Seine Stimme macht ihn unverwechselbar. Tief, sanft und unergründlich – einfach „gut abgehangen“, wie Otto Sander sie selbst einmal bezeichnet hat. Als Engel Cassiel versah er in Wim Wenders' Film „Der Himmel über Berlin“ seinen irdischen Dienst. Er war der verzweifelte U-Boot-Kapitän Thomsen in Wolfgang Petersens „Das Boot“ und der ewig betrunkene Trompeter in Volker Schlöndorffs „Die Blechtrommel“. Große tragische und tragikomische Rollen im Kino und auf der Bühne sind seine Stärke. Und auch durch seine Lesungen von Ringelnatz, Kleist, Shakespeare und Beckett zieht sich oft eine Spur von Melancholie. Am Donnerstag (30. Juni) feiert Otto Sander seinen 70. Geburtstag.
Glanzzeiten der Schaubühne
Gerade stand er für eine Komödie vor der Kamera – eine Seniorenkomödie. An der Seite von Angelica Domröse (70) spielt er die männliche Hauptrolle in Bernd Böhlichs Film „Bis zum Horizont, dann links!“, der Anfang 2012 ins Kino kommt. Um seiner Angebeteten aus dem Altenheim zu imponieren, entführt Sander darin ein Flugzeug und wird zum Anführer einer kleinen Senioren-Revolte.
Mehr als 100 Kino- und Fernsehfilme drehte der in Berlin lebende Sander bereits. Sein Bühnendebüt gab er 1966 in „Joel Brand“ an den Düsseldorfer Kammerspielen – nachdem er in München Theaterwissenschaften, Germanistik und Kunstgeschichte studiert und gleichzeitig Schauspielunterricht an der Otto-Falckenberg-Schule genommen hatte. Heute blickt der 1941 in Hannover geborene Schauspieler auf eine 45-jährige Karriere zurück.
Zu den Glanzzeiten der „alten“ Berliner Schaubühne unter Peter Stein war Sander in fast allen wichtigen Inszenierungen zu sehen. Mit Schauspielern wie Sander, Bruno Ganz, Edith Clever und Jutta Lampe erlangte die Schaubühne in den 70er Jahren Weltruhm. Von 1970 bis 1979 gehörte Sander dem Ensemble des Theaters an.
Danach ging er kein festes Engagement mehr ein. Otto Sander arbeitete mit Regisseuren wie Stein, Claus Peymann, Robert Wilson, Klaus Michael Grüber, Peter Zadek, Luc Bondy, Leander Haußmann und Matthias Hartmann zusammen. Berlin, Wien, Bochum sind immer wiederkehrende Stationen seiner Bühnenlaufbahn.
Zweifelnder Alter
Für seine Bochumer Rolle in Botho Strauß' „Kuss des Vergessens“ wurde er 1999 zum „Schauspieler des Jahres“ gewählt. Er brillierte als mehr tragischer denn komischer „Hauptmann von Köpenick“ und berührte das Publikum in Becketts Solostück „Das letzte Band“ als zweifelnder, alter Mann, der resigniert seinem eigenen Leben nachlauscht.
Auch wer nie ins Theater geht und auch selten ins Kino, kennt Sanders Stimme wahrscheinlich. Der Schauspieler, Stiefvater von Meret und Ben Becker, ist oft als Synchron- und Offsprecher zu hören und einer der begehrtesten Sprecher für Hörbücher. Zu einem Publikumshit wurden die „Polizeiruf 110“-Folgen, für die Sander als Streckenwärter Lansky gemeinsam mit seiner Ehefrau Monika Hansen und Ben Becker vor der Kamera stand. Auch die Jüngsten wachsen schon mit Sander auf: Im Kinder-Zeichentrickfilm „Der Grüffelo“ leiht Sander seine Stimme der Eule.