Er ist der Mann mit den vielen Gesichtern: Mit Parodien auf Stefan Raab, Reinhold Beckmann, Johann Lafer und anderen in der Satire-Sendung „Switch Reloaded“ wurde Max Giermann, 33, bekannt. Heute, Dienstag, 15. September, startet seine eigene Show auf ProSieben, „Granaten wie wir“. Ein Gespräch übers Wesen der Parodie, Stefan Raabs Marotten und Horst Schlämmer.
FRage: Wie nähern Sie sich einer Person an, die Sie parodieren?
Max Giermann: Erst einmal sitze ich stundenlang vor dem Fernseher und schaue mir ein Video nach dem anderen an. Anschließend versuche ich zunächst, den Klang der Stimme zu treffen. Dazu laufe ich mit einem Diktiergerät durch meine Wohnung und vergleiche meine Stimme mit dem Original. Im nächsten Schritt versuche ich, mir die Gestik und Mimik anzueignen. Das mache ich nach Gefühl, nicht vor dem Spiegel. Vollendet wird die Figur durch die Masken- und Kostümbildnerinnen.
Was fasziniert Sie an der Parodie?
Giermann: Es ist der Reiz, dass man sich innerhalb eines engen Korsetts freispielen muss, ohne eigene Ausdrucksmittel einsetzen zu dürfen. Ob Gestik, Mimik oder Stimme – ich muss mich streng am Original orientieren. Das erfordert eiserne Disziplin, was manchmal ziemlich mühsam ist, weil es viel Konzentration kostet und viel Vorbereitungszeit. Für Stefan Raab habe ich bestimmt 15 Stunden geübt.
Gibt es Rückmeldungen von den Promis, die Sie parodieren?
Giermann: Ja, aber ich erfahre nur die positiven Reaktionen. Die Leute, die sich beleidigt oder auf den Schlips getreten fühlen, werden das kaum in der Öffentlichkeit erörtern, weil sie sich dann wahrscheinlich noch mehr schaden würden. Inzwischen ist es aber so, dass sich einige Promis sogar geschmeichelt fühlen, wenn sie parodiert werden. Es ist für sie wohl eine Art Ritterschlag.
Wer zum Beispiel?
Giermann: Tim Mälzer etwa. Er war sauer, als er mich erstmals als Stefan Raab sah, weil ich den angeblich noch besser parodieren könne als ihn. Aber das war nicht ernst gemeint, wir verstehen uns auch privat ganz gut. Und von Stefan Raab selbst gab es auch großes Lob. Er hat mich sogar schon seine Sendung anmoderieren lassen und gefragt, ob ich ihn nicht im Krankheits- oder Urlaubsfall vertreten könne. Zudem sagte er mir im Spaß, er beabsichtige, die Rechte an meiner Parodie zu erwerben. Tja, er ist Geschäftsmann (lacht). Aber auch Johann Lafer und Kai Pflaume waren begeistert.
Welche Ihrer Figuren würden Sie als Ihre Paraderolle bezeichnen?
Giermann: Stefan Raab, die Figur kann ich im Schlaf, und sie kommt unglaublich gut beim Publikum an. Das liegt aber nicht nur an mir, sondern zu mindestens 50 Prozent an Raab selbst. Schließlich sind es seine Marotten, die in meine Parodie einfließen und ihn erst zu einem dankbaren Opfer machen. Außerdem ist er ein Typ, der polarisiert, der viele Feinde und Neider hat, die sich freuen, wenn auch er mal sein Fett abkriegt. Einen wie Raab zu parodieren, ist erfolgsversprechender als ein Promi, der von allen geliebt wird.
Welche Marotten hat denn Raab?
Giermann: Er zupft ständig an seinem Jackett, schaut immer wieder in Richtung seiner Band. Zudem muss er oft den Text ablesen, weil er schlecht vorbereitet ist. Hinzu kommen für ihn typische Redewendungen, so fragt er sein Publikum häufig nach einem Kalauer: „Verstehen Sie?“ Nicht zu vergessen sein Pferdegebiss (lacht). Das ist sehr unangenehm für mich. Es behindert mich beim Sprechen – und am Ende eines Drehtages schmerzt der Mund.
Gibt es für Sie auch Tabus, etwa den Papst?
Giermann: Der Papst ist kein Tabu, wohl aber Michael Jackson momentan. Da müsste man abwarten, bis ein wenig Gras darüber gewachsen ist. Bei Osama bin Laden habe ich mich auch gefragt, ob ich das wirklich machen soll.
Der Clip, in dem Sie als Al-Kaida-Chef zu sehen sind, ist auf YouTube ein Hit. Haben Sie Angst vor Extremisten?
Giermann: Am Anfang war ich mir nicht ganz sicher, ob man damit nicht Leute gegen sich aufbringt, die einem auch gefährlich werden könnten. Letztlich bin ich aber froh, dass wir Bin Laden doch parodiert haben. Der Clip ist lustig und findet weltweit Beachtung.
Sind Ihre Parodien eine Liebeserklärung an das deutsche Fernsehen oder eher eine Abrechnung?
Giermann: Weder noch, eher eine amüsante Auseinandersetzung mit dem Medium und seinen Hauptdarstellern. In meiner Freizeit schaue ich nicht viel fern, muss mich aber ja berufsbedingt auf dem Laufenden halten. Und wenn ich mir zwölf Folgen hintereinander vom Restauranttester anschaue oder von dicken Frauen, die Wohnungen verschönern, geht das an die Schmerzgrenze.
Wie finden Sie das Niveau des deutschen Fernsehens?
Giermann: Ich möchte es nicht verdammen. Natürlich gibt es viel Schrott wie die zahlreichen Realityshows. Aber letztlich ist für jeden etwas dabei. Ich habe mir allerdings angewöhnt, nur noch gezielt anhand einer Programmzeitschrift fernzusehen. Wahlloses Hin- und Her-Zappen macht blöde.
Auf welche Marotten müsste derjenige achten, der Sie mal parodiert?
Giermann (lacht): Das ist eine gemeine Frage. Aber okay: Wenn ich aufgeregt bin, kaue ich an meinen Fingernägeln.
Wenn Sie Ihr Leben gegen das eines Ihrer Figuren eintauschen könnten, für wen würden Sie sich entscheiden?
Giermann: Wahrscheinlich für Tim Mälzer. Ich koche nämlich sehr gerne. Außerdem hat er ein nettes Häuschen auf Mallorca.
Nun hat eine Kunstfigur in den letzten Tagen besonders viel Schlagzeilen gemacht: Horst Schlämmer. Was macht ihn so erfolgreich?
Giermann: Die Leute sind so sehr von ihm fasziniert, weil er authentisch ist. Es weiß jeder, dass Hape Kerkeling dahintersteckt, doch er wird gar nicht mehr wahrgenommen. Die Leute haben das Gefühl, dass es Horst Schlämmer wirklich gibt. Bei einer guten Parodie ist das übrigens ähnlich. Der Darsteller dahinter verschwindet.
Sie sind ausgebildeter Clown. Waren Sie schon als Kind lustig?
Giermann: Es ist mein Job, das Publikum zum Lachen zu bringen. Und ich liebe diesen Job. Aber ich war als Privatperson nie besonders komisch oder extrovertiert. In der Schule war ich mal Klassensprecher, aber nie der Klassenclown. Ich habe auch keine Lehrer parodiert, zumindest nicht mehr als alle anderen auch. Und wenn ich abends zum Essen eingeladen werde, sind meist andere für die Witze zuständig.
Sie sind auch diplomierter Schauspieler. Gibt es einen Film, in dem Sie gerne mitspielen möchten?
Giermann: Sie meinen einen ernsthaften? Ich habe das Problem, dass ich in einer Schublade stecke. Würde ich in einem Thriller auftauchen, würden viele sehr schnell den Stefan Raab in mir entdecken.
Was erwartet die Zuschauer in Ihrer neuen Show?
Max Giermann: Ich darf wieder einmal die deutsche TV-Prominenz durch den Kakao ziehen. Zwölf Kollegen aus dem Showbiz werden humorvoll ihr Fett abkriegen, darunter Stefan Raab, Kai Pflaume, Johann Lafer, Tim Mälzer, Karl Lagerfeld und Dieter Bohlen. Wir lassen Uli Hoeneß rappen oder Johann Lafer mit den Backstreet Boys tanzen.