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LONDON: Richard Hamilton: Wegbereiter und Ikone der Pop-Art

LONDON

Richard Hamilton: Wegbereiter und Ikone der Pop-Art

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    Pop-Art-Ikone: Richard Hamiltons Fotocollage „Just What Is It That Makes Today's Homes So Different, So Appealing?“, auf Deutsch: Was ist es nur, was das moderne Zuhause so anders, so anziehend macht?
    Pop-Art-Ikone: Richard Hamiltons Fotocollage „Just What Is It That Makes Today's Homes So Different, So Appealing?“, auf Deutsch: Was ist es nur, was das moderne Zuhause so anders, so anziehend macht? Foto: Fotos: IT, dpa

    (dpa/sr) Ein halb nackter Bodybuilder steht mit einem Riesen-Lolli mit der Aufschrift „Pop“ in der Hand in einem Wohnzimmer: Es war eine einzige, eher kleinformatige Fotocollage, mit der der Brite Richard Hamilton im Jahr 1956 sowohl seinen eigenen Ruhm begründete als auch den Weg für die Pop-Art ebnete. Das Bild mit dem Titel „Just What Is It That Makes Today's Homes So Different, So Appealing?“ (Was ist es nur, was das moderne Zuhause so anders, so anziehend macht?) wurde zur Ikone der britischen Pop-Art.

    Am Dienstag ist der Pionier dieser oft missverstandenen neuen Kunst im Alter von 89 Jahren in London gestorben. „Richard Hamilton war einer der einflussreichsten und markantesten Künstler der Nachkriegszeit“, sagte der Direktor der berühmten Londoner Museumsgruppe Tate, Nicholas Serota. Seine Zeitgenossen wie etwa Andy Warhol und Joseph Beuys hätten ihn sehr bewundert. Hamilton schuf auch Gemälde und Skulpturen sowie das Cover für das 1968 erschienene „White Album“ der Beatles. Er hinterlässt seine Frau Rita und den Sohn Rod.

    Bis wenige Tage vor seinem Tod hatte Hamilton an einer großen Retrospektive gearbeitet, die durch Europa und die USA touren soll (London, Madrid, Los Angeles und Philadelphia). Hamilton, der am 24. Februar 1922 in London zur Welt kam, erhielt viele Auszeichnungen, darunter 2007 den Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt, 1993 wurde er auf der Kunstbiennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen geehrt.

    Bekannt wurde Hamilton, der beruflich mit Werbung und Industriedesign begonnen hatte, durch Bilder, bei denen er Attribute des zeitgenössischen Lebens und der Technologien in die bildende Kunst einführte. Fotografien, Plakate, Fernsehspots und Kitsch-Gegenstände schlachtete er als Rohstoffe aus und setzte sie in traditionelle Genres wie die Darstellung von Innenräumen, Akten, Stillleben oder Porträts um; Gegenstände und Menschen bekommen dabei oft eine Gleichwertigkeit, die Beklemmung auslöst. „Will der Künstler nicht einen Großteil seiner althergebrachten Bestimmung verlieren, so wird er die Massenkünste plündern müssen“, sagte Hamilton.

    Während die US-Giganten der Pop-Art von Robert Rauschenberg bis Warhol ihre Motive vor allem der grellen Werbung und der Warenwelt entlehnten, ist das Werk Hamiltons intellektueller, subtiler. Das Spiel mit Fotomaterial und sein Interesse an der grafischen Nutzung neuer Computertechnik waren ebenso Stilmittel wie der Verzicht auf die herkömmliche Bildperspektive.

    Hamilton, der sich immer wieder in Verehrung von Marcel Duchamp (1887-1968) auf den Kunstwert banaler Gegenstände berief, schuf eine kritische Wirklichkeit, indem er die kollektiven Träume und Sehnsüchte seines Publikums gleichsam unterlief. Für „The Citizen“ (1982-83) malte er schockierende Fernsehaufnahmen inhaftierter IRA-Häftlinge nach, die ihre Zellenwände mit Kot beschmiert hatten und statt Anstaltskleidung Decken trugen. Vor wenigen Jahren löste er eine Kontroverse aus, als er den damaligen britischen Premierminister Tony Blair im Cowboy-Shirt und mit Waffengürtel zeigte.

    Er habe das „Shock and Awe“ (2007/2008) betitelte Bild gemacht, nachdem Blair mit selbstgefälligem Grinsen von einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush gekommen sei, erklärte Richard Hamilton und verteidigte sein umstrittenes Werk: „Alles ist eine Frage des Timings. Ich bin mir sicher, dass es im Verlauf der Zeit und Geschichtsbildung seine eigene Kraft entwickeln wird. Die Aufmerksamkeit eines Künstlers sollte auf diese Probleme gerichtet sein, deshalb werde ich nicht aufgeben.“

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