Der Name verspricht Extremes. Extrem ist an dieser Band aber nur eines: Die Qualität ihrer Auftritte ist extrem gut. Die Mittelalter-Metaller In Extremo sind für die rund 2500 Fans in Geiselwind so etwas wie ein vorweihnachtliches Geschenk. Auf den Tag genau ein Jahr nach dem starken Würzburg-Gastspiel bewegen sich die sieben Siegerländer nah an der Perfektion. Ein prima Abschied in die Live-Pause 2013, wenn sie zumindest in Deutschland kein einziges Konzert geben werden.
So haben sich In Extremo noch mal ein paar Freunde eingeladen, sagen auf Wiedersehen im Sechserpack. In Extremo and Friends nennt sich der Abend. Ingrimm, Hämatom, Mono Inc und Fiddler's Green arbeiten grundsolide im Stundentakt die ganze Bandbreite zwischen Mittelalter-Metal, Neuer Deutscher Härte, Gothic-Rock und Folk ab – halt alles, was man so hört, wenn man sich gerne schwarz oder düster-fantasievoll verpackt.
Ein Hauch von Satire
Mittendrin gibt's in Geiselwind nur einen bunten Tupfer, der jedoch so grell ist, dass nur der Kunstbegriff die abenteuerliche Geschmacksverirrung aus Berlin retten kann: Knorkator machen Fun-Metal, sind aber nicht lustig. Eine große Fangemeinde haben sie dennoch. Okay, dass Sänger Stumpen bereits beim zweiten Song – wie immer – nur noch einen blauen Body am begrenzt austrainierten Körper hat, ist geschenkt. Auch, dass den wild tätowierten Rock-Komiker („Mein Ziel ist es, dass alle den Saal verlassen“) nur noch ein kleiner String vor der Nacktheit bewahrt, wäre zu verschmerzen, wenn er singen und sich außerhalb der Fäkalsprache bewegen könnte.
Wenigstens gibt der erheblich talentiertere Keyboarder Alf Ator dem Ganzen einen Hauch von Satire – also doch Kunst? Solchen Zweifeln müssen sich In Extremo nicht stellen. Schnörkellos donnert ihr stampfender Metal, ohne dabei monoton zu werden. Dafür sorgen neben zwei Marktsackpfeifern vor allem der exzellente Drummer Florian Speckardt und Multi-Instrumentalist André Strugalla, besser bekannt als Dr. Pymonte.
Längst haben sich die Siegerländer um Sänger Michael Robert Rhein, genannt „Das letzte Einhorn“, ihr Alleinstellungsmerkmal auf dem wachsenden Mittelaltermarkt erarbeitet: kein schrammeliges Gefiedel, kein 08/15-Rock, aber auch kein zu heftiger Metal, nein, eine ureigene, stimmige Mixtur ist's, getragen von Rheins nicht immer notensicherer, aber einzigartiger Stimme.
Wer mit „Wind“ eröffnet, führt schnell 1:0. Schon bei „Sängerkrieg“ zeigen In Extremo, dass sie die Könige der Pyro-Show sind. Feuerwalzen schießen durch die Halle, dass einem angst und bange wird um die Dekoration. „Herr Mannelig“, nicht immer gespielt, aber gern gehört, „Vollmond“ mit Pymontes lieblichem Harfenspiel, „Frei zu sein“, „Erdbeermund“ – ein Höhepunkt jagt den nächsten.
Kein Wunder, dass das „Einhorn“ fragt: „Könnt ihr noch?“ Auch wenn ein paar Fans nach über acht Stunden Festival müde werden, die Band kann allemal noch: Ein üppiger Zugabenteil mit „Viva la Vida“, „Mein rasend Herz“, einem kitschig-schönen Flitterregen bei „Gold“ und donnernde Böllerschüssen rundet die 90 Minuten spektakulär ab.