(dpa) Die großen Opernhäuser der Welt waren seine künstlerische Heimat: Zwischen der Wiener Staatsoper, der „Met“ in New York und dem Bayreuther Festspielhaus bewegte sich ein Vierteljahrhundert lang die Karriere von Siegfried Jerusalem. „Elf Monate im Jahr war ich unterwegs“, erinnert sich der Tenor, der heute, Samstag (17. April), seinen 70. Geburtstag feiert. Mittlerweile ist er in Nürnberg heimisch geworden, wo er von 2001 bis 2009 Präsident der Musikhochschule war und auch weiterhin unterrichtet.
Seine Glanzrollen hatte Jerusalem in den 1990er Jahren bei den Bayreuther Richard-Wagner-Festspielen. In der „Ring“-Inszenierung von Harry Kupfer wurde er als „Jahrhundert-Siegfried“ gefeiert. Als Bayreuther Traumpaar galten Jerusalem und die Würzburgerin Waltraud Meier in Heiner Müllers Inszenierung von „Tristan und Isolde“.
Wie macht ein junger Sänger eine große Karriere? „Man muss natürlich sehr gut singen“, antwortet Jerusalem, „und man muss danach leben, man muss sich vorbereiten wie ein Hochleistungssportler. Es braucht viel Disziplin, beim Üben und im Leben. Ohne Training gibt es keine Leistung.“ Ein bisschen Glück kann aber auch nicht schaden: Jerusalem selbst schaffte den Sprung auf die Opernbühne eher zufällig. In Oberhausen geboren, studierte er an der Folkwanghochschule in Essen Fagott und Klavier und war jahrelang Fagottist in verschiedenen Orchestern. Daneben ließ er seine Stimme ausbilden. 1975 kam seine Chance: Als bei einer Verfilmung des „Zigeunerbaron“ der Hauptdarsteller unpässlich war, sprang Siegfried Jerusalem ein. „Dass man mich genommen hat, verstehe ich bis heute nicht“, schmunzelt er.
Es begann ein steiler Aufstieg: 1977 debütierte der lyrische Tenor in Bayreuth als Froh im „Rheingold“. 1978 gab er sein Berliner Debüt als Tamino in Mozarts „Zauberflöte“ – es ist die Rolle, die er in seiner Laufbahn am häufigsten verkörperte. „Mozart ist immer noch einer meiner Favoriten“, sagt der Sänger. Den weltweiten Durchbruch schaffte er aber mit Wagner-Rollen: 1979 debütierte er als Parsifal in Wien sowie als Parsifal und Lohengrin in Bayreuth, 1980 als Lohengrin in New York. Jerusalem wurde zu einem der großen Heldentenöre seiner Zeit.
Vor neun Jahren wurde Siegfried Jerusalem Musikhochschulpräsident in Nürnberg – ein Schritt, den er nicht bereute. „Sänger auszubilden, das macht wahnsinnig viel Spaß.“ Gelegentlich steht er auch noch auf der Bühne: Im Juni wird er in einer Neuinszenierung der Strauss-Oper „Salome“ in Valencia unter Zubin Mehta den Herodes singen.