Das Geheimnis ließ sich über Jahrhunderte bewahren. Porzellan – das gab es seit dem frühen 7. Jahrhundert nur aus China. Nur im Reich der Mitte wusste man um die Herstellung des sogenannten Weißen Goldes. Erst über 1000 Jahre später, im Jahr 1708, gelang es den Deutschen Friedrich Böttger und Ehrenfried Walter von Tschirnhaus, den Porzellan-Code zu entschlüsseln. Zwei Jahre später nahm in Meißen die erste Porzellanmanufaktur außerhalb Chinas die Arbeit auf. Nur die Meißener wussten um die passende Mixtur von Kaolin, Feldspat und Quarz, um Verarbeitung und richtige Art des Brandes. Die Manufaktur auf der Albrechtsburg war, um das Wissen zu hüten, wie eine Festung eingerichtet. Die Fenster waren zugemauert. Die Angestellten wurden streng überwacht, damit sie ihre Kenntnisse nicht ausplauderten.
Acht Jahre lang war das Geheimnis der Porzellanherstellung hinter den Festungsmauern sicher. Dann war es nicht Werksspionage, die dem Europa-Monopol der Meißener den Garaus machte. Es waren enttäuschte Arbeiter. Die flohen aus Sachsen und verrieten ihre Kenntnisse. Die zweite Porzellanmanufaktur außerhalb Chinas entstand 1818 in Wien. Der Damm war gebrochen, das Wissen breitete sich aus. Ein Gründungsboom setzte ein, der auch Würzburg erfasste.
Dass in der Stadt der Fürstbischöfe im 18. Jahrhundert Weißes Gold produziert wurde, konnte erst 1938 zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die Würzburger Porzellanmanufaktur produzierte lediglich fünf Jahre lang – von 1775 bis 1780. Dabei ging es nicht nur ums Prestige – jeder Fürst wollte seinerzeit sein eigenes Porzellan haben. Es ging auch darum, das heimische Gewerbe zu stützen, so Hans-Peter Trenschel im Katalog „Mainfränkisches Museum – 150 Meisterwerke“. Das Geld sollte „im Lande“ gehalten werden, schreibt der ehemalige Direktor des Museums auf der Festung Marienberg.
Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim hatte deswegen ein offenes Ohr, als Johann Caspar Geyger ein „Pro Memoria“ an ihn richtete. Geyger, Geheimer Rat und Konsistorialrat, ersuchte um die Erlaubnis, eine Porzellan- und Fayence-Fabrik einzurichten, da es Derartiges in Würzburger Landen noch nicht gebe. Am 7. November 1775 wurde das Privileg erteilt. Bereits im August 1780 musste Geyger die Fabrik wieder schließen und seinen Arbeitern die „Dimission“ erteilen. Die Manufaktur war wohl in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Geyger starb nur wenige Tage später, am 19. August, im Alter von 34 Jahren. Die Würzburger Porzellanmacher waren nicht die einzigen, die ihre Fertigung am Ende des 18. Jahrhunderts einstellen mussten: Dem Gründungsboom war eine Pleitewelle gefolgt. In Würzburg war offenbar hochwertiges Geschirr hergestellt worden, aber auch kleine Skulpturen. So werden vier Musikanten in Bergmannskleidung der Geyger'schen Fabrik zugeschrieben. Die fragilen, fein gearbeiteten und bemalten Figürchen sind Unikate – und womöglich Teil einer nicht mehr erhaltenen größeren Figurengruppe.
Bislang konnten der Würzburger Manufaktur rund 150 Stücke zugeordnet werden. Die vergleichsweise geringe Stückzahl macht die Produkte vom Main wertvoll. Sie befinden sich in verschiedenen Sammlungen, etwa dem Victoria and Albert Museum London – und natürlich im Mainfränkischen Museum Würzburg. Porzellan aus der Würzburger Manufaktur ist derzeit auch in der Sonderausstellung „Von A(nsbach) bis Z(ürich) – Die Manufakturen der Sammlung Ludwig“ im Alten Rathaus von Bamberg zu sehen (siehe unten).
Noch heute umweht ein Hauch des alten Geheimnisses das Weiße Gold: Porzellanhersteller halten ihre Rezepturen auch im 21. Jahrhundert unter Verschluss. Text: hele
Das Museum im Alten Rathaus Bamberg zeigt in der Sonderausstellung „Von A(nsbach) bis Z(ürich)“ die ganze Bandbreite der Porzellankunst. Viele der ausgestellten Kostbarkeiten waren jahrelang nicht mehr öffentlich zu sehen und werden in dem malerischen Barockbau neu präsentiert. Zu sehen sind Stücke aus großen Manufakturen wie Fürstenberg und Ludwigsburg, aber auch fränkische Manufakturen wie Ansbach und Würzburg sind vertreten. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 9.30 bis 18 Uhr. Bis 6. November.