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WÜRZBURG: Philharmonisches Orchester: Der Mann an der Harfe

WÜRZBURG

Philharmonisches Orchester: Der Mann an der Harfe

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    Es gibt kaum ein Musikinstrument, das so klischeebehaftet ist wie die Harfe. Sie – insbesondere die Konzertharfe – gilt als typisches Frauen-Instrument und wird von Wagners „Der Ring des Nibelungen“ bis zu Hollywood-Soundtracks für allerlei rauschhafte Klangeffekte verwendet. Tatsächlich aber wird die Harfe durchaus auch von Männern hervorragend gespielt. Und außerdem kann das Instrument viel mehr sein als ein Accessoire für pausbäckige Engelchen oder keltische Barden. Dies alles machte Ausnahme-Harfenist Andreas Mildner beim jüngsten Sinfoniekonzert des Philharmonischen Orchesters Würzburg in der Musikhochschule deutlich.

    Der 1984 in Schweinfurt geborene Mildner, der seit der Saison 2011/12 Soloharfenist der Bremer Philharmoniker ist, präsentierte die enorme Bandbreite seines Könnens mit dem Harfenkonzert des russischen Komponisten Reinhold Gliere. Die große Palette an Ausdrucksmöglichkeiten und technischen Finessen, die Mildner aus seinem Instrument hervorzauberte, ließen beinahe vergessen, dass das brav romantische Gliere-Stück nicht im Jahr 1838, sondern 1938 entstand und mit einer biederen Tonsprache, die sämtliche Errungenschaften der musikalischen Moderne, vom Expressionismus bis zum Neoklassizismus, konsequent ignoriert, voll auf Linie mit der damaligen sowjetischen Kulturpropaganda lag.

    Großartig war, wie Mildner den vollgriffigen Akkorden des ersten Gliere-Satzes Rachmaninoff’sches Pathos einhauchte. Die Arpeggien und Glissandi trug der Solist präzise und elegant vor. Plastisch arbeitete der Harfenist die balladenhafte Melodik des zweiten Satzes heraus, im Finale glänzte er virtuos. Die Pedale bediente Mildner beinahe unmerklich, was angesichts der zahlreichen Modulationen des Gliere-Konzerts umso bewundernswerter war. Als Zugabe präsentierte der Harfenist seine herrlich frische Interpretation von „Asturias (Leyenda)“ aus der „Suite espanola“ von Isaac Albéniz.

    Dass Mildner sich so frei entfalten konnte, lag auch daran, dass sich das Würzburger Philharmonische Orchester unter dem exzellenten 1. Kapellmeister und stellvertretenden Generalmusikdirektor Andrea Sanguineti beim Harfenkonzert über weite Strecken wohltuend zurücknahm. Bei den anderen Programmpunkten konnte das Orchester einige Male voll aufdrehen. So etwa in der herrlich grotesken Ballett-Suite „Les amours de Jupiter“ von Jacques Ibert aus dem Jahr 1945. Wie Iberts grotesk verjazzter Neobarock, so hatte Antonio Salieri seinerzeit im echten Barock mit der Oper „L’Europa riconosciuta“ anno 1778 auf antike Mythologie zurückgegriffen.

    Das Orchester spielte die noch weitgehend der barocken Affektenlehre verpflichtete Ballettmusik von 1778 mit Witz und Charme als Würzburger Erstaufführung. Phänomenal beim Salieri war die Leistung des Ersten Oboisten Benjamin Mahla. Und in der 1. Sinfonie des 15-jährigen Mendelssohn, die die Philharmoniker mit viel Esprit spielten, imponierte Soloklarinettist Thomas Lampert mit herrlichen Melodiebögen.

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