Schon komisch mit diesem Leben. Irgendwie läuft es immer anders als geplant. Als gewünscht. Als erträumt. Und was dann? Ab wann gilt ein Leben als gescheitert? Oder geht es vielleicht nur darum, irgendwie klarzukommen mit diesem Leben, dieser Welt?
Angelika Relin hat für die neue Spielzeit des Torturmtheaters in Sommerhausen vier Stücke zusammengestellt, die sich allesamt mit grundsätzlichen Fragen des Lebens befassen, und das bewusst ausgehend von „der kleinsten Zelle“, wie die Intendantin sagt, „vom Menschen an sich“. Im Mittelpunkt stehen immer Individuen und ihr Versuch, mit dem Leben zurechtzukommen.
Donna Quichote
Saisonpremiere ist am Donnerstag, 23. März, mit „Donna Quichote im Kältetraining“, der Uraufführung einer Adaption des Romans „Kältetraining“ von Sylvia Hoffman. Das Stück ist ein Monolog: Uschi, Abteilungsleiterin eines Kaufhauses, lässt ihrem Frust freien Lauf: Immer holt sie für ihren Chef die Kohlen aus dem Feuer, immer heimst der dafür die Lorbeeren ein. Immer wird er eingeladen in die höheren Kreise, nicht sie.
Dabei würde Uschi, die Alleinerziehende, die die bessere Gesellschaft vorgeblich verachtet, so gerne selbst dazugehören. Außerdem darf er zu immer irgendwelchen Einkaufsschauen reisen, und sie hält für ihn die Stellung. Doch dann wird er 50 und lädt sie tatsächlich zu seiner Feier ein. Sie beschließt, ihm doch nochmal eine Chance zu geben, und natürlich kommt dann doch wieder alles anders, als Uschis privates Szenario es eigentlich vorgesehen hatte.
Angelika Relin nennt das Stück eine „glutvolle Groteske“. „Der Monolog mit aberwitzigen Sprachbildern und ewig langen Sätzen ist wahnsinnig schön“, sagt sie. Verkörpern wird die Uschi unter der Regie von Eos Schopohl die Schauspielerin und Kabarettistin Dorina Pascu, die bereits 2006 und 2015 in Sommerhausen zu Gast war.
In allen vier Stücken geht es um „offene Wege der Lebensfindung“, sagt Angelika Relin. Gleichzeitig verbinde sie aber auch ein deutlicher Hang zu Komik und Groteske: „Das wird oft sehr frech.“
Anwältin trifft Ganoven
In „Eine Sommernacht“ der schottischen Dramatiker David Greig und Gordon McIntyre, das ab 1. Juni läuft, kann das schonmal der Dialog eines Mannes mit seinem Penis sein. Das Stück bringt ein ungleiches Paar zusammen: Helen, die erfolgreiche Scheidungsanwältin, Bob, einen Gelegenheitsganoven. Beide sind um die 35 sind, wie sich herausstellt, eher unzufrieden mit ihrem Leben. Bei Helen bricht sich diese Unzufriedenheit auf der Hochzeit ihrer Schwester Bahn, sie landet mit Bob im Bett. Ein Fehler, da sind sich beide hinterher einig. Natürlich ist die Geschichte damit längst nicht beendet, und dass Bob 15 000 Pfund, Profit einer krummen Tour in der Tasche hat, die er dringend für seinen Auftraggeber einzahlen müsste, stattdessen aber mit Helen durchbringt, macht die Sache nicht einfacher. . .
Eine Familie zerbricht
Von Philipp Löhle war in der vergangenen Saison das Stück „Wir sind keine Barbaren“ zu sehen (inszeniert von Ercan Karacayli, der nun bei „Eine Sommernacht“ Regie führt), diesmal kommt ab 3. August „Der Wind macht das Fähnchen“, ein Parforceritt für vier Schauspieler durch das jahrzehntelange Scheitern einer Familie in Rückblicken.
Mit einem Vater, dem angeblich eine Familie das Wichtigste ist, der er nicht einmal zutraut, ihm Halt zu geben, als er seinen Job verliert. Mit einer Mutter, die heimlich als Thekenkraft im Bordell arbeitet, um nach außen die Fassade des Wohlstands aufrechterhalten zu können. Mit einer Tochter, die einen sehr speziellen Modeversand für leichtgläubige Fashion-Junkies betreibt, und mit einem Sohn, der sich anfangs seine Lyrik-Ader schämt und schließlich zum erbarmungslos konsequenten Polizisten mutiert.
Nur heile Welt bringt's auch nicht
„Träume werden Wirklichkeit“ von Christian Lollike (ab 5. Oktober) schließlich spielt möglichst grell und voller Nonsens durch, was passiert, wenn sich zwei Menschen entschließen, die depressiv machende Realität einzutauschen gegen ein Leben wie im Märchen. Wenn man aber bedenkt, wie blutrünstig die deutschen Märchen sind, bleibt nur noch die Welt der Disney-Märchen. Also fangen die beiden an, sich ihre eigene Disney-Realität aufzubauen – mit vorhersehbarem Ausgang: Immer heile Welt bringt's auch nicht.
Torturmtheater Sommerhausen 2017 - die Stücke
• „Donna Quichote im Kältetraining“ von Sylvia Hoffman, 23. März bis 27. Mai
• „Eine Sommernacht“ von David Greig und Gordon McIntyre, 1. Juni bis 29. Juli
• „Der Wind macht das Fähnchen“ von Philipp Löhle, 3. August bis 30. September
• „Träume werden Wirklichkeit“ von Christian Lollike, 5. Oktober bis 17. Dezember
Spieltage sind Dienstag bis Freitag, 20 Uhr, samstags 16.30 und 19 Uhr
Karten: Dienstag bis Samstag ab 16 Uhr unter Tel. (0 93 33) 268 oder kartenbestellung@torturmtheater.de