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Erlabrunn: Samstagsbrief: Liebe Ines Procter, Du bist ein Vorbild, nicht nur in der Fastnacht oder am Internationalen Frauentag

Erlabrunn

Samstagsbrief: Liebe Ines Procter, Du bist ein Vorbild, nicht nur in der Fastnacht oder am Internationalen Frauentag

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    Ines Procter, fränkische Kabarettistin, selbsternannte Humorverfechterin und starke Persönlichkeit.
    Ines Procter, fränkische Kabarettistin, selbsternannte Humorverfechterin und starke Persönlichkeit. Foto: Minana Fotografie

    Liebe Ines Procter,

    was machst Du am heutigen Internationalen Frauentag? Du machst das, was Du liebst und für das Du lange gekämpft hast: Du stehst auf der Bühne. Heute im oberfränkischen Litzendorf unweit von Bamberg.

    Vorneweg: Wir duzen uns, seit wir 2018 zusammen unterwegs waren. Von Auftritt zu Auftritt. Von Heidingsfeld bis Erlabrunn. Bis tief in die Nacht durfte ich Dich begleiten, gemeinsam in engen Garderoben warten und immer wieder die große Sympathie erleben, die das Publikum Dir entgegenbringt.

    Damals habe ich bereits Deine phänomenale Begabung erlebt, Menschen zu begeistern, obwohl Du Ihnen den Spiegel vorhältst. Deshalb dieser Brief an Dich – an eine starke Frau. Der Weltfrauentag, der am 8. März gefeiert wird, ist lediglich äußerer Anlass.

    Du bist nicht nur in der Faschingssession sehr gefragt. Du bist Kabarettistin und bietest große Kleinkunst das ganze Jahr über. Mit Deinem Solo-Programm "Verputzt" wirst Du auch heute in Litzendorf wieder die Menschen begeistern. In dieser Rolle als "Putzfraa" bist Du berühmt geworden, weit über Deinen Heimatort Erlabrunn und die Region hinaus.

    Weg zur "Putzfraa" war für Ines Procter gepflastert mit etlichen Stolpersteinen

    Ein Argument, Dir am Frauentag zu schreiben, ist: Du hast vor kurzem in einem Porträt in der BR-Sendung "Lebenslinien" die realen Hürden zur Gleichberechtigung aufgezeigt. Aber auch die Stärke, die es braucht, Chancengleichheit zu erlangen.

    Beinahe hättest Du Dich im Lauf der Jahre selbst verloren. Dein Weg zur "Putzfraa" war gepflastert mit etlichen Stolpersteinen, verstellt mit Hürden.

    Ines Procter als "Putzfraa" bei der TV-Prunksitzung "Fastnacht in Franken" des Bayerischen Rundfunks in den Mainfrankensälen in Veitshöcheim (Archivfoto).
    Ines Procter als "Putzfraa" bei der TV-Prunksitzung "Fastnacht in Franken" des Bayerischen Rundfunks in den Mainfrankensälen in Veitshöcheim (Archivfoto). Foto: Heiko Becker

    Alles unter einen Hut beziehungsweise unter Deinen bunten Kopf-Putz zu bekommen, war oft nicht einfach: Haushalt, Ehe, Familie, Mitarbeit in der Firma, viele Auftritte. Dein Anspruch, es zu Hause allen recht zu machen. Die Erkenntnis, dass Du nicht so frei bist in Deinen Entscheidungen, wie Du es gerne möchtest. Der Druck von außen und von innen. Dann der Schicksalsschlag: Dein Mann kommt ums Leben. Die Firma ist insolvent. Die Abwicklung ist mühsam.

    Du hast viel zu verarbeiten – und stehst dennoch auf der Bühne. Das Warum hast Du beim ersten Auftritt wenige Monate nach dem Tod Deines Mannes Deinem Publikum erklärt. Humor sei auch immer eine Art der Befreiung, sagtest Du auch in der BR-Sendung "Lebenslinien". Deine Offenheit hat Dich den Menschen noch nähergebracht.

    Grandios erfolgreich auf närrischen Bühnen

    Am Weltfrauentag geht es auch um den Kampf gegen Diskriminierung. In der überwiegend männlich besetzten Fastnacht bist Du diesbezüglich Vorreiterin. Und eine der wenigen Frauen, die überhaupt auf närrischen Bühnen stehen und dazu grandios erfolgreich sind.

    Geschafft hast Du das mit einer Figur, die den Beruf widerspiegelt, in dem Frauen immer noch gerne und generös die Führungsrolle gewährt wird: Du hast den Wischmopp in der Hand, die Klobürste, den Staubwedel.

    Auf der Bühne stehen ist für Ines Procter nicht Beruf, sondern Berufung

    Die Paraderolle als Putzfrau - oder jüngst als Klo-Petra bei "Fastnacht in Franken" – nutzt Du humorvoll, gewitzt und wortgewandt, um allen, nicht nur Männern, etwas über unsere lieben Gewohnheiten, unsere Verhaltensmuster zu erzählen. Du kehrst die angestaubten Seiten des Lebens hervor – und nichts unter den Teppich. Du zeigst auf, wo es immer noch hakt im täglichen Miteinander. Du bringst uns zum Lachen und zum Nachdenken. 

    Schon als 14-Jährige bist Du in die Bütt gestiegen. Dein Vater Karl Muth, Dein großes Vorbild, hat für Dich die ersten Büttenreden geschrieben. Längst hast Du das selbst übernommen. Aber schon als Karls "Kleene" hast Du gespürt: Auf der Bühne zu stehen, ist für Dich eine Berufung.

    Jüngste Auszeichnung: Schlappmaulorden der Kitzinger Karnevalsgesellschaft

    Nun bist Du auch noch mit dem Schlappmaulorden der Kitzinger Karnevalsgesellschaft ausgezeichnet worden. Den haben bislang nur wenige Frauen und meist Politikerinnen erhalten. Das zeigt, dass Du Dich in der närrischen Männerwelt durchgesetzt hast – und auch gesellschaftlich etwas zu sagen hast. Klar ist aber immer noch, Weltfrauentag hin oder her, dass auf der Schlappmaulorden-Liste und in der Politik Frauen unterrepräsentiert sind.

    Heute gilt es, am Frauentag die Leistungen starker Frauen zu würdigen. In Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern ist der Frauentag sogar gesetzlicher Feiertag. In Bayern nicht. Dennoch wird Dich Dein Publikum heute im oberfränkischen Litzendorf feiern. Da bin ich mir sicher.

    Wische also weiterhin mit Deinem Wedel den Schleier vor den Augen all derer weg, deren Blick für die Ungerechtigkeiten getrübt ist. Zeig uns als "Putzfraa" auf witzige, sarkastische und selbstironische Weise die zwischenmenschlichen Unzulänglichkeiten auf. Denn vor Deinem Humor sind wir alle gleich – und mit ihm ist vieles einfacher erträglich.

    Bis bald, liebe Ines

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