In der zweiten Zugabe spielt er wieder den PS-Proll, der sich über angebliche Angeber aufregt. Ansonsten hat der Comedian Atze Schröder in der Würzburger Posthalle zwar nicht Brille und Minipli-Kopfputz, aber doch die Rolle des Knallkopfs mit der fragwürdigen Selbsteinschätzung abgelegt. Der reife Schröder spielt sich selbst, und das sehr überzeugend.
Tourneen? Hat er nicht mehr nötig. Macht er nur, weil er das Publikum so liebt. Besonders das in Würzburg. Und das liebt zurück. Es hat die Posthalle zwar nicht vollständig besetzt, jubelt aber immer genau die richtigen Antworten in die riesige Mikrofonkeule, die der angeblich 52-jährige selbst ernannte Essener ihm entgegenhält.
Und Moral, die hält er Würzburg auch entgegen. Seine Ethik der Entschleunigung trägt den Programmtitel „Turbo“. Anders als in seiner zweiten Zugabe komme es eben nicht drauf an, den Maserati zu überholen. Sondern: „Ruhe ins Boot bringen!“ Man kauft Atze Schröder die Botschaft ab, ein Leben für das Schneller-Besser-Mehr sei doch nicht so recht lebenswert. Dabei lässt er selbst sich keinen Leistungsdruck aufzwingen. Immer wieder ereifert sich der professionelle Komikproduzent pur und pointenlos über das Rattenrennen in der materialistischen Gesellschaft.
Um dann auf die Ebene der Metakommunikation zu schwenken und zu beteuern: „Ich fahre diesen Porsche Turbo nur für euch!“
Das Schöne daran ist: Dieses Durcheinander aus Ebenen, Rollenwechseln, Selbstwidersprüchen und Stilbrüchen funktioniert. Einmal, weil der Redner recht hat. Und zum Zweiten, weil er Atze Schröder ist. Der kann das, der darf das. Außerdem hat er bei der Publikumsbegrüßung schon angekündigt, er wolle an diesem Abend „über die schönsten und besten Sachen reden“.
Er erledigt das mit sehr wenig Ruhrpott-Slang und seltener Diskriminierung von Perlen, Torten, Ökos und Fettleibigen. Dann und wann verweilt seine sprunghafte Rhetorik bei einem Thema, das sich allmählich zur kabarettistischen Nummer ausweitet. Das alles in einer sinnfreien, aber beeindruckend großformatigen Bühnendeko. Er ist gut bei Stimme, vor allem wenn er sie in die tiefe Baritonlage absenkt.
Und er zieht gleichberechtigt alle Register, vom Witz mit Bart (den er dann allerdings selbstironisch relativiert: „Wir schenken uns heute nix“) bis zur präzisen Sprachanalyse – der Name Tebartz-van Elst sei „der ideale Name für einen Pornokönig“.
Seine frühe Figur, den prollkritischen Proll, hat der reife Schröder übrigens ausgelagert. Die lebt weiter in den dicken Deutschen, die in Freizeitbädern herumflegeln und sich freuen, dass es hier „gar keine Asis gibt“.