Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: Neues Lied: "Keiner muss befürchten, dass er Zahnweh bekommt"

Würzburg

Neues Lied: "Keiner muss befürchten, dass er Zahnweh bekommt"

    • |
    • |
    Gerold Huber: "Die Moderne begleitet mich schon immer."
    Gerold Huber: "Die Moderne begleitet mich schon immer." Foto: Marion Köll

    Im vergangenen Jahr ist der südafrikanischen Pianistin Esthea Kruger mit der Premiere des Würzburger Festivals Neues Lied ein Coup gelungen: Das Publikum kam zahlreich, die Kritik war begeistert. Die zweite, erweiterte Ausgabe findet nun vom 29. November bis 1. Dezember statt.  Gerold Huber gehört zu den prominentesten Liedbegleitern unserer Zeit. Beim Eröffnungskonzert im Großen Saal der Musikhochschule interpretiert er mit dem international gefeierten Bariton Christian Gerhaher Werke von Schumann, Wolf und Holliger. Im Gespräch verspricht Huber Hörerlebnisse längst nicht nur für Insider.

    Frage: Auf was sollte sich der Hörer bei Liedern der Neuen Musik einstellen?

    Gerold Huber: Die menschliche Stimme und damit das Lied sind einer der Pfeiler der modernen Musik. Falls Sie als Klassik-Hörer vielleicht ein bisschen Angst vor Neuer Musik haben: Der Abend beim Würzburger Festival könnte für alle ein wunderbares Erlebnis werden. Und keiner muss befürchten, dass er Zahnweh bekommt.

    Ein Teil Ihres Programms entstammt ja auch der Romantik.

    Huber: Christian und ich haben schon mehrmals Programme mit Liedern zu Texten von Nikolaus Lenau gebastelt. Diese früheren Erfahrungen führten uns zu der Kombination einiger Lieder von Robert Schumann und von Heinz Holliger, der hier die Neue Musik einbringt. Hauptwerk des Abends ist Holligers 30-minütiger Zyklus „Lunea“, den der Komponist komplett in seine gleichnamige, 2018 uraufgeführte Oper eingearbeitet hat. Dazu wollen wir ihm nachträglich zu seinem 80. Geburtstag ein kleines Geschenk machen und bringen aus seinem Frühwerk ein paar Lieder, die er als 17-Jähriger nach eigenen Gedichten in relativ traditioneller Tonsprache geschrieben hat.

    Können und mögen Sie es auch bizarr und kopflastig?

    Huber: Schon. Ich habe Uraufführungen von Wolfgang Rihm, Jörg Widmann und anderen begleitet und finde es schön und wichtig, dass einige Komponisten das Lied in das 21. Jahrhundert hinüber gerettet haben. Die Moderne begleitet mich schon immer, ich bin aber leider alles andere als ein Spezialist.

    Was ist das Besondere gerade an der Form Lied in der Neuen Musik?

    Huber: Man kann die Sänger, die sich damit beschäftigen, nur bewundern. Nichts ist anstrengender als moderne Musik für einen Sänger. Das atonale Singen erfordert einen zehnmal höheren Aufwand, verglichen damit ist atonales Instrumentalspiel wirklich noch einfach.

    Liederabende sind generell keine Kassenschlager. Wie lässt sich daran etwas ändern?

    Huber: Das lässt sich so einfach nicht sagen, dass das Lied ein Stiefkind des Publikums ist. Die Angelegenheit ist etwas komisch: Es gibt regelrechte Lied-Zentren, zum Beispiel das Schwarzenberg-Festival, Wien, Graz, die Wigmore Hall in London und das Concertgebouw Amsterdam. Dafür hat es die Gattung Lied andernorts umso schwerer.

    Das neue Würzburger Festival startete 2018 mit erstaunlichem Zuspruch. Ein Ausreißer nach oben?

    Huber: Die Veranstalterin Esthea Kruger hat da eine ganz hervorragende Konzeption gemacht und mit dem Schwerpunkt auf Avantgarde im letzten Jahr gleich mal eine echte Herausforderung gestellt. Aber da liegt auch eine Chance. Denn wenn man als Programmmacher bei so etwas dranbleibt, wird das Publikum immer aufgeschlossener.

    Ist das Ihre Erfahrung?

    Huber: Ja, und nicht nur das. Diese Entwicklung hat eine Entsprechung im Individuum, beim, sagen wir, durchschnittlich erfahrenen Klassik-Hörer: Je mehr Neue Musik man hört, desto leichter verständlich wird sie. Dem kommt das Festival dieses Jahres entgegen, weil es nicht so sehr auf die Avantgarde der Gegenwart setzt wie 2018, sondern auf Neue Musik im Kontext der Klassischen Moderne. Und diese Klassische Moderne ist teilweise ganz leicht verstehbar. Es stehen auch Komponisten wie Barber, Ives und Ullmann auf dem Programm.

    Was empfehlen Sie außer dem Abend mit Christian Gerhaher?

    Huber: Als Liedbegleiter freut es mich besonders, dass Alexander Schimpf den Samstag und Sonntag dieses Festivals mitgestaltet, denn der wird inzwischen zu Recht deutschlandweit als Solopianist geschätzt.

    Sie sagen also: Keine Angst vor Neuer Musik?

    Unbedingt! Es gehört sich für jeden Musiker, dass er zumindest einen kleinen Teil seiner Tätigkeiten der Moderne widmet. Fürs Publikum: Die Moderne ist so facettenreich, da wird für jeden was dabei sein.

    Festival Neues Lied, Würzburg: Fünf Konzerte vom 29. November bis 1. Dezember in der Musikhochschule (Eröffnungskonzert) und im Burkardushaus. Das Programm steht im Internet unter www.festivalneueslied.com - Karten unter Tel. (0931) 6001 6000. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden