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Würzburg: Sveta Kundish und der unglaubliche Reichtum jüdischer Musik

Würzburg

Sveta Kundish und der unglaubliche Reichtum jüdischer Musik

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    Botschafterin einer reichen, komplexen und inspirierenden Kultur: Sveta Kundish in Würzburg.
    Botschafterin einer reichen, komplexen und inspirierenden Kultur: Sveta Kundish in Würzburg. Foto: Thomas Obermeier

    Was für eine Stimme, war für eine Ausstrahlung, was für ein Leuchten: Sveta Kundish könnte mit ihrem lyrischen Sopran auf den großen Opernbühnen der Welt Furore machen. Aber Kundish, geboren 1982 in der Ukraine, stellt ihre Kunst in den Dienst ihres Glaubens und ihrer Kultur: Sie ist Kantorin der Synagoge Braunschweig. Opernsängerinnen gibt es schließlich einige, jüdische Kantorinnen eher weniger. Die erste deutsche, Avitall Gerstetter, nahm 2001 in Berlin den Dienst auf.

    Auch Sveta Kundish singt nicht nur in der Synagoge, sondern gibt Konzerte, Workshops und Meisterkurse. Längst ist sie nicht nur hochgeschätzte Kantorin und Künstlerin, sondern auch gefragte Botschafterin einer unglaublich reichen, komplexen und inspirierenden Kultur, deren Einfluss auf die nichtjüdische Musik gar nicht überschätzt werden kann.

    Lieder zum Schabbat waren zentrales Thema des Abends

    Im Rahmen der Internationalen Tage jüdischer Musik sang Sveta Kundish im gut besuchten Würzburger Zentrum Shalom Europa jüdische geistliche Lieder aus aller Welt. Liturgische Musik also, vertonte Gebete (Pijutim), wie sie in der Synagoge oder zu Hause gesungen werden. Das Faszinierende: Die hebräischen Texte, etwa zum Schabbat, der an diesem Abend das Thema war, ähneln sich auf der ganzen Welt. Doch die Musik dazu, die die Gemeinden in aller Welt im Laufe von über 2000 Jahren Diaspora entwickelten, ist unglaublich vielgestaltig. 

    Die Internationalen Tage jüdischer Musik unter der Schirmherrschaft von Zentralratspräsident Josef Schuster, gefördert vom Bundesinnenministerium, sind mit neun Konzerten zwischen Potsdam, Köln, Würzburg oder Görlitz eine Art Deutschlandreise, der Abend in Würzburg ist eine Weltreise mit Stationen in Ost-, Mittel- oder Westeuropa, im Nahen Osten, in den USA, in Marokko, im Jemen, Iran oder in Algerien.

    Sveta Kundish und die Regalim Kapelye mit Patrick Farrel (Akkordeon), Shingo Masuda (Zither) und Peter Kuhnsch (Perkussion) auf der Bühne des Shalom Europa.
    Sveta Kundish und die Regalim Kapelye mit Patrick Farrel (Akkordeon), Shingo Masuda (Zither) und Peter Kuhnsch (Perkussion) auf der Bühne des Shalom Europa. Foto: Thomas Obermeier

    Das Spektrum reicht vom Sologesang aus dem Jemen, der mit hypnotischer Intensität frei von der Bindung an Grundton oder Tonart nach westlichem Verständnis direkt ins Herz geht, bis hin zum Stück aus den USA, das unüberhörbar die Wurzeln des Swing eines Benny Goodman in sich trägt.

    Energie, Melancholie, Humor, Zuversicht, Nachdenklichkeit, Dankbarkeit, Unternehmungslust

    Dazwischen: ein tänzerisches Lied aus dem 16. Jahrhundert aus Algerien, dem der Fünftvierteltakt eine ganz eigene Schwerelosigkeit verleiht; ein Morgengebet von Jossele Rosenblatt (1882-1933), das Rezitativ, Chanson und Arie in einem ist; ein Abendgebet von Louis Lewandowski (1821-1894), das als Bravourstück jeder romantischen Oper durchgehen würde. Großen Anteil an diesem Reichtum hat die fabelhafte Regalim Kapelye (etwa: Festkapelle) mit Patrick Farrel (Akkordeon), Shingo Masuda (Kanun – Kastenzither) und Peter Kuhnsch (Perkussion).

    Die Lieder, deren religiöse Bedeutung Sveta Kundish erläutert, strahlen Energie, Melancholie, Humor, Zuversicht, Nachdenklichkeit, Dankbarkeit oder Unternehmungslust aus – manchmal manche dieser Zustände, manchmal alle gleichzeitig. So kann man in einem sephardischen Stück, das zum Ende des Schabbat gesungen wird, bestens nachvollziehen, wie die Gläubigen nach dem Ruhetag gestärkt in den Alltag zurückkehren. So wie – höchstwahrscheinlich – die Besucherinnen und Besucher dieses Konzerts.

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