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Iphofen: Samstagsbrief: Für den Rückzug des Konzerns aus dem Russland-Geschäft war es allerhöchste Zeit, Alexander Knauf!

Iphofen

Samstagsbrief: Für den Rückzug des Konzerns aus dem Russland-Geschäft war es allerhöchste Zeit, Alexander Knauf!

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    Ist in der Chefetage des Gipskonzerns Knauf das Gesicht der Gründerfamilie: Alexander Knauf, einer von drei geschäftsführenden Gesellschaftern. Nach monatelanger Kritik hat sich das Unternehmen jetzt aus dem Russland-Geschäft zurückgezogen. 
    Ist in der Chefetage des Gipskonzerns Knauf das Gesicht der Gründerfamilie: Alexander Knauf, einer von drei geschäftsführenden Gesellschaftern. Nach monatelanger Kritik hat sich das Unternehmen jetzt aus dem Russland-Geschäft zurückgezogen.  Foto: Daniel Biscan (Archivbild)

    Sehr geehrter Alexander Knauf,

    um die regionale Top-Nachricht dieser Woche einordnen zu können, muss man kein Studium der internationalen Wirtschaftsbeziehungen absolviert haben. Es reicht das Bauchgefühl: Die Geschäfte Ihres Unternehmens in Russland waren seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine ein moralisches Unding. Allerhöchste Zeit, dass Sie damit jetzt aufhören.  

    Klar, das wird Ihnen nicht leichtfallen. Denn der Knauf-Konzern aus Iphofen verliert nun auf einen Schlag fast ein Zehntel seines Jahresumsatzes und ein Zehntel seiner weltweiten Belegschaft. Vielleicht ist das der Grund, warum Ihr Unternehmen zu Wochenbeginn mit gerade mal drei Sätzen die Entscheidung zum Russland-Aus verkündete.

    Wortreich war die Knaufsche Öffentlichkeitsarbeit in heiklen Angelegenheiten ja nie. Das ist Ihr gutes Recht. Doch in jedem Lehrbuch für solche Fälle steht: Tue Gutes – und rede darüber. Was den Ausstieg aus Russland angeht, müsste es bei Knauf eigentlich heißen: Tue Richtiges – und rede darüber.

    Knauf sei Handlanger von Kriegstreiber Wladimir Putin, Knauf habe deswegen Blut an den Händen, Knauf verdiene am Leid tausender Menschen in der Ukraine: Ihr Unternehmen hatte in den vergangenen Wochen in Foren und Online-Netzwerken viel Prügel einzustecken. Zieht man überzogene oder allzu drastische Meinungen ab, bleibt genügend ernsthafte Kritik, die Ihnen auf die Füße gefallen ist. Sie hat hässliche Kratzer am Image von Knauf hinterlassen.

    Knauf: Nerven in der Führungsriege lagen wegen Russland blank

    Sprach man in jüngster Vergangenheit mit hochrangigen Managern Ihres Hauses über das Russland-Geschäft, dann wurde klar, wie blank die Nerven lagen. Bei negativer Berichterstattung könnten Putins Handlager jederzeit Betriebe unter Staatsverwaltung stellen, Beschäftigte drangsalieren oder gar verhaften, lautete die Warnung aus Iphofen. Der Nahrungsmittelkonzern Danone und der Bierkonzern Carlsberg sind Beispiele dafür, dass es in der Tat zu abrupten Enteignungen gekommen ist.

    Insofern hatte das aus Ihrem Konzern unablässig zu hörende Argument eine Logik: Knauf halte am Russland-Geschäft fest, um die 4000 Beschäftigten in den 14 Werken nicht im Stich zu lassen und schon gar nicht in Gefahr zu bringen. Sehr geehrter Herr Knauf, das ist freilich nur die eine Seite der Medaille.

    Die andere: Ihr Unternehmen gehört zu jenen 270 aus Deutschland, die nach wie vor in Russland aktiv sind und 2022 schätzungsweise 400 Millionen Euro Steuern an das Putin-Regime zahlten. Geld, das Russlands Krieg gegen die Ukraine finanziert, denn Moskau hat das Land auf Kriegswirtschaft umgestellt.

    Knauf-Steuern für Russland: Jeder Rubel wird zur Waffe

    So gut wie jeder Rubel wird also zur Waffe. Diesem Vorwurf musste sich der Knauf-Konzern stellen – und hat es nicht getan. Allein deshalb ist es allerhöchste Zeit gewesen, aus Russland rauszugehen.

    Und noch etwas über die Rechtfertigung Ihres Unternehmens in den vergangenen Monaten: Knauf führe seit dem Krieg in der Ukraine keine Produkte aus Russland aus oder nach Russland ein, man halte sich vorbehaltlos an die Sanktionen des Westens gegen Putin. Ja, und? Das zu betonen, war überflüssig. Denn Ihr Unternehmen war zur Einhaltung der Sanktionen verpflichtet. Dass es sich daran gehalten hat, bestätigte zuletzt der Frankfurter Sanktionsexperte Viktor Winkler gegenüber dieser Redaktion. Immerhin.

    Gründerfamilie Knauf hat wie immer die Fäden in der Hand

    Sehr geehrter Herr Knauf, ich schreibe diese Zeilen Ihnen - wohlwissend, dass Sie in Ihrem Konzern nicht der unmittelbare Ansprechpartner für das Russland-Geschäft sind. Ihr Gesellschafter-Kollege Uwe Knotzer hat dieses auf seiner Agenda stehen.

    Doch Sie sind in der obersten Chefetage in Iphofen das einzige Gesicht der Gründerfamilie. Und es liegt nahe, dass Ihre Familie im Hintergrund federführend war, als jetzt die Entscheidung gegen Russland fiel. Und damit auch Sie.

    Wir müssen an dieser Stelle bei Vermutungen bleiben. Denn für gewöhnlich sind Fakten oder Reaktionen aus Ihrem Haus in kritischen Situationen rar. So auch diesmal. Also Vermutung: Der Knauf-Konzern wird sich ein Hintertürchen offen lassen, irgendwann doch wieder ins Russland-Geschäft einsteigen zu können. Nichts Genaues weiß man nicht, doch sicher ist: Zu wichtig ist Ihnen und Ihrer Familie dieser Markt.

    Knauf tut auch Gutes – in der Ukraine

    Ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass Knauf in der vom Krieg geplagten Ukraine investiert. Auch, um mit den eigenen Baustoffen zum Wiederaufbau beizutragen, war aus Iphofen zu erfahren. Rein karitativ muss man das nicht sehen, schließlich macht Knauf schlicht und einfach auch Geschäfte damit.

    Als der Krieg im Februar 2022 begann, schloss Knauf aus Sicherheitsgründen sofort sein Gipsplattenwerk in der umkämpften Donbass-Region. Die knapp 600 Beschäftigten seien nach Hause geschickt worden und hätten "bis auf Weiteres" ihren Lohn bekommen, hieß es damals.

    Das war anständig, Herr Knauf. Das zeigt Moral. Bleibt zu wünschen, dass Ihr Unternehmen daraus und aus dem Russland-Aus nachhaltige Schlüsse gezogen hat.

    Mit hoffnungsvollen Grüßen,

    Jürgen Haug-Peichl, Redakteur

    Persönliche Post: der SamstagsbriefJedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Das ist ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt: an eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur.Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.MP

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