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Oliver Kalkofe: Wen der TV-Kritiker für perfekte Grinser hält

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Oliver Kalkofe: Wen der TV-Kritiker für perfekte Grinser hält

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    Respektlos wie kein anderer nimmt Oliver Kalkofe in seiner Satireshow „Kalkofes Mattscheibe“ das deutsche Fernsehen aufs Korn. Nach drei Jahren Pause kehrt der 42-Jährige zurück – in den neuen Folgen seiner Show (ab Dienstag, 24. Juni, 23.15 Uhr, Pro Sieben) rechnet er mit den schlimmsten und peinlichsten TV-Ärgernissen ab. Kalkofe arbeitet auch als Drehbuchautor und Schauspieler („Der Wixxer“). Ein Gespräch über Bohlen und Gottschalk und die Unverschämtheit der öffentlich-rechtlichen Sender.

    Frage: Drei Jahre lang gab es keine neuen Folgen von „Kalkofes Mattscheibe“ – ist das Programm so gut geworden, dass Sie nicht genug Material hatten?

    Kalkofe: Keineswegs, es ist sogar unfassbar, wie viel neuer Wahnsinn sich angesammelt hat. Es wird in den neuen Folgen ein Wiedersehen mit Perlen der populären Fernsehunterhaltung wie „Bruce“, „Gülcans Traumhochzeit“ und „Entern oder kentern“ geben, ich nehme mir aber auch kleinere Kanäle vor.

    Vergeht Ihnen bei besonders grässlichen Sendungen nicht vor Zorn das Spotten?

    Kalkofe: Stimmt, manchmal rege ich mich sehr auf. Bei dem furchtbaren Lügendetektorformat „Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit“ auf RTL 2 geht es nur darum, die Kandidaten emotional vor ihren Freunden und Verwandten, die daneben sitzen, zu vernichten. Oder „Schwiegertochter gesucht“ auf RTL, wo man Kandidaten, die knapp am betreuten Wohnen vorbeischrammen, boshaft vorführt und dann auch noch so tut, als wollte man denen helfen – da vergeht mir der Spaß. Oder wenn in Astrosendungen verzweifelte Menschen, die echte Tragödien erlebt haben, mit dummen Pseudo-Phrasen vollgelabert und abgezockt werden. Manches konnte ich gar nicht verwenden, weil es einfach zu bitter ist.

    Und wer war in den vergangenen Monaten die schlimmste TV-Nervensäge? Bruce oder Dieter Bohlen?

    Kalkofe: Die großen Namen wie Dieter Bohlen, Thomas Gottschalk oder Heidi Klum, die immer als Nervensägen genannt werden, sind doch in Wirklichkeit gar nicht so schlimm. Da erlaubt sich das Fernsehen wenigstens noch Persönlichkeiten, die wissentlich polarisieren. Ich finde die austauschbaren Nervensägen viel übler, die in den kleinen Quizformaten vor irgendwelchen Flipcharts stehen und Leute um Kopf und Kragen labern. Oder solche Gestalten, die zwar einen Namen haben, den aber eigentlich keiner wissen will.

    Da müssen Sie ein Beispiel nennen . . .

    Kalkofe: Warum tauschen RTL und ZDF konturlose Harmonie-Moderations-Roboter wie Marco Schreyl und Markus Lanz? Das sind sprechende Luftblasen, wenn ich die auf der Straße sehe, weiß ich nicht: Hat der letzte Woche „Deutschland sucht den Superstar“ moderiert oder mir den Wagen gewaschen? Solche Leute, die gelernt haben, perfekt zu grinsen und dabei nicht hinzufallen, werden uns leider in immer mehr Sendungen vorgesetzt.

    Sie sind selber Teil des Zirkus' und sitzen als Kandidat in Shows.

    Kalkofe: Ich mache erstens bei 90 bis 95 Prozent der mir angebotenen Sendungen nicht mit, ich habe nur bei zwei Formaten mitgemacht: „Genial daneben“ und „Noch Besserwissen“. Ich könnte zweitens nicht davon leben, alle drei Jahre ein paar Folgen „Mattscheibe“ zu machen. Drittens bin ich nicht der Messias, der nichts anderes zu tun hat als den Hass, den viele Menschen aufs Fernsehen haben, auszuleben. Ich habe und werde immer versuchen, auch auf anderen Gebieten tätig zu sein, da ich das Fernsehen ja auch liebe und immer noch Hoffnung habe.

    Gibt's einen Silberstreif am Horizont?

    Kalkofe: Aus deutscher Produktion leider wenig, „Stromberg“, „Pastewka“ oder „Dittsche“.

    Sonst ist alles Mist?

    Kalkofe: Vor allem ARD und ZDF Sender müssten ganz kleinlaut sein und sich täglich bei ihren Zuschauern entschuldigen. Dafür, dass sie für ihr Geld nichts machen, dass sie bedeutungslos geworden sind und jeden Trend vorbeirennen lassen. Die machen ein Programm wie vor 30 Jahren und kopieren mit lächerlichen Sendungen wie „Bruce“ die Privatsender auf schlechteste Art, um die jungen Leute zu holen. Uns dafür auch noch bezahlen zu lassen und sich nicht dafür zu schämen, ist eine Unverschämtheit.

    Zur Person

    Oliver Kalkofe Der Satiriker, Kolumnist, Buchautor und Schauspieler, geboren am 12. September 1965 in Hannover, machte eine Ausbildung zum Fremdsprachenkorrespondenten und Wirtschaftsdolmetscher in Englisch und Französisch. Er ist auch Zeitschriftenkolumnist und synchronisiert Serien, Computerspiele und Trickfilme.

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