Falls Sie am Samstag beim Brötchenholen eine merkwürdige Begegnung hatten, falls da einer beim Bäcker zur Tür hereinkam, mit den Armen wedelte und laut „Kaulquappensocken“ sang, in der Melodie von „Quanta La Mera“ – dann war der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am Freitagabend im Burghof zu Wertheim beim Konzert von Willy Astor. Der Musiker und Komiker forderte dort nämlich zur Albernheit, zum Kindisch sein auf. Dazu gehörte, im großen Kollektiv der 1000 Zuhörer aufzustehen und „Kaulquappensocken“ oder „Froschfotzenleder“ zu Astors beschwingtem Gitarrenspiel zu singen. Und selbiges im Idealfall am Morgen beim Bäcker zu wiederholen.
„Nachlachende Frohstoffe“ heißt das neue Programm des Wortspielemachers, der berühmt-berüchtigt wurde, weil er erfolgreich amüsant gleich oder ähnlich klingende Wörter in an sich sachfremde Texte verpackt. Ein Oral-Apostel vor dem Kabarettherrn!
Es klappert die Miele
Der Frohsinn fängt damit an, dass Astor einen riesigen, welligen grünen Holzkamm vorzeigt: Welcome! Dann die Miele am laufenden Band klappern lässt, ankündigt, dass er keine Tiergeräusche machen wird, weil die Dienstleistungsgewerkschaft Pferdi das nach 20 Uhr auf der Bühne verbietet, und mächtig reimt: „Mäusekot, Mäusekot, schmeckt auch mal im Roggenbrot.“ Und, ach ja, Pferdi mal vergessen: Die Taube Jo gurrt. Und die Spatzelruther Katzen tauchen musikalisch auch auf.
Das klingt, so geschrieben und gelesen, platt, flach und sinnfrei. Und ist doch live erlebt beim sommerlichen Open Air ganz gute Unterhaltung: Weil man sich die Musik dazu vorstellen muss. Weil der 52-jährige Münchner ein wirklich netter Kerl ist. Und weil immer ein paar wirklich schöne Wortspiele und brillanter Sprachschabernack darunter sind. Und weil ganz abgesehen von den mundwerklichen Albernheiten Astor auch ein nachdenklicher Musiker und kritischer Liedermacher, ein guter Instrumentalist ist. In Wertheim beweist er das am Ende, als er nach der Kaulquappennummer, einer mächtig lauten Rockeinlage und einem abgedrehten Reggae eine Eigenkompositon spielt – ganz kontemplativ. „Nautilus“, von seinem Album „The Sound of Islands“. Aber sonst ist der Abend Klamauk und Spielerei pur. „Albernheit verhindert den Ernst der Lage!“ Für die Franken, die im Burghof die Schwaben weit überwiegen, gibt Astor seinen Frankensong, auch wenn er sich mit der Sprache nicht recht anfreunden mag: „Rocknroll is ka Bonihof.“ Und: „Mein Dackel, der is speckig, was für an Speck-Dackel.“ Zum Thema heranwuchernde Jugendliche hip-hopt Astor herum, dass die Burgmauern beben: „Pubatier is inda House!“
„Ham’ Sie ein Motor im Zwerchfell?“, fragt Astor, als in einer vorderen Reihe das Lachen nicht mehr aufhört. Aber im Grunde ist er von seinem Burghof-Publikum begeistert: Als da alle stehen, winken und inniglich „Kaulquappensocken“ besingen: „Für mich ist das der Ritterschlag!“ Alles Weitere morgen beim Bäcker.