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MADRID: Warum Esther Vilar von vier Frauen zusammengeschlagen wurde

MADRID

Warum Esther Vilar von vier Frauen zusammengeschlagen wurde

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    „Die Frau lässt den Mann bedenkenlos für sich arbeiten, wann immer es eine Gelegenheit gibt.“ Mit bissigen Sätzen wie diesem hat Esther Vilar vor fast 40 Jahren für heftige Kontroversen gesorgt und die Feministinnen gegen sich aufgebracht. In ihrem 1971 erschienenen Erfolgsbuch „Der dressierte Mann“ vertrat sie die These, dass nicht die Männer die Frauen unterdrücken, sondern umgekehrt, und zwar nach dem Muster „Sex gegen Unterhalt“. Dies brachte der in Argentinien aufgewachsenen Ärztin den Ruf ein, eine Gegnerin der weiblichen Emanzipation zu sein.

    Legendär ist ihr Fernsehduell mit Frauenrechtlerin Alice Schwarzer 1975 im WDR. „So lebhaft, wenn nicht heftig, so persönlich, wenn nicht hasserfüllt, waren im deutschen Fernsehen noch nie zwei aufeinander losgegangen“, schrieb das Magazin „Der Spiegel“. Vilar, die an diesem Donnerstag (16. September) ihren 75. Geburtstag feiert, sieht sich selbst allerdings nicht als Antifeministin: „Wer Frauen kritisiert, tut etwas für sie“, sagte sie einmal.

    Im Rückblick räumt sie ein, dass sie das Werk wohl nicht veröffentlicht hätte, wenn ihr die Auswirkungen bewusst gewesen wären. „Ich dachte, ich müsse nur so ein Buch schreiben und die Menschen liefen zu mir über, weil ich alles viel logischer erkläre“, verriet sie 2007 der Zeitung „Weltwoche“. „Aber es kam ganz anders. Ein kleiner Teil kam zu mir, aber der größere Teil kippte noch heftiger ins Gegenteil, in die militante Frauenbewegung.“ Vilar bekam Drohungen, doch dabei blieb es nicht. Auf der Toilette der Münchner Staatsbibliothek sei sie damals von vier jungen Frauen zusammengeschlagen worden, erzählt sie. Von einem Tag auf den anderen verließ sie mit ihrem kleinen Sohn Deutschland. Zunächst ging es in die Schweiz, dann nach Italien, Frankreich und Spanien. Heute lebt sie abwechselnd in Irland und London.

    In ihren Büchern geht es inzwischen um andere Themen – etwa um Religion, die Würde des Alters oder die Unfähigkeit des Menschen, seinen Wunsch nach mehr Freiheit zu erfüllen. Vilar schlug ein Wirtschaftsmodell mit einer 25-Stunden-Woche vor. Danach wären Mann und Frau je fünf Stunden am Tag mit Lohnarbeit beschäftigt, was in ihren Augen sowohl das Problem der Arbeitslosigkeit lösen als auch ein neues Rollenverständnis von Mann und Frau bewirken könnte. Wirklich unfrei mache aber stets die Liebe.

    Vilar hat sich in den vergangenen Jahren vor allem dem Theater gewidmet. Mit Stücken wie „Das Lächeln des Barrakuda“, „Speer“ – Klaus Maria Brandauer führte Regie und spielte die Hauptrolle –, „Stundenplan einer Rache“ oder „Die amerikanische Päpstin“ feierte sie international Erfolge. Ihr jüngstes Buch, der Erotikthriller „Reden und Schweigen in Palermo“, erschien 2008.

    Vilar wurde 1935 als Tochter einer deutsch-argentinischen Landwirtsfamilie in Buenos Aires geboren. Dort studierte sie Medizin. 1960 zog sie nach Deutschland, wo sie in Wilhelmshaven und München ihre Studien der Psychologie und Soziologie fortsetzte. Bevor sie sich ganz der Literatur widmete, arbeitete Vilar bis 1963 als Ärztin in einem Krankenhaus. Die Autorin ist zweimal geschieden. Aus der Ehe mit Philosoph Klaus Wagn stammt ihr Sohn.

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