. Hier erkennt er eine Situation, da eine Person. Dann stutzt er. Unten an einem Türrahmen entdeckt der nun in Rom lebende Sohn des bekannten Kunstsammlers und Lebemanns ein Familienfoto, auf dem auch ein kleines Auto für Kinder zu sehen ist. Der Fahrersitz ist leider abgeschnitten. "Mensch, da sitz ich doch drin", erzählt Rolf Sachs und muss lachen.

Die Eröffnung derAusstellung Gunter Sachs – Kamerakunst. Fotografie, Film und Sammlung ist für die Familie Sachs natürlich etwas Besonderes. Auch heute noch, obwohl man den Rummel nach dem großen Erfolg der ersten Sachs-Ausstellung 2013 mit Bildern aus Gunter Sachs' bekannter Kunstsammlung mit 65 000 Besuchern gewöhnt sein müsste. Die 170 Werke der neuen Ausstellung sind in jenem Gebäude zu sehen, das Rolf Sachs' Urgroßvater, der Industrielle Ernst Sachs, Erfinder der Torpedo-Fahrrad-Freilaufnabe, einstmals als Schwimmbad 1932 der Stadt Schweinfurt schenkte.
Neue Einblicke in das künstlerische Schaffen von Gunter Sachs
Vor genau zehn Jahren wurde statt der Schwimmhalle die Kunsthalle eröffnet, die sich nun wieder zu ihrem Jubiläum ihrer Wurzeln erinnert. Dieses Mal mit einem neuen Fokus auf den Künstler Gunter Sachs. Dank der Zusammenarbeit mit dem Institut für Kulturaustausch in Tübingen gibt es nun erstaunliche neue Einblicke in die Gedankenwelt eines aufgrund seines Rufes als Playboy in einer völlig falschen Schublade steckenden Gunter Sachs, der weit mehr war als Kunstsammler und Mäzen, sondern auch selbst ein veritabler Fotograf und Filmemacher.

Das Besondere dieser in dieser Form noch nie zu sehenden Ausstellung, ist das gekonnte Verweben der von Gunter Sachs gesammelten Werke anerkannter Fotografen wie Richard Avedon, Irving Penn, Andreas Feininger oder auch Andy Warhols fotografisches Werk mit seinen eigenen fotografischen Arbeiten. Die Einflüsse auf sein fotografisches Arbeiten aus seiner Kunstsammlung heraus sind klar zu sehen. Und doch ist Sachs kein Kopist, sondern insbesondere in seiner Naturfotografie und seinen freien Kompositionen jemand, der eigene Wege geht, Grenzen testet.

Die Ausstellungsmacher orientierten sich bewusst an den klassischen fotografischen Sujets wie Akt/Erotik, Natur/Landschaft oder Portrait. Wenn Sachs seine Arbeiten frei komponierte, dann meist stark beeinflusst von surrealistischen Werken, aber auch der Pop-Art seines Freundes Andy Warhol, den er 1972 als Inhaber einer Kunstgalerie in Hamburg als einer der ersten europäischen Galeristen ausstellte.

Große Halle als gestalterischer Höhepunkt der Ausstellung
Wieder einmal einer der Höhepunkte ist die Gestaltung der Großen Halle der Kunsthalle, die im übrigen für Gunter Sachs ihr komplettes Erdgeschoss freiräumte. Überdimensionale Wände hängen von der über zehn Meter hohen Decke frei im Raum, darauf großformatige Fotografien von Gunter Sachs. Ein beeindruckendes Ensemble, das Schaffenskraft, Esprit und Können dieses Fotografen wie unter einem Brennglas zeigt und dazu in angenehmer Zurückhaltung die entsprechenden Inspirationsquellen kontrastiert.

Gerade in der Großen Halle ist die ganze Bandbreite zu sehen. Natürlich dürfen Werke wie "Die vier Jahreszeiten" mit Gunter Sachs' in Szene gesetztem Lieblingsmodell Claudia Schiffer nicht fehlen, wie acht im Warhol-Style gehaltene Schiffer-Portraits. Gezeigt werden auch Fotos in Anlehnung an Yves Kleins "Anthropometrie", in denen Sachs die Momente festhält, wie sein nacktes Modell mit einem Schwall Yves-Klein-Blau übergossen wird.

Fast vergessen, aber ein Kleinod des für seine Arbeiten mehrfach ausgezeichneten Gunter Sachs, sind seine Filme. Fünf Dokumentarfilme gibt es, sie wurden auf museumstaugliche 30 Minuten gekürzt und sollten immer Teil eines Rundgangs sein. Gerade hier sieht man, dass der 2011 gestorbene Gunter Sachs weit mehr als ein Lebemann war, für den man ihn, oberflächlich betrachtet, hielt.
Gunter Sachs – Kamerakunst. Fotografie, Film und Sammlung. 15. März bis 16. Juni, Kunsthalle Schweinfurt (Erdgeschoss und Große Halle). Weiterer Ausstellungsort: Sparkassengalerie.
Öffnungszeiten Kunsthalle: Dienstag bis Sonntag 10 bis 17 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr. Jeder erste Donnerstag im Monat Eintritt frei. Eintritt 9 Euro/ermäßigt 7. Freier Eintritt für Kinder und Jugendliche unter 18.
Öffnungszeiten Sparkassengalerie: Montag bis Donnerstag 8.30 bis 18 Uhr, Freitag, 8.30 bis 16.30 Uhr, Eintritt frei.
Führungen buchbar unter info@kunsthalle-schweinfurt.de oder (0 97 21) 51 47 44. Öffentliche Führungen jeweils Donnerstag, 18.15 Uhr, sowie Sonntag, 14.30 Uhr (Kosten 2,50 Euro plus Eintritt). Darüber hinaus werden Themenführungen und Kuratorenführungen angeboten.
Veranstaltungen: „Tischgespräche“: Ein Gespräch mit dem Fotografen Werner Pawlok aus Stuttgart über Gunter Sachs, Fotografie und Film; Donnerstag, 4. April, 19 Uhr.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog: Gunter Sachs – Kamerakunst. Fotografie, Film und Sammlung, hg. Dr. Otto Letze und Maximilian Letze, 248 Seiten, 208 farbige Abbildungen, Hirmer Verlag, ISBN 978-3-7774-3327-1, 34,90 Euro (Sonderpreis im Museumsshop).