Fünf, sechs Gespräche sind es, über ein Jahr verteilt. Iris Berben, ihren Hund Paul Berben im Schlepptau, trinkt heiße Schokolade und erzählt dem Journalisten Christoph Amend („Zeitmagazin“) aus ihrem Leben. Das daraus entstandene Buch „Ein Jahr – ein Leben“ ist, auch wenn sie es nicht will, eine Art Autobiografie, in der sie bisweilen tiefe Einblicke in ihr wechselvolles Leben gewährt. Vor allem aber ist es ein wunderbar schwebendes Nachdenken über Sehnsüchte und Lebenslust, Ehrgeiz und Erfolg, Alter und Tod.
Die 62-jährige Schauspielerin („Buddenbrooks“) erklärt auch den Abschied von ihrer langjährigen Paraderolle als Kommissarin „Rosa Roth“. Nach 18 Jahren Laufzeit habe sie das Gefühl, die Figur sei „auserzählt“, sagt sie. „Sie ist Teil meines Lebens und wird es immer bleiben, aber jetzt ist der Zeitpunkt, wo ich mich noch in Frieden von ihr verabschieden kann.“ Ansonsten aber macht die attraktive Großmutter deutlich, dass sie sich noch keineswegs aufs Altenteil zurückziehen will. Voller Leidenschaft berichtet sie von ihrem Amt als Präsidentin der Deutschen Filmakademie, von ihrem Engagement gegen Antisemitismus und Fremdenhass und von ihrer Arbeit vor der Kamera, die sie als ständige Selbstversicherung genießt.
Als Kind musste sie Anerkennung oft entbehren. Die Eltern ließen sich scheiden, als sie vier war. Später geht die Mutter nach Portugal, die Tochter bleibt bei den Großeltern. Nacheinander fliegt sie aus drei Internaten („vorlaut, ungehorsam, Stunde gestört, zu spät zum Beten gekommen“). Ohne Abitur lebt sie mit 18 allein, macht einen Suizidversuch und wird mit 19 ungewollt schwanger. „Oliver war mein Stabilisator, mein Lebensretter“, sagt sie im Rückblick. Dass ihr Sohn Oliver Berben als Geschäftsführer der Constantin Film Produktion inzwischen selbst höchst erfolgreich in der Branche ist und für sie auch beruflich ein wichtiger Partner, macht die Mutter unumwunden stolz. Den Namen des Vaters gibt sie auch im Buch nicht preis – wie sie überhaupt von den Männern in ihrem Leben wenig erzählt. „Ich bin mit Sicherheit niemand für ein geregeltes Leben mit Partner und zu Hause, wissend wer wann da ist“, sagt sie.
Offen und vergnüglich berichtet die vielfach ausgezeichnete Schauspielerin dagegen von vielen Begegnungen mit prominenten Zeitgenossen – von Gerhard Richter bis Jack Nicholson, von Joachim Gauck bis Peer Steinbrück. Bestsellerautor Johannes Mario Simmel schickte ihr jahrelang jede Woche einen Strauß Rosen. Und der 2011 gestorbene Erfolgsproduzent Bernd Eichinger beklagte sich mal: „Oliver hätte mein Sohn sein können, wenn du dich nicht immer so verweigert hättest.“
Inzwischen lebt Berben in Berlin („Ich mag das Unfertige, auch weil es mich an mich erinnert“), ihr Badezimmer sehe mit den vielen „Repair“-Produkten aus wie eine Reparaturwerkstatt, sagt sie. Aber die Freunde nennen sie noch immer Iris Atemlos. Schade nur, dass sie inzwischen öfter als Mutter denn als Liebhaberin besetzt werde, klagt Berben. „Dabei hört doch die Liebe mit 60 nicht auf.“
Als Leser des 268 Seiten langen Frage-Antwort-Spiels wünscht man sich bisweilen, die Geschichte wäre in einem Guss erzählt, ohne die vielen Nachfragen. Sie habe jedoch nie ihre Biografie schreiben wollen, sagte Berben. „Mein Leben ist öffentlich genug.“ Das Gespräch sei ein spannender Prozess für sie gewesen – „als würde man eine Tür aufmachen und einmal reingucken in dieses Leben“.
Iris Berben und Christoph Amend: Ein Jahr – ein Leben. Erinnerungen (Fischer, 268 Seiten, 17,99 Euro)