Frankfurt
Manch einer im Musikzirkus wurde unsterblich, weil er jung starb. Bei Richards scheint es umgekehrt zu sein. Er ist aus den Annalen der populären Musik auch deshalb nicht mehr wegzudenken, weil er jahrelange Drogen- und Alkoholexzesse, Heroinsucht inklusive, überlebte und sich der Raubbau an seinem Körper in jeder Furche seines Gesichts widerspiegelt. Richards lebt den Rock'n'Roll auf seine Art. Er war ein Straßenrocker. Für viele abstoßend und faszinierend zugleich, erfüllte er das Klischee von Sex and Drugs and Rock 'n' Roll. Dem Einzelkind aus bürgerlichem Hause lag früh die Musik am Herzen. Als Mitglied eines Knabenchors sang er vor Queen Elizabeth Händels „Messias“.
Geboren wird Keith Richards am 18. Dezember 1943 in Dartford in der englischen Grafschaft Kent – wie Mick Jagger. Anfang der 60er Jahre treffen sich die beiden auf dem Weg nach London und entdecken ihre gemeinsame Liebe zum rauen, erdigen Rhythm & Blues. Am zweiten Weihnachtstag 1962 treten sie erstmals gemeinsam auf – und steigen als die bösen Buben des Rock 'n' Roll zum Gegenpart der adretten Beatles auf.
Im Sommer 1964 stehen die Stones ganz oben. Mit dem Bobby-Womack-Song „It s all over now“ landen sie ihren ersten Nummer-eins-Hit. Von nun an eilt die Gruppe von Erfolg zu Erfolg. Die Stones füllen nicht nur die Hallen, sondern auch die Klatschspalten. Einige der Stories sind aber frei erfunden, wie Keith Richards jüngst sagte. 2007 machte der Musiker Schlagzeilen, als er erzählte, er habe die Asche seines Vaters, mit Kokain vermischt, geschnupft. Die Geschichte war ein Jux, wie sich später herausstellte.
Mit Mick Jagger zusammen schreibt Keith Richards Klassiker wie „Satisfaction“, „Street Fighting Man“ oder „Honky Tonk Woman“. Während Jagger die Band finanziell über Wasser hält, übernimmt Richards nach dem Tod von Gitarrist Brian Jones die musikalische Führung. Im Studio und in Hotelzimmern tüftelt und bastelt er stundenlang alleine an den Songs der Stones. „Mick machte seine Show, und ich versuchte, die Band zusammenzuhalten“, sagt Richards.
Abseits der Bühne stolpert er durchs Leben, gerät auch mit dem Gesetz in Konflikt. 1967 – es läuft gerade eine heiße Party mit Marianne Faithfull, George Harrison und Mick Jagger – findet die Polizei bei einer Razzia in Richards' Haus Rauschgift. Er wird wegen der Duldung von Drogenkonsum verurteilt, bei einer Berufungsverhandlung dann freigesprochen. 1978 wird der heroinsüchtige Richards in Toronto wegen Drogenbesitzes zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt.
Richards heiratet zweimal, wird Vater von zwei Söhnen und drei Töchtern. In den 80er Jahren drohen die Stones auseinanderzubrechen. Selbstdarsteller Mick Jagger hat den Spaß am Tournee-Zirkus verloren und kümmert sich hauptsächlich um seine Solokarriere – sehr zum Verdruss von Keith Richards. Doch weder Jaggers ambitionierte noch Richards eher lustlose Soloausflüge bringen Erfolg und Genugtuung. Jagger muss einsehen, dass Richards' Festhalten an den Stones der erfolgreichere Weg ist. So macht der ehemalige Wirtschaftsstudent Jagger aus der größten und mittlerweile auch dienstältesten Rockband der Welt ein bis heute florierendes Unternehmen.