Nur wenige Stunden nach dem Sturz des Assad-Regimes war in Deutschland eine Debatte über die Rückkehr syrischer Flüchtlinge entbrannt – forciert durch politische Forderungen aus der Unionsfraktion. An deren stellvertretende Vorsitzende Andrea Lindholz, CSU-Bundestagsabgeordnete aus Aschaffenburg, schrieb unser Autor einen "Samstagsbrief". Tenor: Die Debatte über eine schnelle Rückkehr der Geflüchteten sei verfehlt und komme zur Unzeit. Nun hat Lindholz geantwortet:
Sehr geehrter Herr Jungbauer, vielen Dank für Ihren Samstagsbrief. Ich glaube, wir sind gar nicht so weit auseinander: In der Tat ist die Lage in Syrien noch sehr dynamisch. Derzeit kann niemand vorhersagen, wie sich das Land entwickelt. Wird nach vielen Jahren Bürgerkrieg und Schreckensherrschaft endlich wieder Frieden in Syrien herrschen – auch und gerade für religiöse und andere Minderheiten?

Ich hoffe das sehr, und natürlich freue ich mich mit allen Syrern hierzulande, dass derjenige, vor dem sie geflohen sind, nun selber das Land verlassen musste. Ist es deshalb falsch, darüber zu sprechen, welche Auswirkungen die Entwicklung in Syrien auf Deutschland hat und haben kann? Ich meine nicht.
Aufgrund der Fluchtmigration der vergangenen Jahre leben mittlerweile knapp eine Million Syrerinnen und Syrer hier – mehr Menschen als aus jedem unserer EU-Partnerländer. Schon allein deswegen ist das, was in Syrien passiert, für uns von besonderer Bedeutung.
Mit Blick auf die vor dem Assad-Regime Geflohenen, aber auch angesichts der Überlastung unserer Kommunen war es mir daher nach dem Sturz Assads wichtig, vor einer weiteren Aufnahme von Personen aus Syrien zu warnen: Wir dürfen den Häschern von Assad keinen Unterschlupf in Deutschland bieten.
Aufenthaltsrecht ist an Schutzbedürftigkeit gekoppelt
Die Entwicklung in Syrien kann aber auch eine Rückkehr von Syrern aus Deutschland in ihre Heimat bedeuten. Denn das internationale Flüchtlingsrecht ist ganz klar: Das Aufenthaltsrecht ist grundsätzlich an die Schutzbedürftigkeit gekoppelt; entfällt sie, entfällt grundsätzlich auch das Aufenthaltsrecht. Natürlich kommt dies in der Breite erst dann in Betracht, wenn sich die (Menschenrechts-)Lage in Syrien nachhaltig stabilisiert hat.
Aber Fakt ist, dass erstmals seit vielen Jahren eine solche Rückkehr wieder im Bereich des Möglichen scheint. Und es ist Aufgabe der Politik, vorauszuschauen und Lösungen auch für mögliche zukünftige Herausforderungen zu entwickeln. Ich habe daher – für den Fall, dass sich die Lage in Syrien stabilisiert – vier Punkte vorgeschlagen: Erstens sollten wir diejenigen, die freiwillig nach Syrien zurückkehren wollen, mit einer Reisebeihilfe und einem Startgeld unterstützen. Das macht der deutsche Staat übrigens bislang schon – seit 2017 in einer niedrigen vierstelligen Zahl.

Zweitens müssen Straftäter und Gefährder sofort abgeschoben werden. Nichts anderes hat der Bundeskanzler im Juni nach dem Terroranschlag von Mannheim angekündigt – aber leider bislang nicht umgesetzt. Drittens können diejenigen, die sich bei uns nicht integriert haben, also zum Beispiel auch nach Jahren noch nicht arbeiten, nicht dauerhaft in unserem Land bleiben.
Ja, es gibt viele leuchtende Beispiele für gelungene Integration. Aber die Statistik der Bundesagentur für Arbeit ist eindeutig: Die Bürgergeld-Quote von Syrern liegt bei 54,9 Prozent, etwa 435.000 Syrer sind arbeitssuchend bzw. arbeitslos. Als vierten Punkt habe ich schließlich klargestellt, dass bei allen anderen Personen im Einzelfall geschaut werden muss, was für einen Verbleib in Deutschland oder eine Rückkehr nach Syrien spricht.
Sehr geehrter Herr Jungbauer, Sie haben Recht: Gerade in der aktuellen Zeit braucht es überlegte, sachliche Lösungen statt Populismus. Genau das ist mein Anspruch.
Einen besinnlichen vierten Advent wünscht Ihnen
Andrea Lindholz MdB