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WÜRZBURG/MÜNCHEN: Millionenschwer: Rätsel um Riemenschneider-Madonna

WÜRZBURG/MÜNCHEN

Millionenschwer: Rätsel um Riemenschneider-Madonna

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    Sensation? Die Maria mit Kind stammt mutmaßlich von Tilman Riemenschneider und wird versteigert.
    Sensation? Die Maria mit Kind stammt mutmaßlich von Tilman Riemenschneider und wird versteigert. Foto: FOTO Bayer & Mitko

    „Sensationelle Neuentdeckung“, schwärmt der Versteigerungskatalog des seriösen und nicht eben für marktschreierische Übertreibungen verrufenen Auktionshauses Neumeister. Auch der Schätzpreis für die Figur einer Maria mit Kind – zu erfahren nur auf Anfrage – sprengt normale Maßstäbe: „800 000 bis 1,2 Millionen Euro“, verrät die Mitarbeiterin des Münchner Auktionators am Telefon. Viel Geld. Doch schließlich geht es um ein Werk von Tilman Riemenschneider, einem der bedeutendsten Bildschnitzer der Spätgotik. Arbeiten des Würzburgers erzielen generell Spitzenpreise.

    Das Alter des Holzes passt

    Die 38,3 Zentimeter hohe Figur, die Neumeister in der Jubiläums-Auktion zum 50-jährigen Bestehen am 1. Juli unter den Hammer bringt, stamme aus süddeutschem Privatbesitz, heißt es im Katalog, und: „Wir trauten vorab unseren Augen nicht, dass eine Figur wie diese in ihrer Form perfekt erhaltene Maria mit Kind über so lange Zeit unerkannt im Verborgenen schlummern konnte.“ Man ließ das Holz von Wissenschaftlern in der Schweiz untersuchen, mit dem Ergebnis („Wahrscheinlichkeit 95,4 Prozent“) 1450 bis 1640. Das passt. Zumindest grob: Tilman Riemenschneider lebte von 1460 bis 1531. Die Farbe sei dagegen nur 100 bis 150 Jahre alt.

    Der Kunsthistoriker Albrecht Miller, laut Neumeister ein „erfahrener Skulpturenspezialist“, bewundert in seinem Gutachten die „virtuos geschnitzte, auf allen Seiten bis ins kleinste Detail sorgfältig ausgeführte Statuette“, freut sich über das „munter bewegte Christkind“ und lässt von Anfang an keinen Zweifel: „Die Einordnung ins Werk Tilman Riemenschneiders ist unproblematisch.“ Die Figur, datiert auf 1490, sei „ein wichtiges Frühwerk Tilman Riemenschneiders“ und stelle „die wichtigste Riemenschneider-Entdeckung der letzten Jahrzehnte dar“.

    Das Problem mit der Werkstatt

    Die Würzburger Riemenschneider-Expertin Claudia Lichte findet die Skulptur „ganz zauberhaft“, klingt dennoch weniger enthusiastisch als der Katalog-Text. Dass die Figur versteigert werde, wisse sie seit längerer Zeit, erklärte sie auf Anfrage. Das Stück fürs Mainfränkische Museums zu kaufen, sei nicht sinnvoll – „nicht für diesen Preis“. Man besitze zudem ein ähnliches, fast gleich großes und qualitätsmäßig höherwertiges Stück aus der Zeit um 1500.

    Die 30 Zentimeter hohe Figur im Mainfränkischen Museum gilt als eigenhändige Arbeit des Bildschnitzers. Sie weist – etwa in den reich über den Rücken fallenden Locken – Parallelen zu der Figur auf, die versteigert wird. Kunsthistoriker Miller zieht sie in seinem Gutachten heran, um zu untermauern, dass die Auktions-Madonna tatsächlich eine Riemenschneider-Eigenarbeit ist – was dennoch letztlich nicht gesichert scheint.

    Tilman Riemenschneider betrieb eine florierende Werkstatt. Wie damals üblich, legte der Meister nicht immer selbst Hand an. Eine eigenhändige Arbeit von einer Werkstatt-Arbeit zu unterscheiden fällt selbst Kennern oft schwer. Immer wieder bleiben Unsicherheiten.

    Ob Werkstatt oder Riemenschneider-Original: Als Leihgabe in der Sammlung auf der Festung Marienberg wäre die Muttergottes-Figur jedenfalls willkommen. „Ich wüsste schon, wo ich sie hinstelle“, sagt Claudia Lichte.

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