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WÜRZBURG: Museum für Franken: Neue Aura für alte Objekte

WÜRZBURG

Museum für Franken: Neue Aura für alte Objekte

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    Vorschlag der Würzburger Studierenden für die Präsentation eines Balthasar-Neumann-Stichs
    Vorschlag der Würzburger Studierenden für die Präsentation eines Balthasar-Neumann-Stichs Foto: Daniel Peter

    Die Umfrageergebnisse sind eindeutig: Museumsbesucher wollen durchaus etwas über die Objekte erfahren, die ihnen vorgesetzt werden. Sie wollen Kunstvolles oder Kurioses bestaunen, sie wollen sich spannende Geschichten erzählen lassen, und sie wollen ein bisschen erleben, wie das Leben in früheren Zeigen gewesen sein könnte.

    Als die Menschen ihre Tiere so bestatteten, dass sie ihnen im Jenseits weiterhin Gefährten sein konnten. Oder als man (vorausgesetzt, man gehörte zur sehr schmalen Oberschicht) mal eben einen berühmten Architekten namens Balthasar Neumann mit einem prachtvollen Thesenblatt zur Verteidigung der eigenen Dissertation beauftragen konnte. Oder als man namhafte Wissenschaftler foppen konnte, indem man ihnen selbstgemachte Fossilien von allerhand Tierwesen und sogar von Sternschnuppen als Sensationsfunde andrehte.

    Was Museumsbesucher nicht wollen: mühsam herausfinden, welche Objekte solch spannende Geschichten erzählen könnten und dann noch lange, trockene Texte lesen. Und hin und wieder wollen sie sich auch mal hinsetzen können.

    Was macht ein Museum spannend?

    Wie also muss ein Museum aussehen, das seine Besucher fesselt? Seit 2014 befassen sich Studierende der Universität Würzburg jeweils ein Semester lang mit dieser Frage, diesmal waren es fünf Gruppen der Fächer Museumswissenschaft, Mensch-Computer-Systeme und Human-Computer Interaction, die in der Kelterhalle ihre Ergebnisse präsentierten. Ausgangspunkt waren die Ergebnisse von Besucherbefragungen, Übungsobjekte waren Exponate des Museums für Franken, denen eines gemein ist: Sie sind derzeit nicht besonders ansprechend präsentiert.

    Multimediale Elemente verwenden alle Vorschläge – Lautsprecher etwa, die begrenzte Flächen gezielt beschallen, zum Beispiel mit Zeitzeugenberichten oder fiktiven Dialogen historischer Persönlichkeiten; virtuelle Projektionen, die das Vorhandene erläutern, ergänzen, vervollständigen oder verfremden; Hands-on-Objekte, die berührt werden sollen und mitunter neue Prozesse in Gang setzen. Interessanterweise zielen die von Guido Fackler, Diana Löffler und Petra Maidt an der Uni betreuten Konzepte immer wieder auf eine Inszenierung der Exponate selbst, Technik oder Requisite werden nie zum Selbstzweck.

    Mit Plastikflaschen mehr Gartengefühl

    So schlägt eine Gruppe vor, die Barockfiguren aus dem Veitshöchheimer Lustgarten zwischen Hecken zu präsentieren, die aus grünen PET-Flaschen nachgebildet werden – ein Stilbruch, der dennoch ein stärkeres „Gartengefühl“ auslösen soll als die derzeitige Aufstellung.

    Balthasar Neumanns Thesenblatt hängt hinter einer auffälligen Truhe, die ihm schlicht die Schau stiehlt. Die Studierenden würden dem Kupferstich einen eigenen, großzügigen Platz zuweisen, dem Besucher Sitzbänke anbieten und per Videoprojektionen das komplexe Bildprogramm erklären oder Einblicke in die Arbeitsweise eines Kupferstechers geben.  

    Modell einer Hecke aus PET-Flaschen zur Präsentation der Barockfiguren aus dem Veitshöchheimer Lustgarten.
    Modell einer Hecke aus PET-Flaschen zur Präsentation der Barockfiguren aus dem Veitshöchheimer Lustgarten. Foto: Daniel Peter

    Das – ebenfalls eingangs erwähnte – Tiergrab aus der Merowingerzeit steht derzeit unauffällig in einer Fensternische. Für die bei Zeuzleben gefundenen Skelette zweier kopfloser Pferde und eines Hundes hat die Gruppe einen Raum voll Aura gestaltet – mit der Projektion eines (Zeichentrick-)Films der einen fiktiven Einblick in das Leben im 5. bis 7. Jahrhundert gibt, einer Medienstation und einer Nachbildung, die nicht nur Besucher mit einer Sehbehinderung berühren dürfen.

    Auch die „Würzburger Lügensteine“ könnten ihre Geschichte weit spannender erzählen. Lügensteine – so nennt der Volksmund die gefälschten Fossilien, die zwei Rädelsführer mit ihren Gehilfen in den 1720er Jahren fabrizierten und dem hoch angesehenen Professor Johann Bartholomäus Adam Beringer zu Kauf anboten. Der biss an – ebenso wie die gesamte Würzburger Schickeria –, schrieb gleich eine Dissertation über die vermeintliche wissenschaftliche Sensation und blamierte sich bis auf die Knochen.

    Gewohnte Gedanken aufgebrochen

    Die Studierenden inszenieren die Steinsammlung nun, indem sie eine historische Hörsaal-Situation simulieren, Stelen mit Originalsteinen aufstellen und eine eigene Fälschung hinzufügen: einen „Handy-Stein“, der dem Besucher die ganze kuriose Geschichte erzählt. Das spektakulärste Konzept legt die Gruppe vor, die sich mit dem Modell der am 16. März 1945 zerstörten Stadt Würzburg befasst.

    Die Vorderseite des Glaskastens ist ein Touchscreen, mit dem der Betrachter weitere Informationen, vor allem aber dank neuer digitaler und alter optischer Kunst animierte Szenarien in Gang setzen kann, etwa den Anflug der Bomber, die Explosionen und die sich ausbreitenden Brände.

    Erich Schneider, Direktor des Museums für Franken, ist von allen Vorschlägen höchst angetan: „Ich finde es gut, wie Sie gewohnte Gedanken aufgebrochen haben.“

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