Lieber Reinhard Peter,
vermutlich haben Sie gar keine Zeit, diese Zeilen zu lesen. Wie ich Sie kenne, sind Sie schon an diesem Samstag vom frühen Morgen an auf den Beinen, sind am Herumwuseln, am Telefonieren, am Besprechen, am Organisieren. Denn es steht an: Unterfrankens größte, teilnehmerstärkste Sportveranstaltung!
Der Würzburger Residenzlauf ist in 35 Jahren zur Institution im Jahreslauf der Stadt und der ganzen Region geworden. Sie, lieber Reinhard Peter, erhalten ihn zusammen mit Ehefrau Petra und einem hochmotivierten Team nicht nur am Leben. Sie haben den Residenzlauf durch die schwere Zeit der Pandemie gesteuert – und als Motor entwickeln Sie ihn weiter und machen ihn attraktiver.
Neuer Rekord: Höchste Teilnehmerzahl trotz Vorverlegung um drei Wochen
Ein Beleg dafür ist der neue Teilnehmerrekord, den es an diesem Sonntag geben wird: Über 8500 Läuferinnen und Läufer sind vorangemeldet. Hinzu kommen kurzentschlossene Nachmelder, damit rückt die 10.000er Marke in greifbare Nähe. Das ist eine fantastische Zahl und ein riesiger Vertrauensbeweis für Ihre Arbeit!

Bemerkenswert ist der Zuwachs auch deshalb, weil Sie die Veranstaltung wegen der späten Osterferien diesmal um drei Wochen vom angestammten Termin Ende April vorziehen mussten. Auch meine eigenen Laufschuhe liegen für Sonntag schon bereit. Ich freue mich wie jedes Jahr auf dieses herrliche Fest der Bewegung und Begegnung!
Statt Streckenrekorde der Lauf-Elite mehr die Sportler der Region im Blick
Was macht diesen Residenzlauf so besonders? Lange Zeit wurde die Veranstaltung als "schnellster Straßenlauf Deutschlands" beworben – was stimmte, denn die 10-Kilometer-Siegerzeiten im Elitelauf waren kaum zu toppen. Doch haben Sie in den vergangenen Jahren den Fokus verschoben: Es stehen nun weniger die Streckenrekorde und Top-Athleten – national oder aus Ostafrika – im Mittelpunkt, sondern auch im "Lauf der Asse" mehr die starken Läuferinnen und Läufer aus der Region.
Das hat dem Charakter der Veranstaltung nicht geschadet, im Gegenteil – wenngleich ich als Hobbyläufer sagen muss: In Würzburg Weltklasse-Leute aus Kenia oder Äthiopien live und hautnah zu erleben, bleibt aus sportlicher Sicht ein Highlight. Aber es soll ja eben nicht vorrangig um Rekorde und Siegprämien gehen.

Mit zehn einzelnen Starts und Distanzen von 600 Metern für die Allerkleinsten bis zur klassischen 10-Kilometer-Strecke erleben wir einen Volkslauf, wie er integrativer und inklusiver nicht sein könnte. Man läuft nicht gegeneinander, sondern miteinander. Das können wir in Zeiten von Individualisierung und Ellenbogen-Mentalität gut gebrauchen.
Der "Resilauf" verbindet Generationen: Großeltern schauen begeistert ihren Enkeln zu. Kinder am Streckenrand feuern Papa oder Mama an. Oder man läuft gleich zusammen als Familie. Im gemeldeten Teilnehmerfeld reicht die Spanne heuer von der Zweijährigen im Bambinilauf bis zum 84-Jährigen über die zehn Kilometer im Hauptlauf. Respekt!!

Es gilt ja für alt wie jung: Bewegung an der frischen Luft ist das beste, weil normalerweise nebenwirkungsfreie und kostenlose Medikament! Mit dem Residenzlauf, lieber Reinhard Peter, organisieren Sie eine großangelegte Präventionsmaßnahme für die Gesundheit, Sie aktivieren Menschen im besten Sinne – in der Regel nicht nur für diesen einen Tag.
Groß ist das Wehklagen, dass sich Kinder und Jugendliche immer weniger bewegen, motorisch abbauen und viel zu lange am Handy daddeln. Ein Event wie der Residenzlauf schafft Lust und Motivation, bringt gerade Jüngere in Bewegung: Über 4700 Mädchen und Buben starten am Sonntag in den speziellen Läufen der Kindergärten und Schulen. Man darf sich schon jetzt auf viele strahlende Gesichter freuen.
Der Mensch zählt, nicht die (sportliche) Leistung. Das kommt besonders beim No-Limits-Lauf zum Ausdruck, wenn Läuferinnen und Läufer mit und ohne Behinderung gemeinsam die 2,5-Kilometer-Runde um das Weltkulturerbe der Residenz bestreiten. Ob mit oder ohne Zeitnahme, ob schnell oder langsam, alles ist möglich – mit dieser Offenheit ist der Residenzlauf ein Fest der Vielfalt und Verständigung.
Ein verbindendes Großereignis: Viele helfende Hände und internationale Gäste
Das gilt auch international: Jedes Jahr kommen Aktive aus Partnerstädten eigens deshalb nach Würzburg, man trifft sich beim Residenzlauf, oder bereits an den Tagen davor. Auch selber freue ich mich jedes Jahr auf die Begegnung mit Bekannten von früher oder aus ganz unterschiedlichen Zusammenhängen – nicht unbedingt auf der Strecke, da fehlt einem die Puste... Aber vor und nach dem Rennen gibt es beim Kaffee oder beim Bier auf dem Residenzplatz immer viel zu erzählen. Laufen verbindet.
Der Residenzlauf ist nicht nur eine Werbung für das namensgebende Weltkulturerbe, sondern die ganze Stadt. Möglich machen das Sie, lieber Reinhard Peter, zusammen mit Ihrem Team und einer Heerschar ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer. Ihnen allen gebührt an diesem Wochenende ein riesengroßes Dankeschön!
In diesem Sinne, keep on running!
Andreas Jungbauer, Redakteur
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