„Indiana Jones 4“ scheint wie gemacht für die weitere Verwertung in Vergnügungsparks. Er führt in finstere Höhlen und Schatzkammern voller Spinnweben, es gibt jede Menge schöner Prügelszenen und halsbrecherische Verfolgungsjagden mit Motorrädern und Jeeps. Killer-Ameisen, Treibsand und bedrohliche Wasserfälle gilt es zu überwinden.
All das hat Spielberg so inszeniert, als wäre seit dem „Letzten Kreuzzug“ seines Helden 1989 kaum Zeit und Filmgeschichte vergangen. Natürlich gibt es auch Spezialeffekte und reichlich digital erzeugte Szenen, aber Spielberg und sein Freund und Autor George Lucas stellen ihr technisches Können ganz in den Dienst der Story. „Das ist handfeste Magie, keine digitale Magie“, sagte Spielberg in Cannes, wo das mehr als zwei Stunden lange Abenteuer am Sonntag uraufgeführt wurde. In einem leeren Studio für Computereffekte gebe es für ihn und die Schauspieler keine Inspiration.
In seiner etwas altmodischen Machart verbreitet „Indiana Jones“ leise Nostalgie und unterscheidet sich stark von den innovativen Action-Erfolgen der letzten Jahre. Er bewundere die „Bourne“-Thriller mit Matt Damon, und „Casino Royale“ sei für ihn einer der besten James-Bond-Filme überhaupt, erklärt Spielberg. Aber er wolle sich bewusst von deren Stil der extrem schnellen Montage absetzen, damit das Publikum „überhaupt wahrnehmen kann, was die Bilder zeigen“.
Dazu passt der Körpereinsatz von Harrison Ford, der allen Zweiflern beweist, dass er mit 65 Jahren noch perfekt in die staubigen Indiana-Jones-Kleider passt. „So ist die alte Schule“, meint Ford: „Echte Action, echte Anstrengung, echte Gefühle.“
Doch die Zeit geht auch an „Indy“ nicht vorbei. Die Handlung spielt nicht mehr wie in den ersten drei Teilen in den 30er Jahren mit Nazis als Feinden, sondern 1957 im Kalten Krieg. Petticoats und Heckflossenautos dominieren das Straßenbild in den USA. In der Wüste von Nevada wird eine Atombombe getestet. Und die Bösen sprechen nicht mehr Deutsch, sondern Russisch.
Cate Blanchett als eisige russische Agentin ist zwar unterfordert, gibt aber in schwarzen Stiefeln und mit schwarzem Pagenkopf eine richtig fiese Schurkin ab. Weil sich in den USA zur Zeit der Kommunistenhatz auch der umtriebige Archäologe Jones verdächtig gemacht hat, verliert er seinen Hochschuljob. Also auf in ein neues Abenteuer – nach Peru. Der legendäre Kristallschädel von Akator ist der Schatz, den es zu finden und an seinen Ursprungsort zu bringen gilt. Das Objekt verfügt über besondere Kräfte. Wer beim ersten Blick auf den Schädel mit den großen Augenhöhlen an Außerirdische denkt, wird am Ende bestätigt. Da mixt das Drehbuch eine kräftige Portion „Star Wars“ rein.
Ganz nebenbei findet Mr. Jones auch eine richtige Familie: einen rebellischen Sohn, von dessen Existenz er nichts gewusst hat, und dessen Mutter (Karen Allen), die nach dem ersten Teil („Jäger des verlorenen Schatzes“) zurückkehrt. Schade nur, dass US-Jungstar Shia LaBeouf als Indys Erbe so blass bleibt. Der Hut seines Vaters wäre ihm für einen fünften Teil – falls es denn einen geben sollte – noch viel zu groß.