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Würzburg/Schweinfurt: Mit diesen 5 Problemen kämpft Unterfrankens Kulturbranche nach zwei Jahren Corona-Pandemie

Würzburg/Schweinfurt

Mit diesen 5 Problemen kämpft Unterfrankens Kulturbranche nach zwei Jahren Corona-Pandemie

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    Trotz sinkender Corona-Fallzahlen müssen nach wie vor viele Konzerte und Veranstaltungen in Unterfranken abgesagt oder verschoben werden. Auch Posthallen-Leiter Joachim Schulz ist betroffen.
    Trotz sinkender Corona-Fallzahlen müssen nach wie vor viele Konzerte und Veranstaltungen in Unterfranken abgesagt oder verschoben werden. Auch Posthallen-Leiter Joachim Schulz ist betroffen. Foto: Thomas Obermeier

    Auch wenn das Coronavirus derzeit eine Verschnaufpause zu machen scheint: Für Veranstalterinnen und Veranstalter in der Region haben sich viele Probleme, die mit der Pandemie aufgekommen sind, nicht in Luft aufgelöst. In Giebelstadt im Landkreis Würzburg musste bereits ein Musikfestival wegen steigender Kosten und Personalnot verschoben werden.

    Denn während auf der einen Seite die Kosten für Energie steigen, fehlt es auf der anderen Seite an Einnahmen. Aber nicht nur vor der Bühne fehlen die Menschen. Akteure aus der unterfränkischen Kulturbranche sagen, was ihnen derzeit am meisten Sorgen bereitet, wie es um das Programm in der kommenden Saison steht und ob noch weitere Veranstaltungen gefährdet sind.

    1. Problem: Ausbleibende Ticketverkäufe

    Eine konkrete Folge der Pandemie zeigt sich derzeit am Ticketmarkt: "Die Leute kaufen nicht mehr Karten in dem Umfang als noch vor der Pandemie", sagt Thomas Hübner, Leiter des Schweinfurter Kulturzentrums Stattbahnhof. Wenn bei einem Konzert beispielsweise 200 Tickets im Vorverkauf erhältlich sind, wird laut Hübner derzeit gerade mal die Hälfte davon verkauft. An der Abendkasse sehe es meist nicht besser aus.

    Das bestätigt Jürgen Dahlke, Geschäftsführer und Programmgestalter der Disharmonie Schweinfurt. "Zu den einzelnen Veranstaltungen kommen nur noch etwa 25 Prozent der Menschen, die früher da waren", erklärt er im Gespräch mit dieser Redaktion. "Die Leute haben Angst, Karten zu kaufen, und entscheiden sich erst recht kurzfristig." Das treffe auch auf größere Konzerte und Auftritte von Stars zu, so Dahlke.

    Thomas Hübner, Leiter des Schweinfurter Kulturzentrums Stattbahnhof, möchte gerne mehr Tickets verkaufen - doch die Nachfrage ist auch jetzt noch geringer als vor der Pandemie.
    Thomas Hübner, Leiter des Schweinfurter Kulturzentrums Stattbahnhof, möchte gerne mehr Tickets verkaufen - doch die Nachfrage ist auch jetzt noch geringer als vor der Pandemie. Foto: Anand Anders

    Dies sei ein Problem für viele Veranstalter, meint auch Posthallen-Betreiber Joachim Schulz aus Würzburg. Der Vorverkauf sei wichtig, damit Veranstalterinnen und Veranstalter besser kalkulieren könnten. "Corona ist noch nicht vorbei", sagt Schulz. Viele Menschen, vor allem älteres Publikum, seien weiterhin vorsichtig, was den Besuch von Indoor-Veranstaltungen angehe.

    2. Problem: Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fehlen

    Die Personalsituation sei ein großes Problem für viele Veranstalter, bestätigt Ralf Duggen, Chef des "Umsonst und Draussen"-Festivals in Würzburg. Gerade große Kulturveranstaltungen wie Musikfestivals seien bereits weit im Voraus bei der Planung auf die Mithilfe ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer angewiesen.

    "Wenn das Festival beginnt, brauchen wir um die 300 Helfer, auch wegen des Getränkeverkaufes", verdeutlicht er. Duggens Team hat aufgrund der angespannten Situation einen Mitarbeiteraufruf über die Sozialen Medien gestartet, um die Veranstaltung Mitte Juni erfolgreich durchführen zu können.

    Auf die Frage, wohin all die Helferinnen und Helfer von früher hin verschwunden seien, weiß Duggen keine klare Antwort. "Wir rätseln alle darüber." Vor der Pandemie hätten sich in erster Linie Studierende etwas mit der Arbeit auf dem Festival dazuverdient, "doch die sind seit zwei Jahren nicht mehr an der Universität gewesen". Ehrenamtliche Mitarbeitende erhielten für den Job auf dem "Umsonst und Draussen" den aktuellen Mindestlohn: 9,83 Euro pro Stunde.

    3. Problem: Fehlendes Fachpersonal wie Profibühnentechniker

    Neben Ehrenamtlichen fehlen der Kulturbranche auch ausgebildete Fachkräfte. "Der Markt ist leergefegt", sagt Joachim Schulz. Dringend benötigte Fachleute wie Bühnentechniker hätten sich mittlerweile umorientiert. Sie arbeiteten jetzt beispielsweise in der Industrie oder im Bereich Elektrotechnik. Dadurch würde sich die Personalnachfrage noch einmal erhöhen - was sich wiederum auf die Gehälter auswirkt. "Das kostet richtig Geld", sagt Posthallen-Chef Schulz. Freiberufler, Aufbauhelferinnen und -helfer seien aus Sicht des Veranstalters rund 30 bis 60 Prozent teurer als vor der Pandemie. Von ursprünglich 40 freien Fachkräften habe er heute gerade mal noch sechs Bühnentechniker halten können.

    4. Problem: Corona-Infektionen in der Künstlerriege, bei Bands und Ensembles

    Wenn aktuell noch Veranstaltungen verschoben werden müssten, liege das entweder an Corona-Infektionen bei den Künstlerinnen und Künstlern oder am mageren Kartenverkauf, sagt Jürgen Dahlke. "Dass ein Jazz-Trio plötzlich nur noch als Duo kommt, ist bei uns jetzt schon öfter passiert", sagt er. Im Frühjahr musste der Schweinfurter Veranstalter bereits sechs Konzerte und Aufführungen verschieben. Neben Musikkonzerten organisiert Dahlke in der Kulturwerkstatt Disharmonie auch Kabarettvorstellungen oder Kindertheateraufführungen.

    Jürgen Dahlke, Geschäftsführer und Programmverantwortlicher der Disharmonie Schweinfurt, musste bereits viele Konzerte verschieben.
    Jürgen Dahlke, Geschäftsführer und Programmverantwortlicher der Disharmonie Schweinfurt, musste bereits viele Konzerte verschieben. Foto: Martina Müller (Archivfoto)

    Ähnliches berichtet Joachim Schulz. Innerhalb der vergangenen Wochen habe er bereits drei Konzerte wegen Corona-Erkrankungen der Künstlerinnen und Künstlern absagen müssen. "Das bringt viel Unsicherheit." Auch der Konzertveranstalter Argo aus Würzburg, der neben großen Festivals wie "Rock im Park" in Nürnberg auch kleiner Konzerte in der Region veranstaltet, musste jüngst den Auftritt des niederländischen Singer-Songwriters Herman van Veen im Congress Centrum in Würzburg absagen. Der Grund war die Covid-Erkrankung eines Bandmitglieds van Veens.

    5. Problem: Gestiegene Reisekosten für Künstlerinnen und Künstler

    Ein weiteres Problem seien die gestiegenen Fahrtkosten, sowohl für Besucherinnen und Besucher als auch für die Künstlerinnen und Künstler, erklärt Thomas Hübner vom Stattbahnhof. "Plötzlich haben hier alle wesentlich höhere Ausgaben bei gleichbleibendem Lohn." Eine Band, die neulich auf ihrer Tour in Schweinfurt vorbeigekommen sei, habe mit 13.000 Euro rund ein Drittel mehr für ihren Tourbus zahlen müssen. "Das wirkt sich natürlich auf die Ticketpreise aus", sagt Hübner.

    So koste ein Konzertticket heute rund zehn Prozent mehr als vor der Pandemie. Die aktuellen Kostensteigerungen wegen des Kriegs in der Ukraine seien dabei noch gar nicht berücksichtigt, fügt Posthallen-Betreiber Schulz hinzu. Viele Verträge für Konzerte stammten noch aus der Zeit vor der hohen Inflation - deshalb könnten die Karten nicht teurer angeboten werden. Dass die Ticketpreise in Zukunft steigen werden, sei daher unausweichlich. "Ob der Markt das hergibt, wird sich zeigen."

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