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MÜNCHEN: Karl der Große zwischen Krieg und Bildung

MÜNCHEN

Karl der Große zwischen Krieg und Bildung

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    Karl der Große zwischen Krieg und Bildung
    Karl der Große zwischen Krieg und Bildung

    Am 28. Januar 2014 ist der 1200. Todestag Karls des Großen. Es ist der Auftakt zu einem Jubiläumsjahr, in dem auf vielfältige Weise an die herausragende Herrschergestalt des Mittelalters erinnert wird. Bereits im Vorfeld würdigen nun zwei Biografien den Kaiser, beide stammen von bedeutenden Mittelalter-Experten. Johannes Fried war Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Frankfurt. Stefan Weinfurter lehrt an der Uni Heidelberg. Beide versuchen eine moderne Annäherung an die historische Persönlichkeit. Bei Fried („Karl der Große. Gewalt und Glaube“) ist daraus ein voluminöses Werk von über 700 Seiten geworden, Weinfurter („Karl der Große. Der heilige Barbar“) kommt mit nicht einmal der Hälfte aus.

    In früherer Zeit wurde Karl der Große (747-814) wie ein Heiliger verehrt, das „Rolandslied“ verklärte den Franken zur mystischen Sagengestalt. Später reklamierten und missbrauchten ihn sowohl Franzosen wie Deutsche als ihren Nationalhelden, um sich der eigenen Identität zu versichern. Was aber kann ein Mensch des 21. Jahrhunderts mit Karl dem Großen anfangen, diesem „heiligen Barbar“? Karl der Große lebte in einem spärlich besiedelten, von dichten Wäldern durchzogenen Europa. Die Kommunikation war langsam, die Technik rudimentär, dafür der Glaube groß: „Die Welt war ruhig. Zeit war nicht kostbar, abgehetzt war niemand, allenfalls ein Flüchtling.“

    Gewalt war allgegenwärtig

    Andererseits war Gewalt allgegenwärtig, auch und gerade für Karl: „Schlachtengetümmel wohin er sah“ (Fried). Karl der Große regierte über vier Jahrzehnte und fast ununterbrochen führte er Kriege. Kriege waren kein schmutziges Geschäft, sondern eine Selbstverständlichkeit.

    Dass der Frankenherrscher mit seinen Feldzügen etwa gegen die Sachsen auch den christlichen Glauben verbreiten wollte, entschuldigt kaum das blutige Gemetzel. Auch mit möglichen Rivalen ging Karl nicht zimperlich um. Bayernherzog Tassilo verurteilte er in einem unschönen Schauprozess, wer aufmuckte, wurde kahl geschoren ins Kloster gesteckt.

    Andererseits zeigen beide Historiker auch sympathische Züge des Herrschers auf. Karl war ein Genussmensch, der gerne mit seinen Getreuen in den warmen Wassern von Aachen badete. In sexuellen Dingen war dieser Freund der Frauen tolerant. Seinen vielen Töchtern, die er am liebsten immer um sich sah, gewährte er freie Entfaltung. Einige lebten in wilder Ehe, was für ihn aber kein Makel war. Sein frommer Sohn Ludwig sah das später ganz anders.

    Karls größte Leistung war seine Bildungsoffensive. In einem Kraftakt gelang es ihm, Wissenschaftler und Kleriker um sich zu scharen, antike Schriften zu retten und die Klöster zu Zentren des Wissenstransfers zu machen. Beide Biografien ähneln sich in ihren Kernaussagen und Wertungen. Weinfurter ist zweifellos das kompaktere Werk gelungen, das sich eher an den Laien wendet, während sich Frieds fundiertes Buch öfters ins Detail verliert.

    Johannes Fried: Karl der Große. Gewalt und Glaube (C.H. Beck, 736 Seiten, 29,95 Euro) Stefan Weinfurter: Karl der Große. Der heilige Barbar (Piper, 352 Seiten, 22,99 Euro)

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