„Schlussakkord“, titelte die „Süddeutsche Zeitung“, Schlussakkord heißt es für Siegfried Mauser nun auch im Konzert- und Festivalleben. Der Pianist, Liedbegleiter, Kammermusiker und Komponist von internationalem Renommee wird nach seiner Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen sexueller Nötigung von immer mehr Posten und Veranstaltungen ausgeladen, nun auch vom Kissinger Sommer. Zuvor hatte die Stadt Weiden sich von Mauser als wissenschaftlichem Beirat der Max-Reger-Tage getrennt. Nachdem ihm auch das Bonner Beethovenfest gekündigt hatte, titelte „Bild online“: „Beethoven-Festival wirft Star-Pianisten Mauser raus“.
Siegfried Mauser, Jahrgang 1954, war 1983 bis 1987 Professor für Klavier und Kammermusik an der Hochschule für Musik Würzburg, bis 2016 Rektor des Mozarteums Salzburg und bis 2017 Präsident der Münchner Musikhochschule. Er war über die Jahrzehnte immer wieder beim Mozartfest und beim Kissinger Sommer zu Gast, vergangenes Jahr war er schon in Würzburg nicht mehr dabei, nun wird er auch nicht an der Kissinger Liederwerkstatt teilnehmen.
Es ist bereits das zweite einschlägige Urteil gegen Mauser
Wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten, ist Mauser Mitte Mai vor dem Landgericht München I wegen sexueller Nötigung in drei Fällen zu zwei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden. Mauser hat immer bestritten, dass bei seinen sexuellen Kontakten Zwang oder Gewalt im Spiel war.
Die Strafe, so das Urteil rechtskräftig wird (Mausers Anwälte haben Revision eingelegt), kann nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Anders als ein früheres Urteil: Zwei Jahre zuvor, im Mai 2016, war Mauser vom Amtsgericht München wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 25 000 Euro verurteilt worden, in der Berufungsverhandlung im April 2017 wurde das Strafmaß auf neun Monate zur Bewährung reduziert.
Es ging darum, den anderen Beteiligten die Belastung zu ersparen
Am vergangenen Mittwoch, 23. Mai, stand Mausers Name noch im Online-Programm des Kissinger Sommers, am Freitag nun ist er verschwunden. Intendant Tilman Schlömp sagt auf Anfrage, er habe Mauser über Pfingsten in einem Brief gebeten, nicht beim Festival aufzutreten. Er habe zuvor mit dem künstlerischen Leiter der Liederwerkstatt, Axel Bauni, und dem Kissinger Oberbürgermeister Kay Blankenburg „hin- und herdiskutiert“, dann habe man den Beschluss gefasst, auf Mauser zu verzichten – „auch, um den anderen Beteiligten die Belastung zu ersparen“.
Die Thematik habe bereits im vergangenen Jahr die Liederwerkstatt „mittelbar begleitet“. Schlömp: „Man kann uns jetzt vorwerfen, zu früh oder zu spät zu reagieren, aber in so einer Sache kann man als Verantwortlicher nur prüfen, ob man mit sich selbst im Reinen ist.“ Mauser habe sich bei früheren Kissinger-Sommer-Auftritten immer tadellos verhalten. „Ich habe ihn als netten, höflichen Menschen und guten Künstler kennengelernt“, sagt Schlömp, „da war vielleicht immer mal das ein oder andere Gerücht im Umlauf, aber auf Hörensagen gebe ich nicht so viel.“
Mausers Part werden wohl die anderen Pianisten unter sich aufteilen
Er, Schlömp, maße sich kein Urteil in der Sache an. Im vergangenen Jahr habe man noch an Mauser festgehalten, weil das erste Urteil noch nicht rechtskräftig war. „Aber jetzt, da es um eine echte Freiheitsstrafe geht, mussten wir den Schnitt machen.“ Das Festival werde, um etwaige Streitigkeiten zu vermeiden, Mauser aber das vereinbarte Honorar bezahlen.
Schlömp hofft nun, dass durch die Entscheidung Ruhe beim Kissinger Sommer einkehren kann. Den Ausfall des Pianisten bei der Liederwerkstatt hofft er, durch Umverteilungen des Repertoires auf die anderen Künstler auffangen zu können, also auf Axel Bauni, Jan Philip Schulze und Steffen Schleiermacher.