Florian Weber ist vor allem als Schlagzeuger der Münchner Indie-Pop-Band Sportfreunde Stiller bekannt, um die es jetzt fünf Jahre lang still war. Inzwischen kennt ihn aber auch eine wachsende Lesegemeinde. Soeben hat Weber, Jahrgang 1974, seinen dritten Roman herausgebracht: „Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken“ (Heyne Hardcore). Am 24. März liest er daraus in Schweinfurt. Damit beendet Weber eine zehnjährige Schaffenspause als Autor, sein zweiter Roman "Grimms Erben" erschien 2012. Aber auch als Sportfreunde-Drummer: Nach der Auszeit bringt die Band ("'54, '74, '90, 2006") wieder ein Album heraus und geht auf Tournee.
„Ich hatte immer Lust auf Musik, aber es gab einfach unterschiedliche Auffassungen in der Band. Andere brauchten einfach mal eine Pause und mehr Zeit für die Familie“, erzählt Weber. Er selbst hat sich in dieser Zeit mit anderen musikalischen Projekten beschäftigt und eine eigene Radiosendung beim BR-Jugendformat Puls moderiert. Sänger Peter Brugger hat sich ans Schlagzeug gesetzt und im Dezember mit Allmšik sein Debütalbum aufgenommen.
Tobias Kuhn von Miles aus Würzburg produzierte das neue Album
Jetzt geht es aber mit den Sportfreunden wieder los. Mit Produzent Tobias Kuhn, dem Sänger und Gitarristen der wohl bekanntesten Würzburger Popband Miles, war die Band im Studio und hat 13 neue Songs eingespielt – geschrieben von Sänger Peter Brugger und Florian Weber. „Es wird kein typisches Sportfreunde-Album“, verrät Florian. „Es gibt neuartige Töne, von denen wir selbst überrascht waren, wie gut die klingen.“

Im Sommer sind die Sportfreunde auf großen Festivals wie Rock im Park in Nürnberg zu Gast, spielen in der Münchner Olympiahalle im Vorprogramm von Herbert Grönemeyer, und im September gehen sie dann selbst auf Tour. Unter anderem gastieren sie am 28. September im E-Werk in Erlangen.
Doch vorher geht Florian Weber erstmal auf eine Lesereise mit 15 Stationen. Den Termin am 24. März im Schweinfurter Stattbahnhof nutzt er für einen Abstecher bei der Verwandtschaft: Seine Frau stammt aus Humprechtshausen im Landkreis Haßberge. Wenn der prominente Musiker dort zu Besuch ist, trainiert er übrigens auch gerne beim VfB Humprechtshausen mit.
Als Standbein taugt die Schriftstellerei nicht, sie ist vielmehr Ausgleich zu Musik und Sport
Florian Weber hat lange überhaupt keine Bücher gelesen, verrät er. Er sei auch immer furchtbar schlecht in Deutsch gewesen. Erst im Studium habe ihn seine Schwester auf den Geschmack gebracht. Heute findet er beim Schreiben die Balance zwischen seinen Leidenschaften Musik, Literatur, Sport und seiner Familie: „Die Schriftstellerei ist ein wunderbarer Ausgleich für mich“, sagt er. „Aber trotzdem ist immer genug Zeit für die Musik. Als Standbein würde ich es nicht bezeichnen, denn ich könnte vom Schreiben nicht meine Familie ernähren. Ich bin sehr glücklich, dass ich meine Geschichten überhaupt veröffentlichen darf.“

„Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken“ ist Webers dritter Roman, nach „You´ll Never Walk Alone“ (2006), eine Geschichte über Fußball und Musik und eben „Grimms Erben“, eine Collage aus Märchenmotiven. Webers Romane sind im besten Sinne unterhaltsam. Als Leser folgt man der Fährte gerne, die der Autor legt und freut sich dann über das überraschende Ergebnis.
Der neue Roman startet mit einer bizarren Ausgangssituation. Heinrich Pohl treibt auf einer Kühlbox mitten im Atlantik, unzählige Meilen vom rettenden Ufer entfernt, und kann sich an nichts erinnern, als er aufwacht. Neben ihm ein bewusstloser Clown und ein Lama, das ihn umkreist. Nach und nach kommt die Erinnerung zurück und damit die Erkenntnis, wie er in diese lebensbedrohliche Situation gekommen ist. Weber entwickelt daraus eine tragische Familiengeschichte, eine Auseinandersetzung mit Krankheit und Tod und den Versuch, das Erstrebenswerte des Lebens aufzusaugen, wie er sagt.
Der sperrige Buchtitel entstand aus einer Bühnensituation
Yann Martels Bestseller „Schiffbruch mit Tiger“, der ähnlich beginnt, hat Weber zwar gerne gelesen, sagt er, das Buch sei aber keine Inspiration für sein eigenes gewesen. Seine Ideen hole er sich stets im alltäglichen Leben. So entstand der sperrige Titel aus einer Situation auf der Bühne. Weber rügte im Konzert Sportfreunde-Bassist Rüdiger Linhof für dessen Passivität: "Ich habe ihn angebrüllt, er solle jetzt endlich mal abgehen“, erzählt der Schlagzeuger und lacht. „Da hat er sich den Rücken gehalten, weil er Schmerzen hatte, und gesagt: Das ist die Ästhetik der Schonhaltung!" Die Formulierung habe perfekt zur Romanfigur gepasst. "Die muss auch ihre Schonhaltung verlassen, um sich auf die Reise nach Amerika zu begeben.“
Florian Weber: "Die wundersame Ästhetik der Schonhaltung beim Ertrinken", Heyne Hardcore, 320 Seiten, 22 Euro. Am 24. März liest der Autor um 20 Uhr daraus im Stattbahnhof in Schweinfurt.