Das Würzburger Künstlerteam Der Blaue Eumel erhält den bayerischen Staatspreis für "herausragende Leistungen oder innovative Konzepte" in der professionell gespielten Musik. Unter Sinfonikern klingt Eumel eher salopp. Das mobile, als Verein eingetragene Einsatzkommando für Klassik, Jazz und Schauspiel bezeichnet mit diesem Namen liebevoll seinen 44-jährigen Transporter-Oldtimer mit dem Kennzeichen MSP-CY 65H. Wenn der auf einem Dorfplatz parkt und die Seitenklappe absinkt, wird ein Konzertflügel sichtbar. Und ist bald darauf zu hören.
Seit zwölf Jahren touren Künstlerinnen und Künstler – zunächst vor allem aus dem Umfeld des Mainfranken Theaters – übers Land. Ihre Bewährungsprobe war bald nach der Gründung durch die 2017 gestorbene Korrepetitorin Katja Bouscarrut eine singende, klingende Frankreichreise. 2022 beschränkte man sich auf Unterfranken – nachdem das Team hierzulande sogar in den Lockdowns aktiv geblieben war, um den selbstgestellten Auftrag zu erfüllen: Musik, Theater und Poesie den – durch die Pandemie kulturell mehr oder weniger ausgehungerten – Leuten im Wortsinn nahezubringen: Die Besatzung des blaulackierten Klein-LKW aus THW-Beständen lädt gewissermaßen hemdsärmelig dazu ein, einfach mal innezuhalten und nachzuvollziehen, warum die Musikerinnen und Schauspieler auf der Ladefläche mit solch sichtlicher Begeisterung bei der Sache sind.
Die Verleihung des Preises ist am 5. Juli im Münchner Cuvilliéstheater
Niederschwellige Kulturvermittlung nennt man das, und nach der Würzburger Kulturmedaille 2022 erhält Der Blaue Eumel heuer den Profi-Musiker-Staatspreis. Die Jury bewertet es als vorbildlich, weil er Kultur in ländliche Regionen und international zu den Menschen bringe. Die "Eumelnauten" (Selbstbezeichnung) wirkten so als Kulturbotschafter und engagierten sich für eine breite Teilhabe an Kultur. Verleihung ist am 5. Juli im Münchner Cuvilliéstheater. Die anderen Preisträger sind das Münchener Kammerorchester, der Oberammergauer Musikpädagoge Markus Zwink, der via-nova-chor München und der Gründer (1969) der Schallplattenfirma ECM, Manfred Eicher.

30 Mitglieder des Eumel-Künstlerpools spielen klassische Musik, dazu kommen ein Dutzend Jazzer und vier Theaterleute, unter letzteren mit Georg Zeies eins der dienstältesten Ensemblemitglieder des Mainfranken Theaters. Denn der Eindruck täuscht, wenn die Eumelnauten beispielsweise auf einem Dorfanger ausschwärmen und sich im Gras zu einem Streichensemble formieren: Da sieht man zwar viele junge Gesichter, doch auch die Würzburger Musikhochschul-Professoren Silke-Thora Matthies (Klavier), Hubert Winter (Saxophon) und Rudi Engel (Kontrabass) gehören zum Team.
Die Geehrten sehen in dem undotierten Staatspreis eine Bestätigung ihres Profi-Status', sagt Schlagzeuger, Gruppensprecher und Vereinsvorstand Tobias Schirmer und ergänzt: "Außerdem stehen wir so besser in der Förderlandschaft." Zehn Jahre lang habe man vor allem sich selbst investiert, "jetzt möchten wir die Wirtschaft ein bisschen anzapfen". Mit einem Konzern sei man schon in Kontakt.
Die Organisierenden legen ihren Lohn zurück in die Kasse - arbeiten also ehrenamtlich
Für das Jahr 2023 ist ein Etat von 150.000 Euro veranschlagt, er setzt sich zusammen aus errechneter Eigenleistung, Spenden und Förderung durch die Öffentliche Hand, darunter Bezirk Unterfranken, Stadt Würzburg, Sparkassenstiftung und Kulturfonds Bayern. "Die Förderung", kommentiert Schirmer, "ließ lange auf sich warten. Alle wollten erst sehen, dass wir keine Eintagsfliege sind." Mit dem Staatspreis dürfte dieser Verdacht nun endgültig ausgeräumt sein.

Vom Budget entfallen zwei Drittel auf Gagen. Denn Blaue-Eumel-Konzerte kosten zwar keinen Eintritt, die Darbietenden müssen trotzdem von ihrer Kunst leben. Das Restbudget teilt sich auf in Nebenkosten bei Auftritten und in das Organisieren, wobei die Organisierenden ihren Lohn zurück in die Kasse legen, also ehrenamtlich arbeiten. Einen letzten kleinen Rest des Geldes schluckt der blaue Benz. Für 2022 hat das Team übrigens eine CO2-Bilanz des gesamten Projekts errechnet, die mangels eigener Gebäude und dank der Anreise der Künstlerinnen und Künstler per Zug mit 4 Tonnen Ausstoß recht günstig ausfiel. Die Belastung wurde mit dem Kauf von Climate-Partner-Zertifikaten für fünf Tonnen CO2 kompensiert.
Der Minilaster wird 2023 zur Bühne bei den zehn Stationen einer Unterfranken-Tournee. Außerdem steht Mittelfranken auf dem Programm, dazu zwei Sommerkonzerte im Würzburger Landesgarten und Auftritte beim Mozartfest. Heuer arbeiten die Musikerinnen und Musiker mit der Artiste étoile, der Pianistin Ragna Schirmer zusammen. Die Partnerschaft mit dem Würzburger Klassikfestival ist derweil auch für die nächsten drei Jahre besiegelt. Der Blaue Eumel hat nicht nur ein Dutzend Jahre Vergangenheit, sondern jede Menge Zukunft.