Dem Mann an der Trommel gehören die ersten Töne dieser Spielzeit. Die Bläser folgen, Holz und Blech. Die Streicher müssen sich noch ein paar Takte gedulden, zupfen erst ein Pizzicato, bevor sie noch verhalten und sanft Melodiebögen ziehen. Aber dann: Becken, Pauken und Schmackes!
Und wie (männliche) Solisten und Herrenchor dann in schwarz-weißen Röcken, Strapsen, Smoking zum ersten Auftritt auf die Bühne staksen und schreiten – das erste Publikumsschmunzeln der Spielzeit gilt Pascal Seibicke, dem Kostümbildner von Giacomo Meyerbeers „Hugenotten“. Mit der Ouvertüre des Mindestens-Vier-Stunden-Werks beginnt am Mainfranken Theater am Sonntagabend vor vollen Rängen die Revue mit Kostproben aus dem Spielplan 2016/2017. Am nächsten Sonntag werden die „Hugenotten“ in voller Pracht und Wucht zu erleben sein. Und die Maskenbildner und Kostümschneider demonstrieren beim „Auftakt!“ am Herrenchor schon mal schwarz-weiß ihre Kunst.
Lockender Vorgeschmack auf die kommenden Produktionen
„Appetitanreger für die Spielzeit“, so sagt es der neue Intendant Markus Trabusch, soll dieser „Auftakt!“-Abend sein. Optisch wie musikalisch gibt dieser Beginn in der Tat einen lockenden Vorgeschmack auf die anstehenden Produktionen. Trabusch selbst bekommt Vorschusslorbeeren in Form eines großen Blumenstraußes von Oberbürgermeister Christian Schuchardt überreicht, der wiederum nicht nur die Identifikation der Würzburger und Umland-Bewohner mit dem Theater würdigt. Sondern, mit zweifelhaft flapsig-ironischem Ton, anmerkt, dass das Haus vor unruhigen Zeiten der Sanierung stehe.
Ensemble mit vielen neuen Gesichtern
„Fortlaufende Räude“ (um mit Ernst Jandl zu sprechen“) hat der Bau seit vielen Jahren, die ewigen Stadtratsdebatten, Spielort- und Finanzierungsfragen trugen zu weiterer Krätze bei. Aber jetzt steht der Sanierungsplan, der Zuschuss ist vom Minister versprochen. Die „Fortläufende Räude“ tragen – mit ein paar vertrauten und mehr neuen Gesichtern – bei der Revue die Schauspieler vor.
Mit eben jenem Jandl'schen Sprechchor, bei dem „him hanflang“ das Wort war und am Ende viel Applaus ist, denn „schund schasch fort schist schleisch schleschlorden schund schat schlunter schluns scheschlohnt“ muss man erst mal fehlerfrei im Kollektiv aussprechen können. Das Schauspiel wird – unter der Regie des neuen Intendanten – auch die erste Premiere besorgen: Am Samstag hebt sich der Vorhang für Lessings „Nathan der Weise“. Ein Auftakt für alle: Glaubens- und Religionsfragen werden in der Folge alle Sparten stellen.
Erste Bravos, erster Scheck, erster Wunsch
Die ersten Bravos, den ersten Jubel der Spielzeit bekommen Kaori Morito und Leonam Santos – für ihren Pas de deux aus „Der Tod und das Mädchen“. Ballett-Chefin Anna Vita wird im April die Geschichte zur packenden Musik von Franz Schubert neu choreografieren. Ergriffen vom Tanz ist das Publikum schon jetzt.
Den größten Wunsch zum Spielzeitauftakt formuliert der neue Operndirektor. Gefragt nach seinem Traum, erwähnt er den hiesigen großen Richard-Wagner-Verband . . . und Intendant Trabusch verzieht schmerzhaft das Gesicht. Berthold Warnecke lächelt: „Braucht Zeit, aber geht alles.“ In den nächsten Monaten gibt es vom Musiktheater erst einmal besonders viel Mozart.
Die erste große Unterstützung der Saison überreicht Bruno Forster, Vorsitzender des Theater- und Orchesterfördervereins: ein 260 000-Euro-Scheck für die künstlerische Arbeit. Die größte Spannung indes bringt Warneckes Ankündigung eines Kleides: „Meine Herren, achten sie darauf, das Auge hört mit“. Das Kostüm von Sopranistin Claudia Sorokina, in den „Hugenotten“ die Königin, erweist sich zumindest als das stoffreichste des Abends. Für den ersten Gänsehaut-Moment der Spielzeit sorgen schließlich Orchester und Sänger – mit Verdis berühmten Gefangenenchor. Dem ersten langen Schlussapplaus dieser Spielzeit werden vermutlich einige noch längere folgen.