Für ihre Darstellung der Jazz-Legende Billie Holiday bekam die Schauspielerin und Sängerin Sona MacDonald vergangenes Jahr den wichtigsten österreichischen Theaterpreis, den Nestroy verliehen. „Blue Moon“ heißt das Stück, das zunächst mit Riesenerfolg im Wiener Theater in der Josefstadt aufgeführt wurde. Vom 27. bis 30. September eröffnet die musikalische Hommage an Billie Holiday von Torsten Fischer und Herbert Schäfer die Saison im Theater der Stadt Schweinfurt. Sona MacDonald kam 1961 als Tochter des amerikanischen Pianisten Robert MacLaurin MacDonald und der Sängerin Ingrid MacDonald zur Welt. Sie absolvierte ihre Ausbildung in London, Wien und den USA. Seit 1994 ist sie als freischaffende Künstlerin tätig. Sie hat Wohnsitze in Wien und Berlin.
Sie haben Brecht-Songs interpretiert, danach Billie Holiday, gastieren an allen großen deutschsprachigen Bühnen und sind regelmäßig im „Tatort“ zu sehen. Wie viele Seelen schlagen denn noch in Ihrer Brust?
Sona MacDonald: Beides ergänzt und beflügelt sich in irgendeiner Form. Die Theater- und Filmrollen haben mir geholfen, meine Liedinterpretationen zu verstärken, ihnen mehr Gewicht zu geben.
In Schweinfurt werden Sie zur Saisoneröffnung mit „Blue Moon – eine musikalische Hommage an die Jazz-Ikone Billie Holiday“ gastieren. Was ist das Besondere an der Inszenierung?
MacDonald: Zuerst einmal, dass wir alles andere versuchen, als eine Kopie auf die Bühne zu stellen. Wir versuchen ganz liebevoll, diese Sängerin zu begleiten. Das Besondere an diesem Abend ist, dass wir dabei Zeitzeugen von Billie Holiday zu Wort kommen lassen. Und eines sage ich ganz deutlich zu dieser Frau und versuche das auch auf der Bühne zu vermitteln: Sie war am glücklichsten, wenn Sie gesungen hat! Ich denke, sie fühlte sich am wohlsten in der Nähe ihrer Musiker. Sie wollte nicht wie ausgestellt allein auf der Bühne stehen.

Billie Holiday war ja eine tragische Persönlichkeit, stark heroin- und alkoholabhängig. Wie geht man musikalisch mit solchen Situationen um?
MacDonald: Da habe ich schon sehr an mir gearbeitet, dass ich das in meine Interpretation, in meine Stimme hineinbringe, hineinarbeite, ohne dass ich mir selbst wehtue. Ich versuche, die Rolle aus einer Art Tunnel heraus zu spielen und zeige am Abend schon den Zerfall, das finde ich wichtig. Und ich zeige auch sehr deutlich die Drogensucht dieser Frau, dieses große Talent, das dadurch vergeudet wurde.
Sie sind in Wien geboren, haben aber amerikanische Wurzeln. Wie fühlt man sich als weiße Europäerin in den „schwarzen Sound“ von Billie Holiday ein?
MacDonald: Aus dem Instinkt heraus, mit intensivem Hören, mit vielen Proben und viel Probieren. Mein großartiger Vater war Konzertpianist und ist in den Südstaaten großgeworden. Ich bin als Kind sehr viel dort gewesen und war umgeben von farbigen, wunderbaren Menschen, deren Musik mich schon als Kind fasziniert und einfach geprägt hat. Deshalb kann ich mich dieser Musik vielleicht viel intensiver nähern.
Der Vater Konzertpianist, die Mutter Sängerin. Stellt sich da überhaupt die Frage nach einem anderen Berufswunsch – Ärztin oder Anwältin beispielsweise?
MacDonald: (lacht) Also wahrscheinlich nicht. Nein, es stellte sich mir eigentlich überhaupt nie diese Frage. Es kann natürlich auch so sein, dass man manchmal als Kind so innerlich protestiert und sagt, „Ich mache jetzt mal was ganz anderes!“ Meine Eltern haben mir das aber so schmackhaft gemacht in der Art und Weise, wie sie mir diszipliniert das Künstlerleben vorgelebt und eine gesunde Realität beigebracht haben.
Was haben Sie gedacht, als man Ihnen die Rolle der Billie Holiday angeboten hat?
MacDonald: Als das Angebot von dem wunderbaren Regisseur Thorsten Fischer kam, habe ich ihn angeschaut und gesagt: „Ich glaube, Du spinnst!“ Wirklich. Weil ich mir das nicht zugetraut habe, und ich muss ihm heute noch danken, dass er mich überredet und an mich geglaubt hat. Sonst stünde ich heute nicht in dieser Rolle auf der Bühne.
Von Ihnen sagt man, dass Sie einen „unwiderstehlichen Drang verspüren, in Figuren hineinzukriechen“. Was genau meinen Sie damit?
MacDonald: Ja, genau. Ich versuche, in diese fernen Figuren, die man nicht kennt, in diese fernen Hüllen von Charakterzügen hineinzukriechen, die man überhaupt nicht ahnt. Eben auch in so eine Drogensüchtige. So zu fühlen, zu empfinden. Für den Winter arbeite ich an der Rolle einer Alkoholsüchtigen und muss wirklich genau recherchieren, weil ich möchte, dass das wahrhaftig wirkt. Das ist hart, aber ich will das.
Sie sind bekannt für Problemrollen – hat man da nicht auch mal Lust, eine kreuzverrückte Komödie auf die Bühne zu stellen?
MacDonald: Aber natürlich. Das ist ganz hohe Kunst, absolut. Ich weiß, wie schwer das ist, und das erfordert zudem extreme Disziplin. Ich freue mich, dass Sie das ansprechen, weil ich finde, dass solches Theater oftmals zu oberflächig betrachtet wird. Ich meine, es wird nicht oft genug wertgeschätzt, wie unglaublich schwer so etwas ist.
Als Wienerin kennen Sie den Heurigen. Wir in Franken haben einen Schoppen. Was bevorzugen Sie denn?
MacDonald: (lacht) Also ich mag den Schoppen in Franken. Weil der so reichlich ist. Aber ich finde es auch ziemlich witzig, wie der Wein bei euch so abgemessen wird. Da gibt's auch Achtel oder „ein kleines Achterle“. Das ist echt urig.
„Blue Moon“ – eine musikalische Hommage an Billie Holiday, Theater der Stadt Schweinfurt, 27. bis 30. September, jeweils 19.30 Uhr. Karten: Tel. (0 97 21) 51 49 55 oder www.theater-schweinfurt.de