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Interview mit Udo Wachtveitl: Kommissar Leitmayr und der Krimilantenstadl

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Interview mit Udo Wachtveitl: Kommissar Leitmayr und der Krimilantenstadl

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    Udo Wachtveitl: „Ich würde mir wünschen, dass das Publikum schlechte ,Tatorte‘ mit Quotenverlust bestrafen würde – das hätte eine sehr gute erzieherische Wirkung.“
    Udo Wachtveitl: „Ich würde mir wünschen, dass das Publikum schlechte ,Tatorte‘ mit Quotenverlust bestrafen würde – das hätte eine sehr gute erzieherische Wirkung.“ Foto: Foto: dpa

    Sie sind die fleißigsten „Tatort“-Kommissare, die es je gab: Die Münchner Ermittler Ivo Batic und Franz Leitmayr haben in ihrer langen Dienstzeit mehr Fälle gelöst als jeder andere „Tatort“-Ermittler. Jetzt geht das von Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl gespielte Duo, das 1991 seinen ersten Einsatz hatte, zum 60. Mal auf Gaunerjagd. Die Folge „Tatort: Ein ganz normaler Fall“ (Sonntag, 27. November, 20.15 Uhr, ARD) dreht sich um den gewaltsamen Tod eines jüdischen Geschäftsmannes in München und führt Batic und Leitmayr in die Welt orthodoxer Juden. Aufhören will Udo Wachtveitl (53) auch nach 20 Dienstjahren nicht, über das Ende des „Tatort“-Duos hat sich der in seiner Heimatstadt lebende Münchner aber schon Gedanken gemacht.

    Frage: Wann haben Sie zum letzten Mal ans Aufhören gedacht?

    Udo Wachtveitl: Jedes Mal wenn ich für die Dreharbeiten in der Früh aufstehen muss – ab elf Uhr geht's dann wieder (lacht).

    Im Ernst: Wann soll es zu Ende gehen – und wie?

    Wachtveitl: Also ich habe fürs Ende schon eine gute Idee, die verrate ich natürlich nicht. Leitmayr wird auf keinen Fall erschossen, was Tragisches passt bei uns nicht, sondern es wird einen sehr fröhlichen Ausstieg geben. Aber es gibt keinen konkreten Abschiedstermin – es gibt einfach keinen Grund aufzuhören. Die Sache ist insgesamt gut, die Bücher sind immer wieder gut, und es ist erstaunlich, wie viele Leute mich ansprechen und mir sagen, dass der „Tatort“ so ziemlich das Einzige ist, was man noch schauen kann, und dass sie die Münchner Fälle mögen.

    Ihr erster Einsatz als Leitmayr lief 1991, da waren Sie 32 Jahre alt. Werden Sie wehmütig, wenn Sie sich in den alten Folgen sehen?

    Wachtveitl: Wenn ich sehe, dass ich damals den ein oder anderen Spurt schneller hingelegt habe als heute, werde ich schon wehmütig. Aber auch demütig.

    Wieso?

    Wachtveitl: Ich schaue mir die ersten Folgen sehr kritisch an und denke mir: Meine Güte, wie hab' ich denn damals gespielt? Man freut sich ja als junger Schauspieler, wenn man in die Riege der „Tatort“-Kommissare aufgenommen wird. Und heute sehe ich, dass mein Spiel damals manchmal viel zu angestrengt war, weil man natürlich versucht, diese große Kommissarsjacke auszufüllen.

    Was ist an der Legende dran, Sie und Miroslav Nemec hätten sich beim Vorsprechen in einem Münchner Biergarten für Konkurrenten gehalten?

    Wachtveitl: Die ist wirklich wahr. Damals waren wir vom klassischen Rollenverständnis ausgegangen, dass ein älterer Chef einen jungen Assistenten braucht, und wir dachten, die hätten Miro und mich beide zur selben Zeit in denselben Biergarten eingeladen und wollten vielleicht mal sehen, wer von uns beiden sich da lustiger als Zirkuspferd geriert.

    Das wäre sehr unfein gewesen . . .

    Wachtveitl: Ja, das fand ich unmöglich, das wollte ich eigentlich auch boykottieren. Dass es nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch ging, war nicht bei uns angekommen. Deshalb war die Stimmung anfangs etwas angespannt, bis dann herauskam, wie die Sache tatsächlich lag.

    Und wie dick sind Sie und Miroslav Nemec mittlerweile befreundet?

    Wachtveitl: Unterschiedlich, denn wir sind wirklich ganz verschiedene Typen. Wir sind kein Zwillingspaar, wir verfolgen auch unterschiedliche berufliche Richtlinien. Miro taucht durchaus manchmal in Sachen auf, von denen ich mir wünschen würde, er würde sie nicht machen, Sachen wie seine Gastrolle im „Traumhotel“. Aber wir respektieren und schätzen uns, sonst könnte man das nicht so lange aushalten. Wir sind auch mal zusammen in Urlaub gefahren zu seinen lustigen Tanten nach Kroatien.

    Über das Privatleben der Kommissare Batic und Leitmayr weiß man wenig. Warum ist das so?

    Wachtveitl: Das hat sicher damit zu tun, dass die Kommissare auch Projektionsflächen fürs Publikum sind. Batic und Leitmayr sind eben die einsamen Wölfe, tapfer, aber das Privatleben ist ein bisschen traurig (lacht). Zwei, die sachlich ihren Fall lösen und danach in ihre von einer trüben Energiesparlampe beleuchtete Zweizimmerwohnung gehen – so kann sich das der Zuschauer vorstellen. Aber ist es nicht beim klassischen Kommissar immer so, dass er nur für den Fall auftaucht und dann wieder verschwindet?

    Bei einigen anderen „Tatort“-Teams spielt das Privatleben schon eine größere Rolle, und die Kölner gehen immer zusammen an die Currywurstbude. Waren Batic und Leitmayr je Weißwurst essen?

    Wachtveitl: Ein einziges Mal, glaube ich. Aber getreu unserer Devise: keine Mätzchen, keine erwartbaren Gags, machen wir daraus keine Routinenummer. Um 20.15 Uhr am Sonntag geht es doch darum, dass man eine spannende, gute, plausible Krimigeschichte erzählt. Und wenn es eine gute Krimigeschichte ist, muss man keinen Krimilantenstadl draus machen.

    Vielleicht wollen Sie ja wenigstens mal im „Tatort“ singen? Sie und Miroslav Nemec geben in der Weihnachtszeit regelmäßig Benefizkonzerte, gemeinsam mit Michael Fitz, früher als Carlo der dritte Mann im Münchener „Tatort“.

    Wachtveitl: Der Carlo wird übrigens wiederkommen, für eine einzelne Folge, deren Drehbuch gerade geschrieben wird. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Nein, wir werden nicht singen – diese Nische ist mit Krug und Brauer ja vollauf besetzt.

    Welche anderen „Tatort“-Teams schauen Sie am liebsten?

    Wachtveitl: Ich schaue üblicherweise die „Tagesschau“, und danach bleibe ich manchmal hängen und manchmal nicht. Ich nenne jetzt natürlich keine Namen, aber es gibt einige, da kann ich Ihnen eine Garantie geben, dass ich sie nicht spannend finde. Ich würde mir wünschen, dass das Publikum schlechte „Tatorte“ mit Quotenverlust bestrafen würde – das hätte eine sehr gute erzieherische Wirkung.

    Udo Wachtveitl

    Der Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor, geboren am 21. Oktober 1958 in München, begann seine Karriere in den 1960er Jahren als Kinderdarsteller, unter anderem in „Meister Eder und sein Pumuckl“. Wachtveitl ist künstlerischer Sprecher für Dokumentationen beim Bayerischen Rundfunk. Seit den 1980er Jahren tritt er als Schauspieler in Fernsehfilmen und -serien auf. Bekannt ist er vor allem als Hauptkommissar Franz Leitmayr an der Seite von Miroslav Nemec (und bis 2007 Michael Fitz) in den „Tatort“-Folgen aus München. 1998 führte Wachtveitl für den Südwestrundfunk Regie bei der Verfilmung seines ersten eigenen Drehbuchs („Silberdisteln“) mit Harald Juhnke, Heinz Schubert, Dieter Hildebrandt. 2000 war er Regisseur der Filmkomödie „Krieger und Liebhaber“. Als Synchronsprecher lieh er unter anderem Kevin Bacon („Der Sprung nach oben“), Pierce Brosnan („Death Train“) und der Figur Crush aus „Findet Nemo“ seine Stimme.

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