Rosemarie Fendel war eine vollendete alte, immer aber auch jung gebliebene Dame. Mit feinen Gesichtszügen, ihrer aufrechten Haltung, ihrem sorgfältig frisierten Haar wirkte sie stets vornehm und diszipliniert. Doch das war nur ein Teil von ihr. Fendels andere Seite waren ihre Vitalität, ihre spontane Herzlichkeit, ihre Impulsivität, die sie auch im Film und im Theater einbrachte.
„Ich laufe als offenes Buch durch die Welt. Wenn ich Kummer habe, halte ich damit nicht hinter dem Berg“, sagte sie mal in einem Interview. Nun ist die Schauspielerin, Regisseurin und Drehbuchautorin im Alter von 85 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in ihrem Frankfurter Haus gestorben.
Die Ehefrau von Erik Ode
Mehr als 65 Jahre stand Fendel, die 1927 in Metternich bei Koblenz geboren wurde, auf der Bühne oder vor Kameras. Ihr Debüt gab sie 1946 an den Kammerspielen in München. Nach einem Engagement in Tübingen holte Gustaf Gründgens sie nach Düsseldorf ans Schauspielhaus. Es folgten Auftritte in Darmstadt, München und Frankfurt am Main. 1968 spielte sie an der Seite von Erik Ode für die Krimiserie „Der Kommissar“ dessen Ehefrau.
Vor allem durch Rollen in der Literaturverfilmung „Trotta“ (1972) sowie in den Komödien „Ödipussi“ (1988) und „Schtonk“ (1992) wurde sie bekannt. Sie trat auch in der Serie „Der Havelkaiser“ (ARD) auf sowie in den Reihen „Der Staatsanwalt“ (ZDF), „Polizeiruf 110“ (ARD) und „Pfarrer Braun“ (ARD). Fendel begeisterte aber über Deutschland hinaus: Der schwedische Regisseur Ingmar Bergman schwärmte von ihrem „internationalen Format“.
Ihren letzten Auftritt hatte Fendel im ZDF-Dreiteiler „Das Adlon“ im Januar dieses Jahres. An ihrer Karriere schätzte sie vor allem die Möglichkeit, in Rollen zu schlüpfen. „Dann muss man nicht immer über sich selber so nachgrübeln. Man grübelt ja immer über die Figuren, die man spielt. Diese Nabelschau, dazu bin ich überhaupt nie gekommen in meinem Leben“, sagte sie einmal. Eine selbstverliebte Diva war Fendel in der Tat nicht. Viel wichtiger als der Ruhm war ihr ihre Tochter Suzanne von Borsody, die selber eine erfolgreiche Schauspielerin wurde. Sechs Jahre lang blieb Fendel ihretwegen der Bühne fern. Ein Entschluss, der ihr nicht leicht gefallen sei. „Aber als das Kind auf die Welt kam, war mein Ehrgeiz weg, also litt ich keine Qualen.“
Erst nach der Scheidung von ihrem Ehemann Hans von Borsody 1962 musste sie wieder Geld verdienen. Sie begann zu synchronisieren, lieh Stars wie Elizabeth Taylor, Jeanne Moreau und Annie Girardot ihre Stimme, bevor sie wieder mit der Schauspielerei anfing. Den Spagat zwischen Arbeit und Kind meisterte Fendel. Sogar Filme drehten sie gemeinsam, immer wieder auch in den Rollen von Mutter und Tochter, zum Beispiel im ARD-Streifen „Mensch, Mutter“ (2003). Für beide waren die Drehzeiten eine willkommene Gelegenheit, endlich mal wieder Zeit miteinander zu bringen. Ihr Verhältnis war herzlich und innig, so wie die Liebeserklärung, die Fendel ihrer Tochter einmal machte: „Du bist das Beste, was mir in meinem Leben je passiert ist.“